Wenn Lachen weh tut

Die Comedy ist tot, lang lebe die Comedy. Louis C.K. bringt Stand-up ins Serienformat. Oder umgekehrt. Auf jeden Fall muss man dabei lachen und weinen.

Narrenfreiheit

Als Schreiber, Regisseur, Hauptdarsteller und Produzent der Sendung genießt C.K. völlige künstlerische Freiheit und nur unter dieser Bedingung war er bereit, seine Idee zu verwirklichen. Seine völlige Handlungsfreiheit wird nur durch C.K.s Integrität gegenüber der Kunst begrenzt, dementsprechend werden die Genre-Grenzen auch ausgelotet: Zeitstränge werden beliebig über den Haufen geworfen, Besetzungen können heimlich wechseln und der Sprung ins Surreale ist oft nicht weit.

Um dies an einem Beispiel zu verdeutlichen – Oscar-Preisträger Murray F. Abraham spielt einen Voyeur und Ehemann in Staffel Zwei. Derselbe Abraham spielt in der folgenden Staffel Louies exzentrischen Onkel Excelsior, der ihm rät, sein Verhältnis, zu seinem Vater auf die Reihe zu bekommen. In Staffel Vier schlüpft er selbst in die Rolle des Vaters aus Louies Kindheit. Louis C.K. verschmilzt Stand-up und Fiktion erstmals auf eine Art miteinander, dass es ihm gelingt, Inhalte und Stimmung auf der Bühne zu visualisieren und mit einer Geschichte zu versehen. Plotlinien, Logik und auch das zeitliche und räumliche Verständnis ordnen sich dabei dem Kontext unter.

East Coast X West Coast

Nun kommt eine gute Idee selten alleine und so haben sich auch andere etablierte Stand-Up Kollegen C.K.s an dem Format semi-biografischer Sitcom versucht. Sowohl Marc Maron (»Maron«) als auch Jim Jeffereys (»Legit«) porträtieren sich beide als weniger erfolgreiche und überspitzte Versionen ihrer selbst und erzählen ähnlich wie Louis C.K. Geschichten aus dem tragischen Leben eines Versagers/ Komikers. Diese sind gefüllt mit lustigen Einzeilern, Gastrollen der Comedy-Prominenz und Referenzen auf das Business und sogar sich gegenseitig. »Maron« feiert dabei die persönliche Selbstaufgabe und die Entwicklung zum Grumpy Old Guy, »Legit« die Angst des Mitt-30ers vor dem Erwachsenwerden.

Sind die Konzepte von der Theorie her sehr ähnlich, unterscheiden sich die Umsetzungen. »Maron« und »Legit« sind Comedy-Serien, wie sie uns bekannt sind, im sonnigen Kalifornien, mit ulkigen Charakteren, großartigen Sagern und nicht allzu viel Irritation und Überraschung. Das New York von »Louie« wirkt im Gegenzug viel farbloser, besticht mehr durch Situationskomik als durch Personen und verzichtet auf Hollywood-Flair. Nichtsdestotrotz sind alle drei Formate bissig, stimmig und für US-amerikanische Verhältnisse überaus selbstkritisch.

Dunkelziffer

Eine wirkliche Neuerung wäre es, das Format mit einer Frau als Star aufzuziehen, vielleicht sogar mit einer, die nicht weiß und nicht Middle Class ist. Die Frauenquote ist die traurige Dunkelziffer der Comedy. Natürlich gibt es die Sarah Silvermans und Amy Poehlers da draußen. Die Branche ist aber fest in männlicher Hand. Was Comedy betrifft, steckt Emanzipation einerseits noch in ihren Kinderschuhen, andererseits sind es genau die peinlichen, persönlichen Themen, die das Publikum anziehen und den Frauen auf Grund von falschen Erwartungshaltung oder schlichtweg Verklemmtheit verschlossen bleiben – zumindest auf den großen Bühnen. Die traurige Wahrheit ist wohl, dass es schwierig ist sexy, lustig und smart unter einen Hut zu bringen, der den Zuschauer nicht gänzlich einschüchtert.

Das Problem ist keinesfalls US-amerikanisch, man erinnere sich an dieser Stelle kurz an österreichische Kabarettistinnen. Und wenn wir schon dabei sind, wie schaut es generell mit der österreichischen Szene aus? Ein Hader schafft das vielleicht noch, lakonisch die geliebte Kleinbürgerlichkeit, den Bauchspeck und zahnlose Politik anzusprechen. Wäre aber die jugoslawisch-stämmige Soziologin mit ihrem fünfzehn Jahre jüngeren Liebhaber und Hämorrhoiden eine Figur für die Donnerstag Nacht? Ob Österreich überhaupt dafür bereit ist, sei bei all dem grantigen Humor einfach mal in Frage gestellt. Louis C.K., Marc Maron und Jim Jeffereys können aber Vorbilder sein. Es handelt sich um Kunst und sollte für nichts Geringeres gehalten werden. Gerne mehr davon, auch hierzulande.

»Louie« und »Legit« werden auf FX und »Maron« auf IFC bzw. ab September auch bei uns über Netflix ausgestrahlt.

Bild(er) © FX Network
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