"Unser Festival soll endlich die Angst nehmen"

Das Rap Against Festival, das sich gegen Rassismus und für Gleichberechtigung ausspricht, wird heuer schon ganze drei Jahre alt. Also haben wir drei nette Menschen getroffen, die hinter der Idee und Organisation des Festivals stehen und uns das Ganze nochmal genauer erklärt haben.

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Das Rap Against fand zum ersten Mal im April 2014 statt. Seitdem wächst das Festival stetig und ist für Leute, die es in den vergangenen Jahren besucht haben, nicht mehr wegzudenken. Und es werden jährlich mehr. Konzerte, Workshops, Diskussionen und Poetry Slams sind erst der Anfang des dreitägigen Programms. Für Hip Hop Liebhaber ein cooler Spot. Für Menschen, die ein Zeichen gegen Rassismus setzen wollen, ein Muss – besonders in Zeiten wie diesen.

Wir haben uns mit Lukas Kauer (neben Othmar Handl einer der Initiatoren) und den beiden Peters (Peter Jeidler aka P.tah und Peter Kalcic aka B. Visible) vor 2 Wochen am Karlsplatz, auf dem auch das Festival stattfinden wird, getroffen. Die drei haben uns auch eine Liste ihrer Lieblingstracks aus drei Jahren Rap Against zusammengestellt, die ihr hier hören könnt.

Gibt es ein einschneidendes Erlebnis, bei dem ihr hautnah miterlebt habt, wie Rap und Hip Hop eine soziale Funktion haben können, also Brücken schlagen?

P.tah: Ich habe schon öfter für’s Literaturhaus Rapworkshops gemacht. Da funktioniert das auch immer total toll, den Jugendlichen zu helfen, sich sprachlich weiterzuentwickeln und ihnen beizubringen, wie das rhythmisch funktioniert. Da ist Hip Hop dann eine ganz persönliche Kommunikation. Es ist toll, sich durch diese Art auf der ganzen Welt zu "connecten". Aber da geht’s nicht nur um Hip Hop, sondern um Musik im Allgemeinen.

B. Visible: Ich glaub, dass Musik an sich ein Hürdenbrecher ist. Du kannst durch Musik mit Leuten jeglicher Herkunft kommunizieren, ohne direkt die Sprache anzuwenden. Durch Hip Hop ist es irgendwie leichter an die Jugendlichen heranzukommen, da sie durch die Medien permanent mit Rap konfrontiert sind. Der Zugang ist also viel leichter, weil das halt "cool" ist. Wenn wir Chorworkshops machen würden, wäre es wahrscheinlich etwas schwieriger. (lacht)

Wieso braucht es eigentlich ein Festival wie das "Rap Against"? Habt ihr das Gefühl, dass es dieses Jahr wichtiger ist denn je?

Lukas: Ein bisschen schon. Es war nicht absehbar, dass sich die Flüchtlingskrise so entwickelt. Letztes Jahr, beim letzten Rap Against, war das eigentlich noch überhaupt kein Thema. Die ersten Meldungen kamen ja erst im Spätsommer und richtig extrem wurde es erst im Herbst. Von dem her würde ich schon sagen, dass wir dieses Jahr besonders versuchen uns den sozialen Vernetzungsfakor auf die Kappe zu schreiben. Auf der Bildungsbühne, im Wien Museum, sollte man versuchen, ganz unabhängig von der Musik, darüber zu reden. Vor allem soll unser Festival endlich die Angst nehmen. Ich denke, dass viele Leute Angst vor den neuen Menschen in unserem Land haben. Es ist an der Zeit, für Aufklärung zu sorgen.

Wieso bist du überhaupt vor 3 Jahren auf die Idee gekommen, das zu machen, Lukas?

Lukas: Ich hab in der Schule die Erfahrung gemacht, dass Leute zwar alle in der selben Stadt leben, aber außerhalb der Schule, wo sie mehr oder wenig gezwungen waren miteinander zu kommunizieren, keine Berührungspunkte haben. Was total schade ist. Ich bin im 11. Bezirk zur Schule gegangen. Man hat schnell gesehen, dass es leicht zu Konfliktpunkten kommt. So entstand der Grundgedanke vom Rap Against Festival.

Dadurch, dass das Festival am Karlsplatz ist, also in der inneren Stadt, ist es schwierig dass wirklich alle Gesellschaftsschichten kommen. Wie könnt ihr sicherstellen, dass auch Menschen aus jedem Bezirk zu Rap Against erscheinen?

Lukas: Ich glaube, dass man das nicht garantieren kann. Man kann es nur versuchen. Und versuchen kann man es dadurch, dass man mit Leuten zusammen arbeitet, die die ganze Wiener Hip Hop Szene im Blick haben. Da sind einige dabei, die genau aus diesen Bezirken kommen. Und wenn du genau diese Leute auf den Platz holst, glaube ich schon, dass Menschen den Weg aus dem 10., 16. oder von wo auch immer zum Karlsplatz finden werden.

B.Visible: Viele werden sicher auch durch Zufall vorbei kommen. Die spüren dann hoffentlich auch den positiven Vibe des Festivals. Ich glaub aber nicht, dass man Leute, die grundsätzlich rassistisch sind, mit dem Festival davon abbringen kann weiter so zu denken.

Lukas: Ich glaub aber, man kann mit Rap Against gegen Vorurteile wirken!

Das Rap Against versteht sich ja als Schnittstelle mehrerer Nationalitäten und der Fokus liegt ja im Statement gegen Rassismus. Habt ihr auch neben dem ganzen positiven Feedback, schlechte Erfahrungen gemacht?

Lukas: Eigentlich nie. Wobei, im ersten Jahr hieß es, dass Hooligans die Veranstaltung niederprügeln wollen… Aber ja, ich lebe noch. (lacht)

P.tah: Wirklich? Das wurde mal angekündigt?

Lukas: Ja. Die wollten halt Angst verbreiten. Aber sonst haben wir keinerlei schlechte Erfahrungen gemacht. Ganz im Gegenteil. Dieses Jahr haben sich zum Beispiel ganz viele Leute als Volunteer gemeldet, um uns beim Aufbau zu helfen. Schon sehr geil.

Nach welchen Kriterien läuft das Booking ab? Ist es schwierig so was zu programmieren?

P.tah: Grundsätzlich geht’s darum, jemanden zu buchen, der politisch oder nachdenklich musiziert. Der Act soll das Festival repräsentieren. Wenn ein Festival stattfindet, dass sich explizit gegen Rassismus wendet, sollen keine Rapper Texte performen, die Minderheiten diskriminieren. Im Hip Hop kennt man so was ja. Da steht man plötzlich im Club und feiert den neuen Track eines Rappers, bei dem man sich am nächsten Tag denkt: "Oida, was redest du?"

B. Visible: Bei mir spielt der persönliche Geschmack schon irgendwo im Hinterkopf eine Rolle, aber ich hab trotzdem versucht es außen vor zu lassen. Die politische Positionierung des Acts war mir dann doch um einiges wichtiger. Natürlich kann da jemand dabei sein, der mir persönlich nicht so gut gefällt aber von der Aussage tiptop ist.

Dieses Jahr hat sich ja ein bisschen was verändert. Es gibt zwei neue Bühnen. Was bieten die im Vergleich zur Fm4 Bühne?

Lukas: Der Brandwagen bietet Platz für junge Acts, die noch nicht bekannt sind. Wir haben zwar schon ein bisschen drüber geschaut, aber was am Brandwagen passiert, ist eigentlich ziemlich "frei". Wir sind da auch komplett ausgebucht. Wir haben schon lange mit dem Gedanken gespielt weitere Bühnen zu machen, aber wollten zuerst mal das Festival groß werden lassen. Dadurch, dass das jedes Jahr in so großen Schritten gewachsen ist, konnten wir es dieses Jahr tatsächlich in die Tat umsetzen. Die Bildungsbühne ist die Fortsetzung des Stadtlabors.

B. Visible: Wir haben jetzt die Möglichkeit viel mehr zu machen. Rapper mit Migrationshintergrund, die erst seit kurzem in Österreich sind, werden das erste Mal performen.

Hört ihr selber auch deutschen Rap? Zum Beispiel linken Hip Hop wie Edgar Wasser, K.I.Z oder Zugezogen Maskulin?

P.tah: Ich muss zugeben, dass ich wenig deutschen Rap höre. Eher viel britisches Zeug. Da ist mir die Positionierung aber immer wichtig. Mir ist viel was Hip Hop hergibt, oft ein bisschen zu beliebig. Ich hör viel mehr elektronische Musik als Rap. Aber grundsätzlich, ja. Wenn ich’s hör, dann linken Hip Hop. Ich find’s schön, wenn MCs sich positionieren. Ist mir lieber als beliebigen Kapitalismus zu verherrlichen.

B. Visible: Ich muss auch ehrlich gestehen, dass ich im Moment nicht viel deutschen Hip Hop höre. Ich hab zwar das letzte K.I.Z Album gehört und finde das auch super. Aber grundsätzlich hör ich auch eher mehr elektronische Musik. Was aber in Österreich so rauskommt, hör ich mir schon immer an. Ob das dann aber am Ipod landet, ist halt eine andere Frage. (lacht)

Lukas: Generell hör ich von den österreichischen Tracks, die rauskommen, eigentlich alle. Zumindest einmal. Ich bin jetzt nicht so der Hip Hop Kenner aber ich versuche alles mindestens einmal zu hören, was da ist.

Erzählt mal ein paar High und Lowlights der letzten Jahre "Rap Against".

P.tah: Meine Highlights waren Average und Yarah Bravo. Viele Leute, viel Zuspruch und super Motivation von allen.

Lukas: Im ersten Jahr war mein Highlight, dass es überhaupt stattgefunden hat. Das Lowlight ist der jährliche Bürokratenmarathon, den man jedes Mal aufs neues durchlafuen muss. Das kostet ziemlich viel Energie. Letztes Jahr waren wir ein bisschen zu laut und wussten nicht, dass ein Konzert in der Karlskirche stattgefunden hat. Das wurde dann mit fettem Bass untermalt. Ich hab mich dann aber eh eine Woche später beim Pfarrer entschuldigt. Und nachdem ich die Kirchenstufen geputzt hab, hab ich – glaub ich – all meine Sünden abgebüßt. (lacht)

Das Rap Against Festival findet kommenden Donnerstag, den 28.4.2016, bis Samstag am Karlsplatz statt.

Bild(er) © Iris Adelt
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