Die Wiener Clublandschaft floriert. Wiener Clubs genießen mittlerweile einen guten internationalen Ruf bei Acts, Bookern und – vor allem – dem Publikum. The Gap sieht genauer hin und trifft einige Clubmacher zum Interview. Heute: Die Betreiber der Pratersauna.
Kein Club hat in Wien in den letzten Jahren für so viel Aufsehen gesorgt wie die Pratersauna. Man hat eine Meinung zur Sauna. In zwei Jahren hat der Club Wien vor allem um das bereichert: Marketing, Booking-Qualität, Innovation und eine alte Sauna.
Hippe Motorbootrennen wechselten sich mit echtem Hardcore-Homo-Berghain-Flair ab, von sympathisch verpeilten Szene-Releaseparties bis zu abstraktem HipHop, Firmen- und Corporate Events, gut gepuderten Technoparties und Charities, einer Club World Tour und einem eigenen Festival für den Prater machte die Pratersauna Programm in einer Breite und Dichte, die alle anderen hinterher schauen ließ. Vorher gab es in Wien Konzerte und DJ-Abende, da gab es Musik, worum sollte es auch sonst gehen? Das änderte sich mit der Pratersauna. Ein Abend wurde zu einem Event mit einem Gesamtkonzept, einem Image und einer Positionierung.
Das passte in die Zeit, zu der laufenden Durchprofessionalisierung von Musik, war aber genau mit ein Grund warum die Pratersauna polarisierte. Dabei war der Club aber auch eine treibende Kraft (von mehreren) in Sachen Wiener Clubkultur; etwa in Form der Sperrstundenverlängerung. Die Betreiber Weiss und Hiess schummeln sich etwa beim Video von „Ursula Stressned“ (ein Grund für unsren Wortwechsel zu Spaßprotest) immer wieder ins Bild. Zum Erdbeben in Japan fanden gleich zwei Charities statt und konnten jeweils fünfstellige Beträge einspielen.
Und regelmäßig legen dort Artists auf und spielen, die nur kurz später und gerade in dem Moment zum Sound der Stunde gekürt werden. Pantha du Prince, Hudson Mohawke, Kano, Die Antwoord, Holy Ghost, Uffie, Art Department, Marflow sind nur einige der Höhepunkte in zwei Jahren Beat-Fächerei. Die Pratersauna hat sich für viele Artists zur ersten Adresse in Wien entwickelt.
Und eines hat die Pratersauna sowieso, das niemand kopieren kann: die Location inmitten des Praters, umgeben von Schweizerhaus, Bowlinghalle, Strich, Wettcafés, Wiesen und WU-Neubau.
Wir haben Hennes Weiss und Stefan Hiess zum Interview gebeten.
In manchen Locations wird angeblich weniger pro Gast und Abend ausgegeben, weil man durch die Nacht U-Bahn eher noch einen Drink daheim kippt. Ist das auch bei euch so? Und seht ihr die Nacht U-Bahn am Wochenende prinzipiell positiv?
Angesichts der Tatsache eine internationale Metropole sein zu wollen, finden wir es für Wien selbstverständlich positiv, wenn wir auch zugeben müssen, dass die Auswirkungen gesamt gesehen für uns eher enttäuschend waren. Am auffälligsten ist, dass sich der Zustrom nun auf mehrere Stunden verteilt und die Wartezeiten beim Eingang dadurch verkürzt wurden und es nun noch später los geht.
Durch eure abgeschiedene Lage müsstet ihr laut offizieller Formulierung ("Lärmbeschwerden..") weniger unter der frühen Sperrstunde leiden als andere Clubs, trotzdem scheint ihr mehr Aktionen wie "Ursula Stressned" mitzutragen, wie kommts?
Wir ziehen alle am selben Strang und uns liegt Wien als solches, sowie das Bild der Wiener Clubkultur gegenüber dem Ausland am Herzen. Daher ist es auch klar, dass wir solche Aktionen für den ‚guten Zweck‘ mehr als tatkräftig unterstützen. Wir machen es halt auf unsere Weise mit Kreativität und Charme. Die Hoffnung stirbt zuletzt die Sperrstunde wie z.B. in Graz ganz zu entfernen.
Spürt ihr den Wegfall des in Gehweite gelegenen Planetariums als Clublocation?
Wir ziehen natürlich unabhängig davon unser Programm wie geplant durch. Aber der Ausgehhype rund um den sogenannten "Partystern" mit Planetarium, Fluc und Pratersauna, von welchen alle drei Venues definitiv profitiert haben ist leider dadurch im Keim erstickt. Sehr schade.
Ein guter Teil des Reizes der Pratersauna kommt aus der Mischung von neuem, jungen Design (Fassade, Toiletten, Mainfloor…) und der verbrauchten Patina der alten Sauna. Nach zwei Jahren haben auch manche der neueren Elemente etwas gelitten, was kommt da demnächst hinzu?
In Bezug auf Interieur entwickeln wir uns bewusst langsam und teilweise unauffällig weiter. Das Haus ist ein Fass ohne Boden, daher liegen 50% der Investments in der Instandhaltung und der Rest in ganz neuen Projekten wie PS ArtSpace oder Dampf Magazin. Den Ausbau der Lüftung nicht zu vergessen.
Wie oft soll das Dampf Magazin veröffentlicht werden und mit welchen Inhalten, denn das erste Mal war ja eine gelungene Vorstellungsrunde, die sich allerdings so kaum wiederholen lässt …?
Auch hier arbeiten wir hinter den Kulissen auf Hochtouren und sondieren gerade mehrere Optionen. Derzeit liegt der Fokus in der internationalen Distribution um unseren Spirit (u.a. der Wiener Clubkultur) über die Grenzen hinaus zu verbreiten. Dampf Issue #2 folgt im Frühling 2012 und wird ebenso eine Überraschung. So viel sei gesagt 😉
Wann kommt die offizielle Genehmigung für den zweiten Floor?
Die Genehmigung liegt schon seit der Eröffnung vor, bis jetzt fehlte uns aber Geld für Ton- und Lichtanlage. Seit Anfang des Jahres bespielen wir den "Bunkerfloor" regelmäßig. Aufs Wesentliche reduziert liegt hier der Fokus ganz klar beim Sound und den Visuals selbst! Es ist somit eher der Floor für die Musikliebhaber, während es am (ehemaligen) Mainfloor ganz klar um Spaß- und Tanz-Stimmung geht! Das Glashaus ist der Alternativ-Floor mit Socialize-Charakter; von Schlager bis hin zu Hip Hop.
Wird die Pratersauna jemals auch eine Konzertlocation werden? Wollt ihr das überhaupt forcieren?
Wie dem einen oder anderen aufgefallen ist, finden Konzerte bei uns nach wie vor – leider – sehr selten statt. Grund dafür ist schlichtweg das fehlende Equipment, welches durch einmalige Anmietung mit hohen Kosten verbunden ist. Für diverse Highlights wie Die Antwoord, Kelis, Holy Ghost oder bei Special Events (z.B. Festivals wie Poolbar oder Prater Unser) machen wir auch gerne auf einer provisorischen Bühne eine Ausnahme, auch wenn es sich finanziell einfach nicht rechnet.
Die Priorität liegt derzeit noch bei anderen Investitionsprojekten (wie z.B. PS ArtSpace); trotzdem planen wir auch in ca. 2-3 Jahren die Infrastruktur für regelmäßige Konzerte zu schaffen. Dazu kommt noch, dass wir unser erfolgreich gestartetes Indie Event–/Konzertformat "Indiesauna" nachwievor in der Schublade haben und uns schon sehr auf den großen Relaunch freuen.
Wie regelmäßig wird der Art Space bespielt werden?
Nach dem PS ArtSpace Launch mit der eigenkuratierten Ausstellung "Deforestofences" (Mai 2011) gibt es bis Ende des Jahres ein sogenanntes "Off Season" Programm (es folgen im Jahr 2011 noch cirka acht Ausstellungen). Hinter den Kulissen arbeiten wir aber bereits mit ausgewählten Experten und Kuratoren aus der Kunstszene am Programm 2012, welches sich dann in der Hochkultur ansiedelt. Abgesehen davon, dass es eine große Überraschung geben wird, möchten wir noch nicht mehr darüber verraten. Mehr Infos dazu folgen im Winter.
Wie viele Leute kommen mittlerweile an einem durchschnittlichen Freitag zu euch?
Über Zahlen geben wir ungern eine Auskunft, aber es kann sich jeder selbst gerne ein Bild davon machen.
Könnt ihr steuern welche Art von Crowd an bestimmten Abenden zu euch kommt? Und inwiefern wollt ihr das überhaupt?
Selbstverständlich können, wollen und tun wir das. Das Publikum ist von Veranstaltung zu Veranstaltung sehr unterschiedlich und breit gefächert. Selbstverständlich gibt es aber auch Leute, die nicht im Speziellen auf der Veranstaltung oder den Act achten, sondern einfach zu uns kommen, weil sie einfach gerne bei uns sind 😉 An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön und einen Liebe Gruß an diese Leute 🙂
Wer mehr über die verschiedenen Eventformate wissen möchte, kann es im aktuellen „Dampf Magazin“ nachlesen. Wenn auch still & unauffällig gibt es natürlich auch eine Türpolitik, welche durch unsere gebrieften Securities umgesetzt wird.
Hat die Pratersauna World Tour merkbar etwas gebracht? Wird sie wiederholt? Größer, weiter, besser?
Viele – in welcher Branche auch immer – machen den Fehler bzw. haben nicht den Mut, über den Tellerrand hinaus zu schauen. Das Berghain oder die Bar25 haben es in den letzten Jahren vorgemacht und machen 55% ihrer Umsätze mittlerweile mit dem Partytourismus. Auch wir haben es uns (leider derzeit noch relativ alleine) zum Ziel gemacht, die Wiener Clubkultur mit allen Facetten international wieder als attraktives Reiseziel zu positionieren.
Dabei geht es natürlich auch darum, über die Grenzen hinaus zu mobilisieren und entsprechend unseren eigenen unvergleichbaren Spirit zu verbreiten. Bei unserer World Tour liegt der Fokus im internationalen Content-/ DJ-Austausch. Wir sind davon überzeugt, dass jede Aktion im Ausland wie ein Boomerang zurück kommt. Um die Frage zu beantworten: JA sie wird wiederholt, größer, weiter (North American Tour steht in Planung) und besser.
Rund um den Jahrespoll im De:bug, bei dem ihr zum zweitbesten Club gewählt worden seid, wurde manchmal kritisiert, dass ihr – im Unterschied zum Berghain etwa – massiv Leute mobilisiert habt. Macht ihr das dann Ende diesen Jahres wieder so?
Das Berghain hat nicht zuletzt aufgrund des ‚Easy Party Jetsets‘ eine weltweite Fangemeinde und ist unangefochten der beste Club der Welt. Mit Respekt, es erklärt sich von selbst, dass dieser Club es nicht notwendig hat zu mobilisieren. Das ‚massiv‘ möchten wir gerne zurückweisen, sofern alle andere Clubs im Ranking zwischen Platz 3 und 15 ähnliche Aktionen (bis hin zu Gewinnspielen im De:bug) gestartet haben. Schlussendlich geht es auch hier wiederum um die Präsentation der Wiener Clubkultur im internationalen Vergleich, daher hoffen wir auch dieses Jahr wieder, dass uns alle im Voting unterstützen.
Generell seid ihr ein Club der Visuals einen relativ hohen Stellenwert einräumt. Außerdem bemüht ihr euch um viele Kooperationen mit Festivals und kulturellen Institutionen. Warum gastiert das Sound:frame Festival eigentlich nicht bei euch?
Mit dem soeben gelaunchten ‚PS digital_Lab‘ unter der Kreativführung von unseren Haus & Hof VJs Lichterloh.tv werden wir in Zukunft selbständig Workshops aber auch u.a. selbstkonzipiertes technisches Equipment (!) auf den Markt bringen. Eine Kooperation mit dem Sound:frame hat es in der Vergangenheit ja auch schon gegeben; schlussendlich gehört diese Frage aber jemand anderen gestellt.
In letzter Zeit fanden einige Charities bei euch statt. Werdet ihr angesprochen oder habt ihr euch auch selbst darum bemüht?
Sowohl als auch. Ohne den jeweiligen externen Organisationsteams wäre es in dieser Form nie möglich gewesen. Hoffen wir, dass es die Welt mit uns in Zukunft gut meint und es nicht nötig ist, weitere Charities zu veranstalten.
Viele Acts verzichten für Charity auf ihr Gage – verzichtet ihr mitsamt Security, Bar, Technik auch auf eure?
Zuerstmal, ausschließlich ALLE Acts verzichteten auf Ihre Gage! Das selbe galt auch für unser Barpersonal (Ein großes Dankeschön!) und zu einem Teil auch für die Securities. Diverse Aufwandsposten wie Wareneinsatz (welche nicht extern gesponsert werden) müssen natürlich gedeckt werden. Die Location, Technik, etc. stehen auch in Zukunft im Falle des Falles kostenlos zur Verfügung.
Nach der Aufregung letztes Jahr um die Causa Meischberger/ Plech und vereinzelten Gerüchten Meischberger habe seine Beteiligung erfunden/ widerrufen – gab es da noch Entwicklungen, die nicht mehr im selben Ausmaß an die Öffentlichkeit gedrungen sind?
Nein, außer dass wir nach wie vor auf eine Entschuldigung vom News Magazin für die Falschmeldung, welche alles losgetreten hat, warten. In unserer Pressemeldung über die APA haben wir zu diesen Thema alles gesagt was es zu sagen gibt. Unsere Antwort war guter Content auf einer anderen Ebene.
Was man hört haben im Gebäude direkt neben der Pratersauna, der Lifestyle Bar haben vereinzelt Afterhours stattgefunden? Wie gut sind eure Verbindungen nach nebenan?
Nach anfänglichen diversen Komplikationen pflegen wir absofort einen regelmäßigen guten Kontakt und überlegen ernsthafte langfristige Kooperationen. Unter anderem wird die Location auch bei unserem Prater Unser Festival bespielt.
Wie gut ist euer Verhältnis zur Prater GmbH mittlerweile, für die seid ihr doch sicher ein Bringer?
Ja und Nein. Komplikationen gehören leider dazu und zu viele Dinge sind bereits vorgefallen. Wir pflegen aber ein sehr gutes Verhältnis indem wir sogar freiwillig mit unserem Putzdienst (auf unsere Kosten) die Praterwiese zwischen Pratersauna Eingang und Prater Infostand reinigen. Ein weiteres Problemkind ist diese nervige Schranke bei der Zufahrt.
Zahlt sich die Pratersauna für euch auch nicht nur ideell schon aus?
Der große Irrtum vieler. Solange wir noch verschuldet sind und diverse Risikofaktoren noch nicht ausgeschlossen haben, sehen wir das real-pessimistisch.
In zwei Jahren Pratersauna: in welche Richtung wollt ihr euch entwickeln? Und was waren je zwei persönliche Highlights?
Die Marschrichtung unter dem Titel "Social Life & Art Space" hat sich seit der Konzeption vor Eröffnung nicht geändert und wurde in der Zwischenzeit zahlreich kommuniziert.
Dazu gehört neben dem Clubbetrieb eben auch ein Artspace, Magazin, Workshops, Bistro/Restaurant (in Planung) sowie weitere strategische Eckpfeiler, welche wir gerne noch geheim halten. Langweilig wird uns bestimmt nie 😉
Das Interview kurz vor der Eröffnung: https://thegap.atrubriken/stories/artikel/schrebergarten-deluxe/
Fotos von vor der Pratersauna-Eröffnung:
https://thegap.atnews/artikel/kunst-und-schwitzkultur
Und unser Interview zum Jubiläum der Pratersauna gibt es hier:
https://thegap.atrubriken/stories/artikel/ein-jahr-schwitzkasten
www.pratersauna.tv
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