Wer pflegt den österreichischen Popnachlass?

Die Amadeus Awards vergeben immer wieder honorige Auszeichnungen an österreichische Rockpensionisten. Das kann doch noch nicht alles sein?

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Wolfgang Ambros, Hansi Lang, Kurt Hauenstein (Supermax) haben einen, Falco natürlich auch – einen Amadeus Award für ihr Lebenswerk. Hinter dem Amadeus steht die IFPI, der Major-Label-Verband, also eine Initiative aus der Privatwirtschaft, ähnlich den Organisationen, die die Grammy Awards oder die Oscars organisieren. Es ist eine Möglichkeit, das kulturelle Gedächtnis zu pflegen und ab und an den Pionieren ein paar Rosen zu streuen – auch wenn die alljährlichen Vorwürfe, es ginge nur darum, ein paar Alben zu verkaufen, nicht ganz falsch sind, aber auch nur einen Teil des Spektakels herausgreifen. Also, eine Auszeichnung für einen Artist einmal pro Jahr bei den Amadeus Awards. Und sonst?

Die »Music Box Austria« von Hoanzl macht sehr viele Alben aus Österreich im Einzelhandel zugänglich, krankt aber im Unterschied zur Sammlung »Der österreichische Film« (ebenfalls Hoanzl) daran, dass kaum historisch bedeutsame Alben in das Bündel geschnürt wurden. Falco, Fennesz, Wolfgang Ambros, Kruder & Dorfmeister und André Heller sucht man vergeblich. Bei iTunes und Amazon ist die Box derzeit zudem nicht erhältlich. Immer wieder aber machen sich kleine Initiativen die Mühe, einen Teilbereich der österreichischen Musikgeschichte aufzuarbeiten: »Rockmusik in der Steiermark bis 1975« (Pumpkin Records), »Austrian New Wave And Postpunk 1979-2010« (Klanggalerie), »De guade oide Zeit« (Panza Platte), oder der Film »Es muss was geben« über die Linzer Punk-Szene sowie der leider missglückte »Vinyl – Tales from the Vienna Underground« würdigen gerade in den letzten Jahren verstärkt einen Teilbereich des heimischen Musikschaffens.

Und Vater Staat? Ein Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst wurde im Bereich Pop bisher noch nicht vergeben. Ein nationales Tonarchiv – ähnlich etwa dem National Recording Registry in den USA, das alljährlich 25 bedeutende Aufnahmen kürt – sucht man vergeblich. Wobei, ein Archiv gibt es zumindest, das SRA, das Skug Research Archiv österreichischer Popularmusik, ist auf Initiative des gleichnamigen Magazins Skug – also privat – entstanden, sammelt und archiviert seit 1993 sehr umfassend, was in Österreich an Musik veröffentlicht wird und erhält mittlerweile vom BKA, BMUKK, der AKM und den SKE Fonds Förderungen.

Aber wo ist der Kanon? Und wo sind die öffentlichkeitswirksamen Feste, die Gedächtnisarchitektur, die Museen, die Gedenktafeln, die Trophäen, die Youtube-Dokus, die Feiertage? In Österreich ist es für vieles davon wohl noch eindeutig zu früh. Das Haus der Musik konzentriert sich auf die Philharmoniker und die großen Meister. Ein Anzug von Falco wurde kürzlich vom Wien Museum angekauft. Aber eine systematische Aufarbeitung, eine sinnvolle Pflege? Wir haben vier Stimmen von Experten in der Sache eingeholt.

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