Tauglich!

Der Vorschlag zur Abschaffung der Wehrpflicht war eine der raren

guten Ideen im Wiener Wahlkampf. Ein verpflichtender Gemeinschaftsdienst für Männer wie Frauen ist die angemessene Alternative.

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Es ist ein Krieg der Worte und fieser Zynismus, wenn diejenigen, die mit Händen und Füßen die »Wehrpflicht« verteidigen, nun dessen mögliche nicht-militaristische Alternative – einen verpflichtenden Sozialdienst – plötzlich als »Zwangsdienst« ablehnen. Denn der Mensch ist ein soziales Wesen und das Sozialwesen gehört bewahrt, allen Tendenzen zur Vereinzelung und eines Abbaus an Gemeinsamkeiten zum Trotz. Dabei geht es um Nehmen und Geben, um Rechte und Pflichten, keinesfalls um Zwang. Weshalb es jungen Menschen – gewissermaßen auch als Teil der außerschulischen Bildung – durchaus abverlangt werden darf, sich aktiv in die Gemeinschaft einzubringen. Voraussetzung ist natürlich, dass ihnen diese Gemeinschaft im Gegenzug Perspektiven bietet: ein Bildungssystem, das diesen Namen verdient etwa, oder eine Politik, welche die Zukunft der Jungen nicht durch Gefallen an die Mehrheit der Greise verscherbelt.

Beides, Rechte wie Pflichten, haben natürlich für Männer wie Frauen zu gelten. Auch müsste der Allgemeinheit ins Bewusstsein gerufen werden, dass ein Sozialdienst qualifizierte Sozialarbeit keinesfalls ersetzen, sondern nur ergänzen kann.

Vermutlich wäre es ohnehin zukunftsweisender, von einem verpflichtenden Gemeinschaftsdienst statt von einem Sozialdienst zu sprechen und Öko-Agenden mit einzuschließen. Bereits jetzt bietet sich engagierten jungen Menschen nicht nur die Möglichkeit eines freiwilligen sozialen Jahrs, sondern auch die eines freiwilligen ökologisches Jahrs.

Erwünschte Nebenwirkung

Aus der Beobachtung heraus, dass auch bisher viele Männer nach Absolvieren ihres Zivildiensts eine davor nicht geplante Ausbildung im Sozial- und Gesundheitswesen angestrebt haben, lässt sich zudem prognostizieren, dass derart propagiertes Öko-Engagement eine deutliche Tendenz hin zu den oft gepriesenen »Green Jobs« mit sich brächte. Denn wie bis dato der Zivildienst (und – das soll hier nicht verschwiegen werden – manchmal freilich auch der Präsenzdienst) würde auch ein Gemeinschaftsdienst Menschen für ein Betätigungsfeld begeistern können, von dessen Existenz sie davor vielleicht nicht einmal wussten.

DISKUSSION OHNE DOGMEN

Die Aufnahmekriterien in eine kleine, dann wohl überwiegend auf Katastropheneinsätze spezialisierte Berufsarmee wären klarerweise deutlich strenger als bisher. Natürlich würde es auch in Zukunft jene geben, die psychisch und physisch zu Recht und im Interesse aller besser nicht zum Einsatz kommen. Dennoch: Die Chancen, sich durch Vorspiegelung falscher Tatsachen als »Untauglicher« vor der Verantwortung drücken zu können, wären geringer.

All das gehört geregelt und, möglichst ohne ideologische Dogmatik, sachlich diskutiert. Verzichten sollte man dabei jedenfalls tunlichst darauf, vom »Zwang« zu sprechen. Angebrachter ist vielleicht ohnehin, künftig von einem Pflichtpraktikum zu reden. Dabei muss die Allgemeinheit freilich mit gutem Beispiel voran gehen: Es gehört angemessen bezahlt.

Thomas Weber,

Herausgeber & Ex-Zivildiener

weber@thegap.at

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