Sympathy for the Devil

»True Detective« setzt die Erwartungen extrem hoch. Die Serie kann aber überraschend viele davon einlösen.

It’s not TV, it’s HBO

Es ist ein düsteres Weltbild, das der US-Bezahlsender HBO in seinen Dramaserien zeichnet, und das nicht erst seit »Game Of Thrones«. Ob nun bei »The Wire«, »Deadwood« oder »The Sopranos«, HBO-Serien scheinen den Hang zu haben, die dunkelsten Seiten des menschlichen Daseins hervorzukramen. Vergewaltigungen, brutale Morde und viel Drogen stehen beim Sender an der Tagesordnung. Im Vergleich zu unzähligen Heile-Welt-Szenarien und gesetzestreuen Helden mit blütenreiner Weste aus dem Fernsehen der 80er und 90er zeigen HBO-Shows seit etwas mehr als 15 Jahren die Kehrseite der Medaille. In den seltensten Fällen kann man dem Sender dabei aber vorwerfen, die Gewalt nur fürs Spektakel zu missbrauchen. Die meisten Charaktere sind komplex, selten von Grund auf böse, weshalb sie häufig selbst am stärksten unter ihren inneren Dämonen und Missetaten leiden. Ein mattes Grau hat die schwarz-weiß-Malerei früherer Tage abgelöst. Vielleicht, weil es den großen, ideologischen Feind Kommunismus nicht mehr gibt. Und diese Färbung kann genauso abstoßend wie anziehend sein.

Dass man nun im TV auch mit Anthologien Erfolg haben kann, bewies etwa der Sender FX mit der Show »American Horror Story«, in der Teile des Casts jährlich in ein neues Horrorszenario und damit in eine neue Rolle schlüpfen. Mittlerweile ist bereits die fünfte Staffel des Grusel-Megahits in der Mache. Die britische Sci-Fi-Reihe »Black Mirror« wiederum, die eher dank positiver Kritiken als durch hohe Zuschauerzahlen als Erfolg gelten darf, erzählt sogar in jeder Episode eine neue Geschichte mit neuen Darstellern. Verbunden sind diese nur dadurch, dass sie in der Zukunft spielen und einen technologiekritischen Ansatz verfolgen. »True Detective« befindet sich irgendwo dazwischen und das ist auch gut so. Harrelson und McConaughey jährlich in neue Rollen zu stecken, würde zum Anspruch, den HBO an seine Dramaserien stellt, genauso wenig passen wie eine komplexe Mordserie und deren Auflösung in weniger als einer Stunde zu präsentieren.

Die neue Staffel hat äußerst gemischte und zum Teil auch ausgesprochen negative Kritik geerntet. Das mag zum einen an den neuen Darstellern und Charakteren liegen, vielleicht aber auch an der abgebrühten Weltsicht, mit der HBO-Produktionen immer wieder auch die dunkelsten Seiten der USA zum Vorschein bringen, was vor allem den dortigen Zusehern nicht immer ganz recht sein dürfte. In den Nachrichten werden wir täglich mit Gräueltaten und Katastrophen konfrontiert. Wenn man sich zum Ausgleich lieber eine romantische Komödie oder einen Animationsfilm mit Happy-End-Garantie ansieht, als sich auch noch von Entertainment weiter verstören zu lassen, ist das verständlich. Aber HBO bietet eben nicht nur unbegründete Worst-Case-Szenarien um ihrer selbst Willen, vielmehr bahnt sich der Sender anhand seiner Shows unbeirrt einen Weg durch den Sumpf der menschlichen Seele und macht das Schlechte und Böse auf der Welt transparent. So betrachtet lassen sich HBO-Serien nicht nur als exzellente Unterhaltung verstehen, sie haben in einer oft sinnlos erscheinenden Welt etwas geradezu Therapeutisches.

Die zweite Staffel von »True Detective« ist seit 21. Juni wöchentlich im Originalton auf Sky Go abrufbar. Die deutsche Synchronisation folgt am 17. September.

Bild(er) © © Lacey Terrell / [current year] Home Box Office, Inc. All rights reserved. HBO® and all related programs are the property of Home Box Office, Inc.
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