Wenn einer eine Reise tut

Der Dresdner Ansa Sauermann präsentiert nach erfolgreichen EPs sein Debüt-Album »Weiße Liebe«. Aber ist es auch eine – Achtung Wortspiel – Ansa Scheib’n?

Aus rechtlichen Gründen werden Artikel aus unserem Archiv zum Teil ohne Bilder angezeigt.
© Angelo Laira

Die Fähigkeit zu differenzieren ist des Pudels Kern dessen, was sich deutscher Pop nennt. Die Gleichschaltung der Labels, generell bessere Rezeption durch Zeitgeist und Fernsehen, machen es noch schwerer, Musik zuzuordnen, ihr hässliche Buzzwords wie »Authentizität« zu geben. Zuschreibungen und die Einteilung, ob Künstler »gut« oder »böse«, weil nur kommerziell oder doch noch so halb für eine Indieklientel passend und okay, bestimmen über szenischen Gedeih oder Verderb. Daher muss a priori festgehalten werden: Ansa Sauermann ist ein Guter. Selbst, wenn man nach dessen erster EP »Foto« noch daran zweifeln durfte, spätestens mit der großen EP »Reise« aus dem Vorjahr, die in Explosivität an, na ja, Mando Diao und in Songstruktur an, na ja, Wanda erinnert, hat der Dresdner durchaus einen Stein im Brett der Indiegirls und -boys. Dass sein reguläres Debüt von den Wanda-Mastermind Stefan Redelsteiner und Paul Gallister begleitet wurde, passt da gut rein. Und dass er nach ostdeutschem Bruce Springsteen klingen soll, ist zwar weit hergeholt, aber nicht komplett abwegig.

Liebe und andere Drogen

Ungeachtet dessen: Ja, die Hits aus dem Vorjahr, allen voran »Reise« und »Geist« sind auch auf »Weiße Liebe« zu finden. Sichere Nummern, offen bleibt, ob da nicht noch mehr kommt. Eine Frage, die Ansa nun mit – Austropop-Witz: sein Album ist eine»Ansa Scheib’n« – auch beantwortet. Was da kommt, ist emanzipierter poppiger Rock’n’Roll, per definitionem nicht frei von Einfluss, aber durchaus inspiriert und nicht kopiert. Zahlreiche Ausprägungen des an ebensolchen nicht armen Genres werden durchexerziert, mal straighter, mal hymnischer, aber immer der Sauermann-CI verpflichtet. Orchestral-pompös – das kann der Gallister halt – wird es dann im Schlussakkord, dem Insider-Hit »So weit«. Nicht nur dort ist das Thema »Liebe und andere Drogen« textliches Leitmotiv, nur das etwas überbemühte »Tal der Ahnungslosen« erzählt Politisches.

Ansa Sauermann positioniert sich klar zwischen »Menschen Leben Tanzen Welt« und Diskurspop. Quasi als niveauvolles Getway aus der Intellektualitätsfalle. Tut ja auch mal gut.

Bewertung: 7/10

»Weiße Liebe« von Ansa Sauermann erscheint am 28.8.2017 via Sony Music.

Newsletter abonnieren

Abonniere unseren Newsletter und erhalte alle zwei Wochen eine Zusammenfassung der neuesten Artikel, Ankündigungen, Gewinnspiele und vieles mehr ...