Die Black Community fühlt sich durch das Logo – einen kraushaarigen Mohrenkopf – in Verbindung mit dem Namen der Vorarlberger Mohren-Brauerei beleidigt. Ist es gerechtfertigt zu verlangen, dass ein Traditionsbetrieb sein Erscheinungsbild veränderten Moralvorstellungen anpasst?
Den Anstoß gab ein Projekt von Simon Inou und Mara Niang, er Journalist, sie Künstlerin, in dem die beiden sowohl Namen als auch Logo der Brauerei überarbeitet haben. Aus dem emblematischen Wuschelkopf wurde die mächtige Krone eines afrikanischen Affenbrotbaums, der Name »Mohren« dementsprechend zu »No Mohr«. Das Überraschende: Bei gleichbleibender Typographie und Farbsprache fällt aufs Erste eigentlich kein Unterschied auf. Die Marke bleibt wiedererkennbar. Inou und Niang haben damit gezeigt, dass es absolut möglich wäre, eine Umgestaltung, gar eine Umbenennung des Produkts sanft durchzuziehen.
Bleibt die Frage, ob die dem Kunstprojekt zugrunde liegende Forderung einer Umbenennung gerechtfertigt ist. Ich meine: Eher schon. Zwar ist die Brauerei zu nichts verpflichtet und kann sich problemlos auf ihre bald zweihundertjährige Geschichte und den Gründer namens Josef Mohr berufen. Es wäre allerdings ein Zeichen von Größe und Modernität, darauf zu reagieren, wenn sich Schwarze dadurch beleidigt fühlen und die Insignien des Traditionsbetriebs als Referenz an eine Zeit deuten, in der ihre Vorfahren verschleppt und mit Tieren gleichgesetzt wurden. In vielerlei anderer Hinsicht agiert das Familienunternehmen, das in Dornbirn auch Coca-Cola abfüllt und im großen Stil Flaschenbier exportiert, durchaus modern; etwa, als es um PET-Flaschen ging. Laut Wikipedia war Mohren das erste Bier, das hierzulande auch in Plastikflaschen verkauft wurde. Dass es noch vor ein paar Jahren als undenkbar galt, Bier aus Kunststoffgebinden zu trinken, hat hier eine Veränderung nicht verhindert. Dabei sind die Auswirkungen auf das Getränk sicher massiver und »nachhaltiger« als der Vorschlag von Inou und Niang.
Das oftmals gehörte Argument, man dürfe sich von »den politisch Korrekten« die Begrifflichkeiten nicht wegnehmen lassen, mag für den regionalen Bierabsatz nicht ganz irrelevant sein. Stichwort: Stammtischniveau. Nichtsdestotrotz: Wer sich in seiner Identität dadurch bedroht fühlt, wenn auf Speisekarten kein »Mohr im Hemd« und im Supermarkt kein »Negerbrot« mehr angeboten wird, ist eine bedauernswerte Kreatur. Zumal nicht das Bezeichnete selbst verschwinden soll, sondern stets die belastete und genau deshalb kuriose Bezeichnung. Diejenigen, die ohne böse Absicht und mit Regionalstolz auf das Beibehalten von Althergebrachtem pochen, sollten einerseits bedenken, dass das Abgefüllte unverändert bliebe. Und andererseits, wie wagemutig und »weltfremd« die Altvorderen einst waren, einen Mohren ins Familienwappen aufzunehmen. Exotismus pur!
Im Ländle selbst wird die Causa selbst bislang kaum diskutiert. Doch engagierte Studierende der Fachhochschule Vorarlberg wollen das im nahenden Wintersemester zum Thema machen. Was auf den ersten Blick für die Brauerei nach einer lästigen Auseinandersetzung mit Besserwissern wirkt, könnte für diese aber auch eine Riesenchance sein. Was spräche dagegen, als Brauerei in die Offensive zu gehen und selbst einen Design-Wettbewerb auszuschreiben?
Thomas Weber, Herausgeber