Das Transition Festival will Leerstellen in der queeren, österreichischen Filmfestival-Landschaft auffüllen und bespielt sie ab heute in der neuen monatlichen Screening-Reihe »Queerfilmnacht«. Was genau hinter dem Konzept steckt, hat uns das Festival-Team verraten.
Als Auftakt für ihre neue Veranstaltungsreihe hat sich das Transition-Team den Internationalen Tag gegen Homophobie, Transphobie, Biphobie und Interphobie ausgesucht und startet auch inhaltlich mit einem starken Statement. Mit der Dokumentation »Before Stonewall« setzen sie die Zeit vor den berühmten Aufstand in New York und »Ursprungsmythos des schwul-lesbischen Aktivismus« auf die Agenda. Wie sich das Transition International Queer Minorities Film Festival auf den regelmäßigen Betrieb mit der Queerfilmnacht einstellt und wie es am Programm weitergeht, lest ihr unten.
Im Jänner hat das Transition International Queer Minorities Film Festival gepostet, dass sich in den nächsten Monaten entscheidet, ob die finanziellen Probleme eine weitere Ausgabe des Festivals zulassen. Zu welchem Schluss seid ihr gekommen?
Es war in der Tat schwierig die letzte Ausgabe finanziell zu stemmen. Ohne Vorwarnung und zum Erstaunen Vieler hat Wien dann aber auch sein größtes queeres Filmfestival, Identities, verloren. Wir haben uns dann zusammengesetzt und diskutiert und uns dazu entschlossen, Transition von Grund auf neu aufzubauen. Wir sehen einfach, wie wichtig es ist – gerade im aktuellen politischen Klima – den Themen Raum zu bieten. Wir möchten das entstandene Festival-Vakuum füllen und wollen Transition ausbauen und erweitern. Es sollen in Zukunft nicht nur queer-migrantische Topics angesprochen werden, sondern generell queere Inhalte gezeigt und diskutiert werden.
Was erlebt ihr als größten finanziellen Stein im Weg von LGBTIQA+-Festivals?
Nachdem wir das letzte Mal Filme bei freier Spende gezeigt haben, um so auch wirklich allen zu ermöglichen, queer-migrantische Filme zu sehen, fehlte natürlich ein beträchtlicher Teil der Einnahmen. Wir haben zwar kleinere finanzielle Hilfeleistungen bekommen, wofür wir auch sehr dankbar sind, dennoch hat das nicht gereicht, alle Kosten zu decken. Indem wir uns zukünftig dem vollen LGBTIQA+-Spektrum öffnen wollen, erhoffen wir uns auch auch von öffentlicher Seite eine stärkere Unterstützung. Wir sind schon sehr gespannt wie zum Beispiel die gerade heftig diskutierte Filmfestivaljury des BKA auf unsere Themen reagieren wird. Der Rest des Finanzierungsplans muss sich dann sowieso aus Kartenverkäufen und Sponsoring zusammensetzen.
Sind die monatlichen Queerfilmnächte nun quasi die Nachfolgerinnen des Festivals?
Es ist eine erste Maßnahme, um regelmäßig einen queeren Raum für Diskussion und Reflexion zu schaffen. Im zweiten Schritt wollen wir das Festival mit einer breiteren Neuausrichtung zurückbringen.
Was hat sich für euch mit der Umstellung vom Aufstellen eines ganzen Festivals auf monatliche Events im kuratorischen Ansatz geändert?
Bei der Queerfilmnacht arbeiten wir eng mit dem deutschen Verleih Edition Salzgeber zusammen, der international für seine hochwertig-queeren Filme bekannt ist. Für uns bleibt es trotzdem sehr spannend für das österreichische Publikum auf der ganzen Welt nach interessanten Filmen Ausschau zu halten. Diese werden wir nun abwechselnd monatlich im Stadtkino Wien und Votiv Kino zeigen.
Warum habt ihr für die erste Queerfilmnacht einen Dokumentarfilm über die Stonewall-Aufstände gewählt? Ist es ein Aufruf zu protestieren?
Um genau zu sein geht es ja um die Zeit vor den Stonewall Aufständen. Das war eine Serie von gewalttätigen Konflikten zwischen Homo-, sowie Transsexuellen und Polizeibeamten in New York im Jahre 1969. Der Stonewall-Aufstand leitete eine Neuorientierung in der Gleichstellungsbewegung ein. Die Kräfte, die lange Zeit vor dem Aufstand unter der Oberfläche gebrodelt haben, werden aber öffentlich selten thematisiert. Mit dieser Geschichte beschäftigt sich die Dokumentation »Before Stonewall«. Anhand von Fotografien, Filmausschnitten und Zeitzeug*inneninterviews gewährt »Before Stonewall« Einblicke in die Lebenswirklichkeiten US-amerikanischer Homosexueller von den 1920er Jahren an. So wird deutlich, dass die Zeit vor Stonewall eine manchmal beschwingt schöne, ansonsten jedoch überaus angespannte Zeit für Schwule und Lesben war. Die Möglichkeit zu einem selbstbestimmten Leben, wie es LGBTQIA+ heute zumindest in Teilen der westlichen Welt führen können, ist auch dem mutigen Engagement der Protagonist*innen von damals zu verdanken.
Die Europride wird im Juni zwei thematische Produktionen zum 50. Jahrestag der »Stonewall Riots« zeigen. Wir dachten uns, als thematischen Auftakt und als Kontext für alle weiteren Auseinandersetzungen mit dem Thema zeigen wir eine Dokumentation über die Zeit davor. Protest ist wichtig, wie uns die Geschichte gelehrt hat, und gerade in politisch unstetigen Zeiten mehr als notwendig.
Kooperiert ihr mit der diesjährigen Europride in Wien?
Wir sind im persönlichen Austausch mit dem Team der Europride und wir unterstützen uns in unseren Vorhaben, haben aber keine offizielle Kooperation.
Welche Filme erwarten uns bald noch?
Am 3. Juni werfen wir im Votiv Kino einen Blick in das berüchtigte »Studio 54« und im Juli präsentieren wir im Stadtkino Wien den genauso künstlerisch anspruchsvollen wie unterhaltsamen französischen queeren Porno-Slasher »Messer im Herz«. An guten Filmen mangelt es sicherlich nicht und wir hoffen, dass wir euch viele davon in den nächsten Jahren zeigen können. Wien, mach dich gefasst!
Die Transition Queerfilmnacht zeigt ab heute monatlich ausgewählte queere und LGBTIQA+-Produktionen im Stadtkino und Votiv Kino. Ab 20 Uhr startet der Sekt-Empfang, alle weiteren Infos findet ihr hier.