Die ungleiche Paarung aus dem traurigen Gärtner und Sigrid Horn überrascht mit einem Musikvideo, das zeigt, dass man – zumindest im künstlerischen Sinne – manchmal doch zusammenbringen sollte, was auf den ersten Blick nicht zusammenpasst.
So gleich ihre Botschaften oft sind, so unterschiedlich ist ihre Kommunikation. Während Der traurige Gärtner auf der Schiene von Lärm und Humor daherkracht, transportiert Sigrid Horn ihren Inhalt meist reduzierter und nachdenklicher. Dennoch machen beide höchst politischen Pop, der zwischen einem lachenden und einem weinenden Auge genau dort landet, wo es manchmal ein bisschen wehtut. Das kann dann als Gewinnerin des FM4-Protestsongcontests 2019 genau so sein wie auf einem E-Wagen einer Fridays-for-Future-Demo.
In Zusammenarbeit liefern die beiden nun ein Gänsehautstück, das die nach wie vor nicht seltene Dynamik von männlicher Gewalt in Beziehungen und von eklatant auseinanderklaffenden Aufarbeitungen im Nachhinein eindrücklich herausarbeitet. Dem begleitenden Pressetext ist ein Zitat der Autonomen Österreichischen Frauenhäuser (AÖF) beigefügt: »Gewalt an Frauen beginnt nicht erst bei körperlicher Gewalt. Sie beginnt mit Einschüchterungen, Bloßstellungen, Manipulation und Verboten. Sie beginnt dort, wo Gewalt mit Liebe verwechselt wird.«
Wider die romantisierende Popkultur
Die Verwechslung von Liebe und Gewalt. Sie ist Alltag vieler Menschen – hauptsächlich Frauen, die in Beziehungen mit und zu Männern leben. In der Popkultur wird das nach wie vor gerne referenziert, wenn auch oft nicht derart kritisch wie im vorliegenden Werk. Aus strafrechtlich relevantem Stalking wird gerne mal der Beginn einer Romanze gezimmert, auch das Töten aus vermeintlicher Liebe ist noch kein Relikt. Natürlich vorne mit dabei: die johlende Mannschaft, die bei jedem Wimpernschlag absolut berechtigter und notwendiger Kritik sofort ein Flirtverbot für Männer fürchtet.
Während das Musikvideo zu weiten Teilen wie eine Beschreibung des Status quo wirkt, ist der (mit makelloser Frisur) im Häfn sitzende Gärtner gegen Schluss des Videos doch eher Ausnahme, Blick in die Zukunft oder Utopie. Mit der Behäbigkeit der Gewohnheit im Rücken lässt es sich auch in eigentlichen Rechtsstaaten wie Österreich mit gewaltvollen Beziehungen (noch) zu gut durchkommen. Es bleibt ein andauernder Kampf, derartige Zustände irgendwann ned echt zu machen.
Die Single »Ned echt« von Der traurige Gärtner und Sigrid Horn erscheint morgen, also am 26. März 2021.