Ein Underground Techno Rave nimmt sein Publikum mit auf eine Reise durch die »Jahreszeiten« des Menstruationszyklus. Unterwegs werden in »Wo-man: A Revolutionary Rave« auch Themen wie Male Privilege, Gender Bias, Male Saviorism, der Ursprung des Patriarchats, Liebe, Konsens und Body Acceptance aufgegriffen.
»If we continue like this it is going to take 365 years until there is gender equality.« Mit diesem Satz beginnt »Wo-man: A Revolutionary Rave«. Wie ein Echo wird der Satz beständig wiederholt und mit jedem Mal betreten mehr Performer*innen den Raum. Zu Beginn in Unterhose und weißen oversized Hemden, später in bunten Clubbing Outfits und mit viel Glitzer im Gesicht tanzen die Darsteller*innen auf der imposanten Metalltribüne, die – je nach Beleuchtung – sowohl an ein Sportevent als auch das Innere eines Clubs erinnert, und den ganzen Bühnenraum füllt.
»This is a Rave-olution and I am your host, MC PMS«
Zu Beginn wird klargestellt, dass alle Menschen einen Zyklus haben. Je nach Geschlecht und Hormonstatus dauert dieser halt entweder einen Monat oder 24 Stunden. Geleitet von MC PMS als Sprachrohr der Hormone wird das Publikum anschließend auf einen Rave durch die Phasen jenes Zyklus mitgenommen, den alle Personen durchlaufen, die eine Periode haben. Untermalt ist die gesamte Performance mit Sounds von Rana Farahani aka DJ Fauna, die von lieblicher, atmosphärischer Musik zu basslastigen Techno Beats reichen.
In »Wo-man« sind die Phasen der Periode als vier Jahreszeiten inszeniert. Die Reise beginnt – passend zu MC PMS’ Namen – mit der Zeit vor der Menstruation, im Herbst, und mit MC PMS’ Aussage: »I want to eat chocolate and be held«. Dann wird der Winter mit Nebel, Schnee und Zittern angekündigt, untermalt von langsamer Musik und unheimlichen Gesängen, und gipfelt – wunderschön inszeniert mit einem Kuss auf der Tribüne – in der Menstruation. Verstreute Blütenblätter, Stöhnen und ein Wechsel der Musik zu Dreivierteltakt, zu dem zwei Performer*innen Walzer tanzen, leiten anschließend den Frühling ein. Passend zu Frühlingsgefühlen wird in dieser Jahreszeit Liebe thematisiert: monogam, offen, poly, same-sex, nicht-same-sex, kein Sex, … Das Fazit? Es sollte keine Hierarchie zwischen verschiedenen Arten der Liebe geben: »Love is not something you choose, it’s something you are.« Der Sommer ist schließlich in rotes Licht getaucht, die Musik wechselt zu schnellem französischen Techno und in die Tänze der Performer*innen fließen Voguing und Bollywood Elemente ein.
»We used to live in a matriarchy«
Durch die gesamte Performance zieht sich eine geschickte Kritik des Patriarchats, welches von den verschiedensten Seiten her angegriffen wird. Ddie Ursprünge dieses Systems werden dabei bis in den paradiesischen Garten Eden zurückgeführt und dessen Folgen anschaulich für Jugendliche aufgearbeitet – zum Beispiel male saviorism anhand von hilflosen Prinzessinen im Märchen. Außerdem bieten die Künstler*innen des Wolf Collective begleitend zu ihrem Stück Infomaterial sowie vor- und nachbereitende Workshops für Schulklassen an.
»Wo-man: A Revolutionary Rave« ist nicht nur ästhetisch wunderschön anzusehen und -hören, sondern regt auch zum Nachdenken an. Trotz allem Ernst der Themen, sorgen die Dialoge der Darsteller*innen zwischendurch immer wieder für Lacher und man verlässt das Theater schlussendlich mit einem positiven, empowerten Gefühl. Dabei hilft, dass zum Ende der Performance das Bühnenlicht komplett ausgeschaltet wird und die Performer*innen dem Publikum im Dunklen eine Lasershow bieten. Als Bonus sieht man hinter der Bühne die Ton- und Lichttechniker*innen, die im Strobo-Licht mitraven. Mich überrascht kaum, dass die Premiere schnell ausverkauft war und mit Standing Ovations des gesamten Publikums endet. Das spricht, denke ich, für sich.
»WO-MAN: A Revolutionary Rave« ist noch am 26. und 27. Februar 2024 im Dschungel Wien zu sehen.
Dieser Text ist im Rahmen eines Schreibstipendiums in Kooperation mit dem Dschungel Wien entstanden.