Hypersensorische Entschleunigung – Videopremiere: Mira Mann »Schau mich an«

In einem kurzweiligen Zehnminüter dichtet Mira Mann vermutlich über intime menschliche Interaktion, während sie von hypnotischen Loops und einem strahlenden Kuchensetting begleitet wird.

© Thomas Gothier

Heutzutage lassen sich Begriffe wie ASMR, Poetry-Slam oder Lo-Fi-Ambient-Music nur noch schwer verwenden, ohne dass hinter der nächsten Ecke schon ein wütender Aggro-Mob nur darauf wartet, nun ja, aggressiv zu reagieren. Zu Recht, womöglich. Die Zeiten sind rau und es gibt wenig Grund zur Entspannung, nach der wir uns wohl kollektiv sehnen.

Vielleicht lassen sich wutentbrannte Erklärungsversuche ja umgehen, wenn man die unliebsamen Disziplinen einfach in einem Spoken-Word-Stück kombiniert? So geschehen jedenfalls im neuen Video von Mira Mann, das in Kollaboration mit Jovana Reisinger und Ludwig Abraham entstanden ist. Ergebnis ist ein audiovisuelles Werk voller Strahlkraft, das – zumindest für die zehn Minuten Dauer – etwas Abstand von den ganzen auf ohrmuschelgerechte Häppchen heruntergeschliffene Refrain-Schleudern des Zeitgeists schafft.

Der Aufmerksamkeitsökonomie ein Bein stellen

Sich zehn Minuten am Stück auf ein einziges Musikstück zu konzentrieren, muss man sich erst mal leisten können. »Schau mich an« macht das dahingehend einfach, als dass man sich immer wieder dabei ertappt, vom Text zum Video, vom Video zur Musik und dann wild durcheinander abzudriften. Das klingt zwar vorerst nicht wirklich nach Konzentration, aber vielleicht ist das auch gar nicht so gewollt.

Wie dem auch sei, das gegenständliche Stück beruhigt auf eine nicht aggressiv machende Art und durch die Versponnenheit kann man es sich ruhig auch öfters geben, um nach und nach alle Ecken zu erkunden. Von Verstehen ist dabei noch nicht die Rede, das gestaltet sich nämlich schon schwieriger. Der mal sanft, mal hektischer gesprochene Text lässt jedenfalls intime Begegnungen vermuten, während das anfänglich frühlingshafte Wegsäbeln einer stattlichen Torte am Ende in einen Streit zu münden scheint. Die ambienten Loops im Hintergrund plätschern derweil unbeeindruckt vor sich hin.

Bisher trat Mira Mann mit Candelilla auf der Postpunk-Schiene in Erscheinung. Drei Alben wurden es im Zeitraum von 2001 bis 2017. »Schau mich an« ist nach dem Video zu »Komm einfach« der nächste Teaser zu Mira Manns Remix-EP, die am 21. Mai 2021 erscheint. Über die Arbeit an einem Solo-Debütalbum wird gemunkelt.

Mira Mann »Schau mich an«

Die Videosingle »Schau mich an« von Mira Mann ist heute, also am 2. April 2021, auf Seayou Records erschienen. Die gleichnamige EP folgt am 21. Mai.

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