Trackspotting 2011

Kann man nicht meckern. Aus musikalischer Hinsicht war 2011 spannender als die letzten drei Jahre zusammen – im Großen wie auch im Underground. Obwohl, Grenzen gibt’s da ohnehin nicht mehr.

Aus rechtlichen Gründen werden Artikel aus unserem Archiv zum Teil ohne Bilder angezeigt.

Kaum ein Hit in den US-Charts kommt derzeit ohne Fidget-House-Beats aus. Rihanna trällert auf ihrem neuen Album über »Intro« von The XX, Beyoncé samplet Major Lazer und Skrillex hat Dub-, pardon, Brostep frieursalontauglich gemacht. Auf der anderen Seite des Spektrums hat dieser Bas(s)tard namens Post-Dubstep – angeführt von James Blake – große Wellen geschlagen, während anderenorts im UK-Bass-Gestrüpp Instra:mental und das feine Swamp-81-Label ein kleines Detroit-Electro-Revival eingeläutet haben. Ob das mehr Zukunft hat als dieser Moombahton-Trend, wird sich zeigen.

Am House-Sektor war’s vor allem der Flirt mit den 90er Jahren, der sich in diesem Jahr zu einer heißen Affäre gemausert hat. Piano-Salven, Diva-Vocals und Oldschool-Drumrolls inklusive. Maja Jane Coles hat mit »What They Say« gar einen ziemlich tollen Marc-Kinchen-Ripoff aus dem Rechner gezaubert. Mit dem Effekt, dass der Detroit-Altmeister selbst wieder aktiv wird. Bald wird’s seinen ersten Release seit Ewigkeiten geben: einen Remix von Morgan Geists Projekt Storm Queen. Swag! Falls man das heuer noch sagen darf halt.

Jamie XX – Far Nearer (Numbers)

Ein Track, der 2011 perfekt auf den Punkt bringt: Runtergepitchte R’n’B-Vocals, verstolperte 2-Step-Beats und Karamell-Synths für die Indie-Fraktion haben »Far Nearer« zum perfekten Konsenshit avancieren lassen.

Jaques Greene – Another Girl (LuckyMe)

Ähnliches gilt für diesen Kanadier, der sich bei Ciaras »Deuces« Vocal-Schnipsel geborgt und daraus den süßesten Post-Dubstep-Track aller Zeiten gebastelt hat.

Julio Bashmore – Battle For Middle You (PMR)

Manche sagen Future-House dazu, wer ein bisschen älter ist, weiß, dass Julio »Newcomer des Jahres« Bashmore offenbar auf alte Garage-Scheiben steht. So oder so, ein unglaublicher Euphorie-Garant, der Track.

Rising Sun – Lift Up Your Faces (Fauxpas)

Preacher-Vocals im Jahr 2011? Rising Sun hat das Tabu gebrochen – und mit »Lift Up Your Faces« das bezauberndste Stück Deephouse des Jahres geboren. Die Streicher, die japanischen Drums und ja, auch die Prediger-Stimme: pure Magie.

Hot Natured ft. Ali Love – Forward Motion (Hot Creations)

Von luftigem House in den düsteren Bunker-Club: »Forward Motion« schmeckt wie Schweiß, der von der Decke tropft wie MDMA am engen Dancefloor. Jamie Jones und seine Posse lieferten heuer den besten Derrick-Carter-Tune, den der Chicago-Maestro nie produziert hat.

Daphni – Ye Ye (Text)

Ist dieser Daniel Snaith ein Genie oder was? Wenn er als Caribou pausiert, dann schnalzt er als Daphni unglaubliche House-Tunes aus dem Kanister. »Ye Ye« ist ein epischer Trip, getragen von elegischen Synth-Chords und jackenden Drums. Perfekt für jede Afterhour.

Lone ­– Coreshine Voodoo (R&S)

Seit seinem Debüt »Emerald Fantasy Tracks« ist der junge Brite unser Lieblingsproduzent. Sein heuriges Werk unterstreicht den zweiten Frühling der Plattenschmiede R&S sowie sein unglaubliches Talent, der alten Stute Techno einen melodisch-modernen Drive zu verpassen.

Lostlojic – Out Of Ctrl / We Can Not Hide (MoM UK)

Während Burial in diesem Jahr »nur« eine fantastisch deepe Remix-Platte für Massive Attack abgeliefert hat, wandelt dieser Ukrainer trittsicher in dessen Spuren – und beamt mit diesem großen Release, der Deep-House und Garage zusammendenkt, Berlin und London auf den gleichen Längengrad.

Efdemin – There Will Be Singing (DJ Koze Remix) (Dial)

»Ef-de-min ist homosexuell!« Koze kann’s nicht lassen. Irgendwie schafft’s die Spacke aber immer, Deppen-Humor mit Deep-House zu paaren, ohne dass es sich zwickt. So auch auf dieser wahnsinnig geilen Neo-Detroit-Keule.

Africa Hi-Tech – Out In The Streets (Warp)

Steve Spacek und Mark Pritchard graben ein altes Jungle-Vocal aus, schalten es in Schleife und finden den Pauseknopf nicht. Herausgekommen ist ein außerirdisches UK-Bass-Monster, kurz: unser persönlicher Lieblingstrack des Jahres. Mehr Energie, mehr Geilheit, mehr Mehr geht nicht.

Newsletter abonnieren

Abonniere unseren Newsletter und erhalte alle zwei Wochen eine Zusammenfassung der neuesten Artikel, Ankündigungen, Gewinnspiele und vieles mehr ...