Verleger und Sammler

In einem Alter, in dem andere sich längst ins innere Ausgedinge zurückgezogen haben, versucht sich der vielfach ausgezeichnete Waldviertler Verleger Richard Pils nun auch noch als „Kulturfabrikant“.

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Richard Pils gehört einer aussterbenden Art an und liegt dennoch voll im Trend. Die Sache mit dem Trend ist dem Verleger aus der Waldviertler Provinz vermutlich gar nicht bewusst, weil ihn solche eher einen Dreck scheren. Er ist schließlich Ersteres: einer der wenigen Verbliebenen im Verlagsgeschäft, die ihr Heil nicht im Herausgeben von Kochbuchschinken oder B-Promi-Memoiren suchen; einer, der sich mit Leib und Seele der Literatur und der Kunst, dem Unentdeckten und der Kinderliteratur hingibt. Der schöne altmodische Gedanke einer Bibliothek bescherte seinem Verlag 1989 auch seinen programmatischen Namen: „Bibliothek der Provinz“.

Gesagt gehört die Sache mit dem Trend trotzdem. Weil zwar – vom Attac-Arbeitskreis bis zur Wirtschaftsuni – plötzlich allerorts der „Social Entrepreneur“ als neues Ideal angehimmelt wird: als Unternehmerpersönlichkeit, die ihr Schaffen nicht am maximalen Profit, sondern am Mehrwert für ihr unmittelbares Umfeld ausrichtet. Weil aber kaum einem derer, die dieses löbliche Wirtschaften nun hochschreiben, bewusst ist, dass dieser Typus natürlich keine Erfindung der Gegenwart ist. Unternehmerische Umsicht und behutsames Wachstum galten zwar selten als sexy. Doch gegeben hat es den „Social Entrepreneur“ die längste Zeit. Zum Beispiel in Großwolfgers bei Weitra, wo der ehemalige Volksschuldirektor Richard Pils ein kleines Kulturimperium geschaffen hat. Selbst würde der Bauernsohn das zwar niemals so nennen. Doch gerade in Anbetracht der Gegend in der es passiert ist, muss das, was passiert ist, auch als das bezeichnet werden, was es ist: ein Kulturimperium, ein kleines halt.

Über 1.000 Buchtitel hat seine „Bibliothek der Provinz“ lieferbar. Sie beschäftigt acht Mitarbeiter. Allein im laufenden Kalenderjahr erscheinen 40 Kunst-, 15 Kinderbücher und fast 50 belletristische Titel; darunter ein 62-seitiges Gedicht von Conny Hannes Meyer, Prosa von Hans Breidbach-Bernau oder Bilder des Phantastischen von Alfred Kubin. Natürlich ist das absoluter Wahnsinn. Doch Pils will nicht agieren wie ein typischer Verlag. Ein solcher limitiert sich jedes Jahr auf ein, zwei Hand voll Neuerscheinungen und versucht diese optimal zu verwerten. Bücher, die nicht den nötigen Absatz garantieren, deren Veröffentlichung wird nicht einmal angedacht. „Für mich ist das eine Form der wirtschaftlichen Zensur, die auch ideologisch ist: Was kein Geld bringt, ist nix wert!“

Dem hält Pils mit Erstlingswerken, bibliophilen Bekenntnissen und notwendigen Klassikerneuausgaben entgegen. In einem Punkt funktioniert die Bibliothek der Provinz dann doch wie ein gewöhnlicher Verlag: Gut gehende Titel finanzieren weniger gut gehende quer. Für Pils ist das allerdings kein statistisch notwendiges Übel, sondern Programm: Anspruch und Stil sind ihm wichtiger als schnelles Geld.

Als langfristige Investition erachtet Richard Pils auch „die Fabrik“. Auf dem weitläufigen Areal der ehemaligen Eisenbergerfabrik, wo bis in die frühen Neunziger Teppiche hergestellt wurden, errichtet er gerade eine Kulturplattform. Wie als Verleger nimmt sich Pils auch in seiner neuen Rolle als „Kulturfabrikant“ selbst nicht zu wichtig. Es ist nicht dass er sich anmaßt, zu wissen, was genau der Gegend fehlt. Klar ist für ihn allerdings: Es fehlt nicht am Engagement, sondern an einer Plattform dafür.

Vor allem den Jungen will er diese zur Verfügung stellen: für Kunstprojekte, Konzerte, Kindertheater, aber auch für Schulveranstaltungen. „Das Gymnasium in Gmünd muss den Maturaball in Schrems veranstalten, weil eine entsprechende Räumlichkeit fehlt.“ Richard Pils reagiert als Unternehmer auf Bedarf und Mangel. Und auf ein eigenes Bedürfnis: Eingebettet in die Fabrik entsteht nämlich eine „Erlebniswelt Buch“. Eine große Sammlung von Druckmaschinen wird zeigen wie im Zeitalter vor der Digitalisierung gedruckt wurde. Schon jetzt kommen jedes Jahr die Studierenden der Wiener Graphischen eine Woche auf das von Pils vor dem Verfall gerettete Schloss Raabs, wo die Gerätschaft derzeit untergebracht ist. Dort holen sie sich eine Ahnung davon, wie Bleisatz funktioniert.

Er wäre kein Verleger und Bibliothekar, wäre Richard Pils nicht gleichzeitig auch ein Bewahrer und Vermittler zwischen den Welten.

ANKÜNDIGUNG DRUNTER

Von 13. bis 15. August findet auf Schloss Raabs das alljährliche Poetenfest statt. „Es gibt Veranstaltungen, es geht ums Reden, Verschnaufen und Vernetzen,” sagt Gastgeber Richard Pils. „Jeder kann kommen“.

www.bibliothekderprovinz.at

Der Text ist in gekürzter Form bereits in "KunstSTOFF – die Zeitschrift der Kulturvernetzung NÖ" erschienen.

b>www.kulturvernetzung.at

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