The Real Slim Shady

Lex Lugner ist die erste Adresse für Trap-Beats in Österreich. Am Freitag spielt er eines seiner eher raren DJ-Sets bei HAM. Das nahmen wir uns zum Anlass, mit Lugner über seine Musik zu sprechen und auch darüber, wie oft man eigentlich Spaghetti aglio e olio essen kann.

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Was der Hanuschplatzflow so treibt, weiß man mittlerweile auch in Deutschland. Hier kennt und schätzt man das Salzburger Kollektiv ja schon ein bisschen länger. Konzerte vom Aushängeschild Crack Ignaz waren immer gut besucht, 2014 spielte er im Fluc Support für Yung Lean und das war für österreichische Verhältnisse eh schon eine recht große Sache. Wer dann aber Anfang dieses Jahres noch einmal im Fluc bei Crack Ignaz und LGoony (oder in der Schlange davor) war, kann nicht leugnen, wie schnell sich die Popularität des Trap-Sounds in seinen verschiedenen Facetten in augenscheinlich kurzer Zeit vervielfacht hat. So ein Hype wird dann von außen schnell als etwas, was aus dem Nichts kam, als "Phänomen" beschrieben. Dass es aber auch jahrelange Arbeit erfordert, zeigt nicht zuletzt jemand wie Lex Lugner, der sich seit mehreren Jahren mit der Musik aus den Südstaaten beschäftigt und die Zeit nutzte, seinen eigenen Signature Sound zu entwickeln. Wer in Österreich – und mittlerweile darüber hinaus – Trap Beats braucht, wird sich jedenfalls relativ schnell die Nummer vom Lugner Lex besorgen, oder bei seinem Berliner Label Live From Earth vorstellig werden. Für deren neuesten Zugang, Rin, steuerte Lugner zuletzte zwei Tracks für dessen EP "Genesis" bei, auf dem gemeinsamen Album von LGoony und Ignaz "Aurora" ist er vertreten, das "Krocha Tape" von Yung Hurn, dessen Tour-DJ Lugner auch ist, wurde in großen Teilen von ihm produziert. Nicht von Lugner ist übrigens "Summer in Wien", obwohl das relativ viele Menschen glauben. Das Video für den Trap-Schlager hat er aber gedreht. Auch wenn Lugners Herz für Trap schlägt, legt er ab und zu Techno oder House auf und holt sich seine Inspiration auch mal im Metal oder Noise-Bereich. Die Fotos haben wir übrigens in der Lugner City gemacht, weil: wo sonst.

Es gibt realtiv wenig über dich herauszufinden. Haben Leute nie gefragt, ob sie mit dir reden können oder glaubst du, dass man sich halt generell für Produzeten weniger interessiert?

Generell ist das Interesse für einen Produzenten geringer als das für einen Rapper zum Beispiel, aber in den letzten paar Jahren hat sich das ziemlich geändert. Hudson Mohawke oder so – das sind Superstars. Ich bin halt keine Rapensau, die sich in den Vordergrund drängt und bin auch nicht so aktiv im Internet. Ich hab zwar Instagram, Twitter usw. – aber bin da eher ruhiger.

Magst du ein bisschen erzählen, wie das bei dir mit dem Produzieren angefangen hat, damals in Salzburg?

Ja, gern. Ich habe mich relativ spät angefangen für Musik zu interessieren, erst in der Hauptschule. Da habe ich erst wahrgenommen, dass es Genres gibt. Mit 11 ist mein bester Freund zu mir gekommen und er hat gesagt "Ich hab 70 Schilling, gemma in Saturn." Er hat dann eine CD gekauft, wir haben das zu Hause eingelegt und ich war hin und weg. Es war Eminem – "The Real Slim Shady". Ich habe ihn gefragt "Was ist das?" Und er: "Das ist Hip Hop." So richtig angeberisch hat er das gesagt. Das hat sich bei mir eingebrannt, sodass ich nur noch Hip Hop hören wollte. Mit 14, 15 war ich ein relativ großer Eastcoast-Rap-Fan und dann habe ich Samples im Internet gefunden, also wenn ich überhaupt Zugang zum Internet hatte; zu Hause hatten wir das damals noch nicht. Ich war fasziniert, dass man so Beats macht. Wir haben dann mit Audacity die ersten Versuche gemacht. Beats, Samples – das hat natürlich nicht so gut funktioniert.

Mit 16 hat mir dann mein jetziger Mitbewohner, der Ernst Palicek, Fruity Loops gegeben. Wie ich nach Wien gezogen bin, hat sich mein Sound geändert, zum Trap-Sound.

Gab es einen ausschlaggebenden Grund für diese Veränderung?

Ja, eigentlich schon. Ich hab zu dieser Zeit sehr wenig Hip Hop gehört, fast nur House und Techno, weil mich die Rap-Szene damals gar nicht mehr interessiert hat. Und dann ist ca. 2010 der Südstaaten-Rap so erfolgreich geworden. Das war auch die Zeit, wo Musik im Internet dann richtig zugänglich wurde und die Labels halt in Oasch gegangen sind. Da hat sich die Szene komplett geändert und das war dann wieder spannend für mich. Wir haben dann angefangen mit Hanuschplatzflow diesen Sound auf Deutsch zu machen.

Seid ihr die ersten damit gewesen, oder gab es früher jemanden in Österreich?

Vorher war dieses Crunk Ding, das haben in Österreich und Deutschland schon viele Leute gemacht. Also ich finde, Kroko Jack ist crunkmäßig und geht auch in die Dancehall Richtung – das gehört ja auch zur Südstaatenkulur. Da waren wir nicht die ersten. Wir waren aber sicher unter den ersten, die diesen neuen Sound gemacht haben.

Ich denke, dass die deutsche Trap-Szene schon genau jetzt ihren Höhepunkt hat.

Ja. Wir haben damals schon gesagt, dass das hier eben vier, fünf Jahre später kommt. Wir hatten halt das Glück, dass uns mehrere Journalisten schon länger auf dem Schirm hatten. Ich hab mal gehört, dass der Kamp sogar das erste "Swag Tape" vom Ignaz an die Juice geschickt hat und die so auf uns gekommen sind, aber ich weiß nicht, ob das stimmt. Wir haben halt das Glück, dass wir eben schon länger präsent sind und jetzt kommt das halt in den Mainstream.

Hat sich für dich etwas verändert, seit du bei Live From Earth bist?

Auf jeden Fall. Ich muss sagen, ich lebe zur Zeit von meiner Musik. Also ich finanziere mein Studium damit. Es ist halt wie Teilzeit zu arbeiten. Ich habe auch nicht vor Berufsmusiker zu werden, sondern hab da andere Karrierevorstellungen. Vor allem jetzt wo das alles so kurzlebig ist und Musik sich so schnell verändert. Ich mach Musik eigentlich nur für mich und bin auch nicht der Typ, der "Making a New Beat"-Videos macht und sein Equipment dabei filmt wie der Beat lauft, das find ich extrem schrecklich.

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Bild(er) © Amira Ben Saoud
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