Alle Jahre wieder geht die Festivalsaison los. Stefan Niederwieser über den jährlichen Trubel und Gitarrendonner.
Alle Jahre wieder. So wie die Ballsaison, Fasching oder die Münchner Wiesn wird einmal alle zwölf Monate der Festivalsommer eingeläutet. In den Sechzigern war es noch ein verwegener Gedanke im Namen von Rock und noch mehr Rock in die Natur hinaus zu ziehen. Dabei ist das ein altes Prinzip: Man fährt auf Sommerfrische und hat obendrein bestes Abendprogramm. Salzburger Festspiele, Theater in Aix-en-Provence, Documenta in Kassel oder der grüne Hügel in Bayreuth funktionieren genau so – Rockfestivals kommen nur glücklicherweise (noch) ohne den ganzen Pomp und das erlauchte Gehabe aus.
Und die Bandbreite an Festivals enorm. Da wären die ganz großen Festival-Institutionen Europas, die Jahr für Jahr im zweistelligen Millionenbereich kalkulieren und mittlerweile die Macht haben, ganz alleine Reunions der bekanntesten Bands dieses Planeten herbeizuführen. Da sind die mittleren, liebevoll gemachten Festivals, die über Jahre am Rande der Erschöpfung die eigenen Lieblingsbands auf die Bühne holen. Oder Mini-Festivals um die Ecke, bei der die nächsten Lokalmatadore geboren werden. Ein Festival ist und bleibt dabei die beste und einfachste Möglichkeit entweder in kürzester Zeit relevante, interessante Bands zu sehen, sich bei einem spontanen Wolkenbruch einen Regenponcho mit Fremden zu teilen oder sich gegenseitig bei Sonnenuntergang mit Pommes und Ketchup Anmachsprüche auf den Bauch zu pinseln.
Am Ende des Festivalsommers bleiben einige Quadrathektar platt gedrückter Weiden und ein paar Millionen Kartonteller über. Im nächsten Jahr kommen die Festivals bestimmt wieder – und werden irgendwann zu echten Pilgerstätten. Bis allerdings der Kulturminister das Poolbar-Festival oder der Bundeskanzler das Urban Art Forms eröffnet, dauert es hoffentlich noch einige Jahrzehnte.