Auf »Limbo«, dem zweiten Album der Wiener Band Tents, durchbrechen immer wieder Wellen der Verfremdung die scheinbar glatten Oberflächen. Was das mit dem Fluss des Lebens zu tun hat, beschreiben Clemens Posch und Paul Stöttinger in »Fiji Falls«, der ersten Single aus dem neuen Album.
Vermeintlich ja ganz gut, wenn alles im Fluss ist. Wenn der noch schlafwarme Körper früh am Morgen durch die Yogaposen fließt – und der frisch gemixte Green Smoothie direkt nach der letzten Verrenkung ins Glas. Idealerweise ist es zusätzlich um den regelmäßigen Geldfluss auch nicht so schlecht bestellt.
Die Band Tents, die mit »Limbo« ihr zweites Album vorlegt, sieht das ein wenig anders. So wird im Song mit dem verheißungsvoll nach Fernreise klingenden Titel »Fiji Falls« der Fluss des Wassers zum Zeichen für beginnende Lähmungserscheinungen. »When Fiji Falls stop to flow, there’s unlimited ways to go again«, heißt es in der ersten Singleauskopplung unter anderem. Rettung vor der Stagnation kann es also nur dann geben, wenn endlich nicht mehr alles im Fluss ist.
Ob es sich hier außerdem um eine Anspielung auf die zum Statussymbol erkorene Wassermarke Fiji Water handelt, darüber kann nur gemutmaßt werden. Es würde auf jeden Fall gut zu Clemens Posch und Paul Stöttinger passen, die ihrer Vorliebe für die Dekonstruktion popkultureller Mythen schon öfter Ausdruck verliehen haben.
Taktzittern statt Stagnation
Eines ist jedenfalls sofort klar: Tents liefern auf »Limbo« die perfekten Störgeräusche, um das als »Fluss des Lebens« getarnte Hamsterrad zu durchbrechen. Und sie tun das auf eine Weise, die in ihrer Verschmelzung von New Wave, Nostalgie und gleichermaßen fesselnden wie repetitiven Drum-Beats vor allem eines ist: packende Popmusik. Die eben nicht mit glatten Oberflächen operiert, sondern sowohl textlich als auch musikalisch kleine Verfremdungseffekte zulässt.
Oder um es mit der Wikipedia-Beschreibung des »Jitter«-Phänomens auszudrücken, nach dem möglicherweise die letzte Nummer des Albums benannt ist: »Als Jitter bezeichnet man das zeitliche Taktzittern bei der Übertragung von Digitalsignalen, eine leichte Genauigkeitsschwankung im Übertragungstakt.« Man könnte also sagen: Perfekt eingetaktet ist langweilig. Und der Fluss des Lebens auch einfach nur Wasser aus einer Plastikflasche.
Das Album »Limbo« von Tents ist am 28. Mai 2021 bei Siluh Records erschienen.