In ihren besten Momenten klangen The Vogue wie XTC, The Smiths und Suicide. Genau in einem dieser Momente – als sie ihren größten Hit 1981 vor 10.000 Leuten in der Wiener Stadthalle spielten – beschloss die Band, dass Ruhm in Österreich wurscht ist.
Die Geschichte von Wienpop ist nicht mehr hörbar, auch wenn sie jetzt aufgearbeitet ist, hatte unser Herausgeber Thomas Weber vergangenes Jahr in einem Leitartikel noch beklagt. Und eigentlich hat sich daran nichts geändert. Es bleibt eifrigen Archivaren und hoffnungslosen Musikenthusiasten vorbehalten, jene Perlen zu heben, die nicht auf Austropop-Samplern überleben konnten oder von einem armen Teufel als verwaistes Werk in seiner Freizeit auf Youtube hochgeladen wurden.
Das Wiener Label Trost Records trägt seinen Teil dazu bei – sonst aber müsste jemand mit guten Beziehungen ins BMUKK bitte ein Forschungsprojekt einreichen, bei dem die wichtigeren Veröffentlichungen von Wienpop in einem staatlich proprietären Format auch im Netz wieder zugänglich gemacht werden. Hinterher können sie ja sehr unabsichtlich auf den einschlägigen Plattformen landen. Viel lässt sich damit nämlich sonst nicht holen, Anerkennung vor allem. Sonst bleibt nur, ins SR-Archiv zu gehen und sich die Geschichte und den Sound von Wienpop auf Kassette überspielen.
Smiths x Suicide
Eine der wenigen Ausnahmen – hörbarer Wienpop – ist gerade erschienen. Alle Aufnahmen von The Vogue nämlich, die sich in Wien im Umfeld der Linzer Post Punk-Bands Willi Warma und Chuzpe gründeten und die ihren Stil selbst als Psychedelic Beat bezeichneten. Das meinte viele Einflüsse aus den Sechzigern, vor allem aber The Who. Man versteht, warum sie die große Erfolgswelle nicht fanden, kamen sie doch mit voller Absicht zehn Jahre zu spät und liehen sich aus ihrer Gegenwart – die Punk hieß und die die Band gut kannte – meistens nur die Haltung und den Sound. Die Produktion klingt billigst. Die wurschtige Herangehensweise von Punk half zwar schnell aktiv zu werden und einfach zu spielen, aber nicht dabei nach viel mehr als Proberaum zu klingen. Heute kann man dieses unzeitgemäße Rumpeln wieder schätzen. Und man wundert sich über das Potenzial dieser Band.
Besonders gut waren The Vogue nämlich, wenn sie schnell und melodiös klangen und wie auf dem famosen „Pill Girl“ XTC und The Smiths vorwegnahmen. Auf diesem Sammelalbum ist es gleich in zwei Versionen drauf. Auf beiden scheppert es wie gestört. Nicht auf die gute Art. „I Never Loved Her“ klingt fokussierter, räudig und getrieben, wie Wire, Jonathan Richman und Suicide. Wenn nur diese unentschlossene 60s-Coda nicht wäre.
Scheiß Feuerzeuge
Die Geschichte der Band ist nun auf CD und in einem Booklet fest gehalten – im Netz sucht man danach allerdings derzeit noch vergeblich. Am Ende standen The Vogue mit „The Frozen Seas Of Io“ (Youtube-Link!) sogar auf der Zwei der österreichischen Charts und spielten den Song in der Wiener Stadthalle vor 10.000 Leuten. Als genau da die Leute ihre Feuerzeuge auspackten und schwenkten, war die Band innerlich vorbei, sagt Sänger Gary Danner in einem begleitenden Interview. Ein Austropop-Star werden, nein danke. Also bitte, lasst die Feuerzeuge stecken. Ja, auch die Feuerzeug-Apps auf euren Handys. In Österreich macht man Bands damit glücklich.
„Running Fast – The Complete Records“ von The Vogue ist bereits auf Trost Records erschienen.