Die internationale Kunstmesse Vienna Contemporary hat mit dem Kursalon Wien ein neues Zuhause gefunden. Von 8. bis 11. September werden dort spannende neue sowie etablierte Galerien und Sonderausstellungen mit Fokus auf Zentral- und Osteuropa präsentiert.
Als Messe für zeitgenössische Kunst konzentriert sich die Vienna Contemporary darauf, Brücken zwischen Ost und West zu schlagen. Wie wirkt sich dieses Konzept auf die Inhalte aus? Und wie wird es rezipiert?
Boris Ondreicka: Nicht nur Ost und West – oder besser noch ehemaliges Ost und ehemaliges West –, sondern auch Süd und Nord. Wien ist ja an sich schon ein Kreuzungspunkt. Wir interessieren uns für unser Territorium und beleuchten es von seiner besten Seite. Mit diesem konzentrierten Fokus bieten wir ein spezifisches Spektrum an Kunst, das im globalen Sinn einzigartig ist.
Mit welchen Themen beschäftigt sich eine Kunstmesse in Zeiten von Pandemie, Krieg und Dauerkrise?
Wir sind keine themenorientierte Messe, aber wir sind extrem sensibel für das Phänomen der Zeitgenossenschaft. So stehen wir in diesen schrecklichen Zeiten logischerweise voll und ganz an der Seite der Menschen in der Ukraine und stellen ausgewählten ukrainischen Galerien freien Raum zur Verfügung, organisieren Sonderausstellungen und Seminare.
Mit »Statement Ukraine« reagiert ihr auch direkt auf den Krieg in Europa. Was erwartet uns?
Für die Kuratierung von »Statement Ukraine« haben wir Kateryna Filyuk eingeladen, eine prominente ukrainische Expertin der jungen Generation, die wir für absolut kompetent halten, diese grausame Dynamik kritisch zu beleuchten. Sie bringt ein Konzept mit, das die aktuelle Situation in einen internationalen Kontext stellt.
Heuer findet die Messe zum ersten Mal im Kursalon Wien statt. Welchen Einfluss hat der neue, durchaus historische Rahmen auf die Veranstaltung?
Die Vienna Contemporary ist stolz auf ihre Heimat Wien. Der Kursalon ist eine absolute Ikone der Wiener Architektur der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Er wurde im Stadtpark erbaut, war also von Anfang an den Menschen gewidmet. Wir möchten eine exzellente Mischung aus Bewährtem und Neuem in einem Klima großer Gastfreundschaft bieten. Wir verstehen das wunderbare Stadtpark-Areal als unseren Stadtteil, den wir mit zeitgenössischer Kunst beleben wollen und in den wir immer mehr investieren wollen.
Die Vienna Contemporary versteht sich als »Boutiquemesse«. Nach welchen Kriterien werden die rund 60 Galerien ausgewählt, die zur Messe eingeladen werden?
Lokaler Fokus und höchstes Qualitätsniveau sind die führenden Parameter. Damit ist die Qualität der etablierten wie auch der aufstrebenden Galerien und der von ihnen vertretenen Künstler*innen gemeint. Wir bauen sehr persönliche und direkte Beziehungen auf und fördern den Austausch zwischen den verschiedenen Akteur*innen des Marktes. Zwischen Galerien und ihren Künstler*innen, Sammler*innen, Kurator*innen und Kritiker*innen, der Stadt Wien und dem breiten Publikum.
In einer Pressemitteilung heißt es, dass ihr versucht, die Grenzen dessen auszuloten, was eine Messe sein kann. Wohin führt euch dieser Versuch?
Wenn man auf den Markt geht, geht man nicht nur hin, um Gemüse zu kaufen, sondern auch, um mit Freund*innen ein Glas Apfelsaft zu trinken, ein paar Snacks zu essen, herumzulaufen, Musiker*innen zuzuhören und einfach eine gute Zeit zu haben. Der Markt ist nicht nur ein Kern der wirtschaftlichen Umstellung, sondern auch ein Zentrum der sozialen, kulturellen und politischen Konversation im Ökosystem jeder Stadt. Das ist auch unser Ziel. Wir wollen in und mit der Stadt leben und mit kultureller und künstlerischer Produktion einen Beitrag leisten.
Das Messeprogramm wird durch Vorträge mit internationalen Teilnehmer*innen abgerundet. Welche Themen stehen dabei im Vordergrund?
Wir nutzen unseren Standort und arbeiten mit den beiden exzellenten Wiener Kunstakademien an Themen, die einen Bezug zum »echten« Leben und vor allem zum Kunstmarkt haben. Wir werden uns mit Fragen der Nachhaltigkeit und Ökologie unserer Systeme, der Ethik und dem neuen Sinn des Sammelns, aber auch mit Aspekten der Gerechtigkeit innerhalb unserer Produktionswelt beschäftigen.
Die internationale Kunstmesse Vienna Contemporary findet von 8. bis 11. September 2022 im Kursalon Wien statt.