Justin Vernon ist Bon Iver, ist Teil von Gaynes, Mount Vernon, den Shouting Matches und momentan vor allem Volcano Choir, deren neuestes Werk "Repave" seit Kurzem in den Läden steht.
„I’m glad i came and i felt really honored and stuff,” so viel zu zwei Grammys und einer guten Portion Fame, den Justin Vernon vielleicht gar nicht gewollt hätte. Zwei Jahre ist es nun her, dass der Indie-Underdog aus dem Norden der USA, der aus dem Nichts zu kommen schien, als Außenseiter zwei der begehrtesten Trophäen des Musikbusiness abräumte. (durch Missinterpretation des französischen Namens auf Twitter, wurde Vernon für eine Nacht zu Bonny Bear.)
Damit hatte es sich mit dem Geheimtipp erledigt und die Popmaschinerie setzte sich in Gang. Vernon wurde die ungewohnte Aufmerksamkeit um sich zu viel, er beschloss kurzerhand Bon Iver auf Eis zu legen – nach einer üppigen Tour – und sich zahlreichen anderen Projekten zu widmen („There’s so much attention on the band, it can be distracting at times. I really feel the need to walk away from it while I still care about it.”).
Eines jener Projekte hat nun Früchte getragen: Volcano Choir nennt sich die Formation rund um Justin Vernon und Mitgliedern von The Collections of Colonies of Bees, welche mit "Repave" ihr zweites Album präsentieren. Melancholisch, dramatisch, ehrlich und mit filigranem Songwriting geleitet von Vernons unverkennbaren Vocals zwingen sich die Parallelen zum letzten Bon Iver Werk förmlich auf.
Spielplatz von fünf Freunden
Als dieser Justin Vernon 2008 mit dem Bon Iver Debüt "For Emma, Forever Ago" aus einer Hütte in den Wäldern zurückkehrte, sagte er noch, dass er seine frühere Band verlassen musste, um seinen eigenen Vorstellungen von Musik nachgehen zu können. Fünf Jahre später verhält es sich genau umgekehrt, Vernon sucht den Reiz der Band: „With Volcano Choir it’s the most BAND – all together in it evenly – szenario.“ (Volcano Choir im AMA auf Reddit)
Das Projekt ist keineswegs neu. 2009 erschien das erste Produkt aus der Feder der fünf Jungs aus Wisconsin: "Unmap". Darauf finden sich sogar noch Überbleibsel von "For Emma, Forever Ago". Der Longplayer gestaltet sich jedoch experimenteller, weniger harmonisch. Volcano Choir bezeichnen ihren Erstling als „leckeres Experiment“, einen „Spielplatz von fünf Freunden.“ "Repave" ist nun merklich mehr als eine Spielerei. Die acht Tracks folgen dem Konzept steigernder Dramatik bis hin zum packenden Crescendo, dem sich Justin Vernon bisher nie entziehen konnte. Ähnlich wie auf "Bon Iver" beginnen viele Tracks als leise Bergbäche, um später als tosende Flüsse in die Tiefe zu stürzen.
Ein großer Unterschied: Vernon verlässt sich gleichermaßen auf Brust- und Kopfstimme und verläuft sich nicht zwingend in Falsetto-Eskapaden. "Comrade" und "Byegone" sind die großen Hymnen des Albums, an denen kein Weg vorbeiführt, "Alaskans" die Ballade rund um ein eingängiges Gitarrenriff. Die Nähe zum letzten Bon Iver Album mit Tracks wie "Holocene" und "Perth" ist nicht abzustreiten, die Dominanz von Justin Vernon über der filigranen Instrumentalisierung zu übermächtig.
Grandeur und Intensität
"Repave" vereint den experimentellen Mut und die Verspieltheit von "Unmap" mit dem Grandeur und der Intensität von Bon Iver, ohne stilistisch mit sich selbst zu brechen. Im Gegensatz zu anderen Projekten Vernons, beispielsweise den Bluesrocker The Shouting Matches werden frustrierte Bon Iver Fans mit "Repave" am ehesten ihr Seelenheil finden. Die Bands deswegen über einen Kamm zu scheren, würde Volcano Choir jedoch Unrecht tun. Die Mitglieder von The Collections of Colonies of Bees bedienen sich zwar einem kleineren Instrumentarium, gewinnen aber Klangfarbe in der Tiefe. Wir würden es dem bärtigen Karohemdenträger gönnen, sich in diesem Ensemble von talentierten Musikern verstecken zu können, um das zu tun was er am besten kann: herzzereißende Songs zu schreiben.
"Repave" von Volcano Choir ist bereits via Jagjaguwar erschienen.