Wer dem russischen Vernehmen nach Golden Showers geil findet, kann ruhig auch sonst ein entspanntes Verhältnis zu Pipi haben. Looking at you, Trump. Unisex-Toiletten wären aber auch in Österreich keine schlechte Idee.
Donald Trump hat schon wieder ins Klo gegriffen. Der unbeliebteste US-Präsident aller Zeiten bekommt jetzt sogar Kritik aus den eigenen Reihen. Der Sängerin Jackie Evancho beispielsweise wurde zwar die zweifelhafte Ehre zuteil, bei der Inaugurationsfeier die Nationalhymne anzustimmen, doch nun will sie dringend mit Trump über seine Politik reden. Sogar Caitlyn Jenner, Teil des schwerreichen Kardashian-Jenner-Clans und deklarierte Trump-Wählerin, nennt sein kürzliches Vorgehen ein “Desaster”.
Well @realDonaldTrump, from one Republican to another, this is a disaster. You made a promise to protect the LGBTQ community. Call me. pic.twitter.com/XwYe0LNUOq
— Caitlyn Jenner (@Caitlyn_Jenner) 24. Februar 2017
Was war passiert? Das Weiße Haus unter Trump hatte jene Richtlinien aufgehoben, die Obama erst 2016 zum Schutz von Transgender-Jugendlichen vor Diskriminierung eingeführt hatte. Es war diesen in öffentlichen Schulen und Universitäten explizit freigestellt worden, unabhängig ihres biologischen Status die Toiletten ihrer Wahl zu benutzen. Der trumpsche Rückzieher nimmt ihnen diese Entscheidung nun wieder aus den Händen. Logisch, dass die Transgenderfrau Caitlyn Jenner und Evancho, die Schwester einer Transgenderperson, auf die Twitter-Barrikaden stiegen.
Auch die LGBTQ-Aktivistin Laverne Cox – als Transgender-Inhaftierte in der Netflix-Serie Orange Is The New Black zu sehen – diskutierte zu dem Thema auf MSNBC. Als der Moderator von einem Trans-Gegner wissen wollte, ob dieser Cox auf die Männertoilette schicken würde, war der religiöse Fundamentalist um eine eindeutige Antwort auf die vermeintlich absurde Frage verlegen.
Dass überhaupt thematisiert wird, wo genau Transgenderpersonen ihre Blase entleeren dürfen sollen, ist eigentlich nicht zu fassen. Vielleicht sollten wir uns zur Erklärung die grundlegende Frage stellen, was es überhaupt mit dem vorherrschenden binären System Männer- und Frauentoiletten auf sich hat.
Man muss nicht Ally McBeal sein, um dem inklusiveren Konzept der Unisex-Toiletten einiges abzugewinnen. Sie lassen sich nämlich nicht nur narrativ klug in kultigen Anwaltsserien einsetzen, sondern sind auch im echten Leben die viel logischere Alternative. Es ist ja schließlich so, dass in privaten Wohnräumen alle aufs selbe Klo gehen und niemand irgendwelche Traumata davonträgt. Auch im Nachtleben, wenn nach reichlich Alkoholkonsum die Blase drückt und die Schlange vor dem Frauenklo wieder einmal unendlich lang ist, verirren sich biologische Frauen gern in eine unbesetzte designierte Männertoilette.
Man muss ja nicht gleich so weit gehen wie die alten Römer und Gemeinschaftsklos einführen, auf denen dann in aller Öffentlichkeit Geschäfte jeder Art erledigt werden können. Besonders Menschen mit schüchternen Blasen sind dankbar für Kabinen, die zwar vielleicht keine Plätschergeräusche abschirmen, aber immerhin Sichtschutz bieten. Warum sollte man WC-Anlagen noch einmal extra räumlich nach biologischen Geschlechtern trennen, wenn es ohnehin die Privatsphäre der Kabinen gibt (und sich Urinale ebenfalls baulich vor neugierigen Augen abschirmen lassen)?
Dass mir jetzt ja niemand mit dem Reinlichkeitsargument kommt. Sorry to break it to you, aber auf öffentlichen Frauenklos riecht es üblicherweise auch nicht nach Rosen. Dank der weit verbreiteten Klobrillenphobie und mangelhafter Treffsicherheit in Hockepositionen hinterlassen Frauen auch nicht weniger fehlgeleiteten Urin als schlecht zielende Stehpinkler.
Und was ist mit dem individuellen Sicherheitsgefühl und der Idee vom WC als Rückzugsort, an dem sich Frauen schminken und miteinander tratschen wollen? Als Reaktion auf dieses veraltete Klischee kann man eigentlich nur mit den Augen rollen. In Flugzeugen, Zügen und Reisebussen treffen Menschen aus dem gesamten Geschlechterspektrum an den Sanitäranlagen aufeinander und weil es dort aus Platzmangel Gewohnheit ist, stört sich niemand daran. Was die Angst vor Übergriffen betrifft, wird auch hier ein Klischee von wehrlosen Frauen und daueraggressiven Männern mittransportiert. Der Mann, der Böses im Schilde führt, wird sich darüber hinaus auch nicht von einem rocktragenden Piktogramm an der Tür abschrecken lassen.
Trotz allem schreibt das Gesetz in Österreich vor, dass an Arbeitsstätten mit mindestens fünf Arbeitnehmerinnen und fünf Arbeitnehmern getrennte Toiletten einzurichten sind. Für die Gastronomie gilt ähnliches. Die hier im Gesetz verankerte Geschlechtertrennung ist durch die historische Brille auch als Zeichen einer verblassenden Geschlechterhierarchie zu sehen. Sie entbehrt (im Fall von Kabinen-WCs) jeder biologischen Grundlage oder Notwendigkeit. Damit ähnelt die Situation in ihrer unhinterfragten Absurdität jener der nach Hautfarbe getrennten Toilettenanlagen, wie sie in den USA bis 1964 rechtmäßig war und unlängst im Film Hidden Figures thematisiert wurde.
Die Toilette ist ein höchst intimer Ort. Sie an öffentlichen Orten mit Fremden teilen zu müssen, kann ängstliche Gefühle hervorrufen – gerade auch, wenn sich ungewohnter Weise Menschen eines anderen (oder nicht eindeutigen) biologischen Geschlechts in der Nebenkabine erleichtern. Dennoch wagen immer mehr Städte die Einführung von Unisex-Toiletten, darunter New York und das niederländische Utrecht.
Österreich könnte sich ein Beispiel daran nehmen. Unisex-Toiletten haben den angenehmen Nebeneffekt, problematische Piktogramme (weil es in der Natur der Sache liegt, vereinfachen Symbole wie das rocktragende Strichmännchen den Inhalt, für den sie stehen, und bestätigen und verstärken auf diese Weise alteingesessene Klischees) oder andere unlustige Genderzuweisungen zu umgehen. Auch die sexistische Unart, Wickeltische nur in Frauen-WCs zu installieren, können sie unproblematisch und ohne zusätzliche Kosten lösen. Lange Warteschlangen trotz freier Kabinen gehören mit ihnen ebenso der Vergangenheit an. Am allermeisten aber schließen Unisex-Toiletten von vornherein alle Menschen mit ein, die sich nicht eindeutig dem einen oder anderen biologischen Geschlecht zuordnen lassen (wollen).
Astrid Exner ist Mitbegründerin des Musikblogs Walzerkönig. Sie twittert als @walzerkoenige auch zu den Themen Musikindustrie, Internet und Feminismus.