Von der Metropole in die Kleinstadt

Sie machten Karriere in den Metropolen der Welt und finden sich in Hintertupfing, St. Pölten und Salzburg wieder. Welchen Einfluss hat der Urbanitäts-Level in der Postmoderne tatsächlich noch auf Kulturmanager?

Gerhard Willert wiederum hatte Engagements in München, Hamburg und Mannheim, bevor er Leiter der Schauspielabteilung am Landestheater Linz wurde. Noch weiter in den Westen zog es den zuletzt am Leopold Museum tätigen Tobias G. Natter nach Stationen am Historischen Museum der Stadt Wien und an der Galerie Belvedere: In seiner Heimat leitete er von 2006 bis 2011 das Vorarlberg Museum.

Brigitte Fassbaender war 13 Jahre Intendantin des Tiroler Landestheaters, nachdem sie in den 70er Jahren als Opernsängerin an den wichtigsten Häusern Europas und der Metropolitan Opera aufgetreten war. Sie war es auch, die 2009 Enrique Gasa Valga anbot, die Tanzcompany des Hauses zu übernehmen. »Ich hatte immer schon das Gefühl, dass Innsbruck einen Provinz-Komplex hat – zu Unrecht«, sagt er, »dieser Komplex hat sich aber etwas gebessert.« Das führt er auch darauf zurück, dass viele Kinder der Stadt nach Engagements in Wien oder London zurückkehren.

Beim Geld hört die Freundschaft auf

»Es ist ein generelles Problem kleiner Städte, dass sie junge Künstler nicht halten können. Aber das wahre Manko an Salzburg ist, dass kulturpolitisch zu wenig Ehrgeiz besteht«, bemängelt Angela Glechner. „Es braucht mehr Förderprogramme, mehr offene Ateliers, mehr Residencies.« Die Situation dürfte sich weiter zuspitzen: Seit Herbst 2013 schwappen auf den Salzburger Kulturlandesrat Heinrich Schellhorn Protestwellen von allen Seiten ein. Grund ist der Sparkurs des Landes, der nur eine der Nachwehen des Finanzskandals ist – 1,5 Millionen Euro werden 2015 und 2016 jeweils gekürzt.

»In keinem anderen Bereich wird mit dem Einsparen einer vergleichsweise geringen Summe ein so großer Schaden angerichtet«, lautet der Kernsatz der Petition »Ja zum Kulturland Salzburg«, die bereits 6.500 Menschen online unterschrieben haben. »Wir haben faktisch schon jetzt laufend abnehmende Budgets«, kritisiert Glechner. Eine Anpassung an die Inflation gab es für viele seit Jahren nicht, während die Tarife steigen.

Den Motor am Laufen halten will Landesrat Schellhorn, indem er den Tourismus verstärkt für die Finanzierung von Kultursonderprojekten zur Ader lässt. »Der Fremdenverkehr profitiert von den kulturellen Leistungen der Künstler des Landes«, argumentiert er. Bereits 1920 wurde ein Fonds explizit für die Finanzierung der Kultur gegründet. Momentan fließe der Großteil dieses Geldes aber in touristische Einrichtungen zurück.

»Wenn jemand etwas auf die Beine stellt, dann muss er auch dafür bezahlt werden«, ärgert sich Glechner über die mangelnde Wertschätzung. Vor allem Zeitgenössischem werde oft aufgezwungen sich zu begründen, »weil einem die Leute wegen der Karten nicht gleich die Bude einrennen«. Zu Pneu lud sie ganz bewusst jüngere Künstler mit nicht vollkommen ausgegorenen Stücken – mit Erfolg: 3.000 Besucher, 95 Prozent Auslastung. »Das Publikum hier ist irrsinnig neugierig. Man hat das Gefühl, es ist hungriger als in Metropolen, weil einfach seltener etwas Neues aufpoppt«, betont die Intendantin, »auch auf hochkomplexe Stücke wie ›Germinal‹.«

In größeren Städten sei das fast schwieriger: »Da ist oft sehr viel Publikum aus der eigenen Sparte dabei, das selbst produziert und beim Zuschauen ein bisschen unentspannt ist.« Für Stephan Schmidt-Wulffen von der NDU ist der größte Vorteil an der Kleinstadt das Familiäre: »In St. Pölten zu arbeiten, ist unglaublich effektiv. Die Wirtschaftskammer funktioniert wie eine große Familie. Man hat ein Gegenüber, das sich Zeit nimmt, die eigene Sache zur gemeinsamen macht. In Wien hat man es dagegen mit einem ganzen Ministerium zu tun, das nur schwer durchschaubar ist.« Für ihn ist der Ort des Geschehens aber auch in der Postmoderne ganz wesentlich: »Man arbeitet immer mit Menschen zusammen. Trotz Computern.«

Die Salzburger Sommerszene ist in Planung, am Landestheater ist Innsbruck gerade »Körper.Seelen« angelaufen. »Germinal« wartet auf die Aufführung bei den Wiener Festwochen.

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