Alle reden immer von Dorian Concept

Das erste Red Bull Music Academy Bass Camp in Wien brachte brauchbare internationale Headliner, die von ihren Wiener Kollegen abgehängt wurden.

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Man muss ja wirklich dankbar sein. In den meisten anderen Ländern machen Dosenbrausehersteller eigentlich nur Sport-Marketing. Nicht so Red Bull – die machen das auch, stellen aber zum Beispiel drei Tage lang ein intelligentes, hochklassiges, internationales Beat-Programm zusammen, gespickt mit relevanten, lokalen Elektronik-Hoffnungen. Klar, überall leuchtet einem da das Bullen-Logo entgegen. Wem das nicht passt, hat die Wahl stattdessen für ein ähnliches Programm cirka das Doppelte zu zahlen. Also ist man eben dankbar für diese sicher nicht ganz altruistische Form des Kultursponsorings.

Begonnen hatte der Bass-Reigen am vergangenen Wochenende bereits donnerstags im Hotel am Brillantengrund, wo sich zuerst 20 junge Musiker und Produzenten gegenseitig vorstellten und dann für ein Trainingslager mit reichlich analogem Equipment einkaserniert wurden, um die kommenden Tage voneinander und bei einigen alten Hasen zu lernen. Das Prinzip war dasselbe wie bei einer regulären Red Bull Music Academy (Artikel über die #rbma in London), die hier nur klarerweise kürzer, regionaler und kleiner angelegt war. Auch wenn der Großteil aus Wien kam, schlief man tendenziell direkt vor Ort, fürs Familiengefühl. Das sogenannte Red Bull Music Academy Bass Camp hatte hier sein Herzstück, in den Studios und in den Lectures im Erdgeschoss des Hauses, bei denen Patrick Pulsinger, Legowelt, Kieran Hebden (Four Tet) und Jason Swinscoe (The Cinematic Orchestra) von ihren Erfahrungen erzählten – während die Events nachts in Pratersauna, WUK und Burgtheater quasi die Draufgabe für die Allgemeinheit waren, wo man sich mit den Kollegen, Freunden und Musikliebhabern live ausprobierte und hinterher seinen Rausch abholte.

Alle reden immer von Dorian Concept

Am besten gelang das wohl am Samstag, als Four Tet, Sluts’n Strings, Dorian Concept und Wandl verschiedene Aggregatszustände von elektronischer Musik in der großen Halle des WUK durchspielten. Für Sluts’n Strings standen Patrick Pulsinger und Erdem Tunakan nach langer Pause in den Nuller Jahren wieder gemeinsam auf der Bühne, mit dem Rücken zum Publikum, so dass man ihnen auf die Regler ihres historischen Equipments schauen konnte. Sie interpretierten alte Tracks neu, zeigten wie nahe sich Techno, Downtempo und French House sinnvoll kommen konnten. Headliner Four Tet machte intelligente Geräusche mit zwischendurch Bumm Bumm, wurde unmittelbar danach aber von einem unglaublichen Dorian Concept übertroffen, der ein echtes Synapsenbeben zündete, ein rauschendes Etwas aus Synths, Beats und hochenergetischen Paketen aus Information, aus nichts mehr wie einem Laptop, einem Mischer und einem Controller gekitzelt. Wo macht dieses Wort sonst Sinn, wenn nicht hier: Wahnsinn. Wenn sein Album nur halb so gut wird wie dieser Live-Teaser, steht eines der großen Highlights 2014 jetzt schon fest.

Auch freitags war der offizielle Headliner nicht unbedingt am überzeugendsten. Während Jaques Greene nach Legowelt auf dem Hauptfloor ein anständiges Set spielte, kochte die Stimmung vor dem Klo noch höher. Am Häuslfloor mischte vor allem Salute Grooves und Tracks in einem Tempo, das nicht überforderte, aber die Euphorieschübe ganz knapp aneinander setzte. Während die anderen drüben weite, klassische DJ-Bögen spannten, verkürzte Salute die Spannung – wie die einer guten Youtube-Clip-Compilation. Sonntags raunten sich dann noch immer alle zu wie unfassbar gut Dorian Concept tags zuvor war, als das Red Bull Music Academy Bass Camp im Burgtheater deutlich entspannter ausklang. The Cinematic Orchestra hatte technisch brillanten Breitwand-Jazz mit, der sich selbst etwas gar ernst nahm, dabei aber immer wieder angenehm von Songstrukturen durchsetzt war.

Warum nun genau das erste Red Bull Music Academy Bass Camp ausgerichtet wurde – als Geschenk, als Mitarbeiterspielwiese, zum 15. Jubiläum der Red Bull Music Academy oder als Startschuss einer laufenden Serie –, ist nicht ganz klar. Dafür der Wunsch ans Christkind: ab nun alle zwei Jahre, bitte.

Das erste Red Bull Music Academy Bass Camp in Wien fand von 14. bis 17. November in Wien statt. Die Videos von Tag 1 und Tag 2 stehen auf www.redbull.at/rbma. Der passende Hashtag wäre #rbma.

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