Die Garage X, das neue Theater am Petersplatz macht Sommerpause. Christine Baumgartner hat für The Gap die künstlerischen Leiter beim Urlaubbuchen gestört und interviewt.
Ali M. Abdullah und Harald Posch leiten seit November die Garage X, das ehemalige Ensembletheater am Petersplatz in Wien. In der ersten Saison waren unter anderem Produktionen wie „Der letzte vergebliche Versuch der Popkultur“ von Schorsch Kamerun (Sänger der goldenen Zitronen) und das „Projekt N.“, bei dem drei Regisseure an einem Abend Nestroy inszenierten, zu sehen. Im Interview sprechen die Leiter des zeitgenössischen Regietheaters über künstlerische Risiken, absurde Entscheidungen des Bundesministeriums und Weihnachtsmärchen.
Was ist denn euer persönliches Fazit nach der ersten Saison?
Posch: Es war wahnsinnig viel Arbeit. Wir haben das Theater in fünf Monaten komplett umgebaut und in den darauf folgenden fünf Monaten 20 Premieren organisiert. Wir hatten dabei aber nur ein Drittel des Personals, das wir eigentlich gebraucht hätten. Dafür wurde das Programm vom Publikum und von Kritikern gleichermaßen gut angenommen. Wir haben das Gefühl, uns einen schönen Platz erarbeitet zu haben obwohl wir eigentlich keine neue Lücke füllen. Wir machen ja einfach das weiter, was wir schon vorher gemacht haben (Anmerkung: Drama X, ein Projekt zur Förderung junger Dramatiker).
Abdullah: Wir haben die Auslastung im Vergleichszeitraum zum früheren Ensembletheater von 61,3% auf 75% steigern können, haben mehr Vorstellungen organisiert und es geschafft ein neues Publikum anzulocken, das sich für zeitgenössisch-progressives Theater interessiert. Insgesamt 10.000 Zuschauer waren hier.
Was hat nicht funktioniert?
Posch: Die Stadt unterstützt uns, aber die Finanzierung des Bundes klappt nicht.
Mit dem Argument, dass ihr „nicht innovativ genug“ seid…
Posch: Das ist völlig absurd. Die Vorgänger haben 40 Jahre lang Förderungen vom Bund bekommen und die waren offenbar innovativ genug. Ich finde ja, wir sind viel zu innovativ. Künstlerisch ist das, was wir machen ein großes Risiko, aber das wollen wir auch so. Es gab immerhin keine Produktion, die – wie sagt man so schön – wirklich abgestürzt ist. Manche sagen sicher, dass ihnen unser Theater zu progressiv ist.
Wir haben jedenfalls herausgefunden, dass nur zwei von acht Beiräten des Bundesministeriums überhaupt in der Garage X waren. Trotzdem haben sich alle ein Urteil erlaubt und das ist völlig absurd. Wir haben alle noch einmal eingeladen noch einmal vorbeizuschauen. Es geht hier aber grundsätzlich um ein Politikum in Wien: Wien-Projekte wie das Schauspielhaus, das Brut und der Rabenhof bekommen vom Bund keine Förderungen weil die schwarz-blaue Regierung damals aus Wien-Projekten ausgestiegen sind. Diese Zeit ist aber vorbei, und es ärgert mich, dass sich daran noch nichts geändert hat.
Ihr habt vorhin von der Lücke, die ihr füllt, gesprochen. Was unterscheidet denn die Garage X von den anderen unzähligen Theaterhäusern in Wien?
Posch: Es gibt natürlich Mitbewerber, die um das gleiche Marktsegment kämpfen wie wir: Das Schauspielhaus hat sich festgelegt auf Autorenuraufführungstheater, das Brut macht ausschließlich performatives Theater und der Rabenhof macht niederschwelliges, politisches Theater. Wir machen politisches Theater und kümmern uns gleichzeitig um die Handschrift des Regisseurs. Gleichzeitig inszenieren wir auch selbst Stücke.
Was ist denn zuerst da – die Regisseure, die Themen oder die Stücke?
Abdullah: Das ist ein Geheimnis. Es gibt aber immer wieder Themen und Regisseure, die uns am Herzen liegen. Wenn Themen und Regisseure zusammenwachsen ist das gut. Es ist also eigentlich eine Kreuzung. Wir zwingen keine Regisseure etwas zu machen, lassen uns aber auch nicht von Regisseuren irgendwelche Stoffe aufdrängen, mit denen wir nichts anfangen können. Wir müssen zum Glück keine Weihnachtsmärchen oder Boulevardstücke für die Stadt machen sondern können ausschließlich das machen, was wir gut finden.
Welche Regisseure oder thematischen Schwerpunkte erwarten uns in der nächsten Saison?
Posch: Schwer zu sagen. Jetzt war gerade der Einreichtermin für die Gruppen mit denen wir Kooperationen haben. Wir müssen abwarten welche Entscheidungen die Kuratoren treffen und welche Produktionen dann tatsächlich bei uns landen. Finanziell wird es etwas enger werden weil wir mit demselben Geld zehn Monate auskommen müssen. Eine Idee, die im Raum steht, ist es, thematisch einen Österreich-Schwerpunkt zu setzen. Wir haben ja beim Nestroy-Stück gesehen wie gut das funktioniert.