Während anderswo noch über Sinn und Zweck diskutiert wird, macht es sich Kenji Araki schon mal im Metaverse gemütlich.
»Rau, fremd, düster, schön«, die Selbstbeschreibung von Kenji Araki und seiner digitalen Kunst ist recht akkurat. Zeitweise ließe sie sich noch um den Begriff »überfordernd« erweitern. Vor ein paar Jahren war er noch basskräftig als DJ Blvebird unterwegs, mittlerweile konnte er mit neuem Alias und gründlichen Eigenproduktionen beim Wiener Label Affine Records ankommen. Dort ist seine Dekonstruktion zeitgenössischer Kunst und Musik auch gut aufgehoben.
Die kürzlich veröffentlichte EP »Nabelschnurtanz« lugt richtungsweisend dorthin, worüber anderswo noch orientierungslos gerätselt wird: ins Metaverse. Zwischen gebrochenen Beats, choralem Sounddesign und Panning-Automationen hat da die natürliche Intelligenz des Menschen stellenweise erst mal etwas zu arbeiten, bevor man rhythmisch und visuell dahinterkommt. Dabei ist es ein großer Anspruch, die Zukunft abbilden zu wollen, weil sich dabei naturgemäß unendliche Möglichkeiten zum Falschliegen bieten. Das vollendende Album zur EP soll schon in naher Zukunft im Ether ankommen, womöglich gibt das weiteren Aufschluss.
Mystische Konstruktion der Zukunft
Die Bezeichnung der Dekonstruktion schlich sich in den vergangenen Jahren vermehrt in die Liner Notes digitaler Künstler*innen – oft ohne zu definieren, worum es dabei denn eigentlich gehen soll. Dabei überwiegt Zeitgeist oft gegenüber der Avantgarde. Kenji Arakis Werk – genauer: das gegenständliche Video, das in Zusammenarbeit mit Fabian Sonnleithner und David Prokop entstanden ist – macht hingegen einen konstruierenden, fantasierenden Eindruck. Ob in den verfangenen Stricken der Matrix eher Utopie oder Dystopie transportiert werden soll, bleibt zwar offen, aber Kenji Araki fühlt sich zwischen Bits und Bytes offenbar schon ziemlich wohl.
Die EP »Nabelschnurtanz« von Kenji Araki ist am 18. März bei Affine Records erschienen. Das Album »Leidenzwang« soll noch in der ersten Jahreshälfte 2022 folgen. Am 15. April gastiert Kenji Araki als DJ bei Global Fyre 2099 im Venster 99 in Wien.