Bücher stehen monatelang originalverpackt in den Buchhandlungen und gehen ungelesen an die Verlage zurück. Wühlkisten bieten die Bestseller von gestern heute um einen Spottpreis. Verkaufszahlen beweisen Autoren, dass ihre Werke kaum gelesen werden. Reich wird sowieso keiner der Beteiligten. Warum tut man sich das an?
Erster Akt: „Die Autoren begreifen einfach nicht“, seufzt die Vertriebsfrau eines heimischen Verlags, „dass man mit Schreiben kein Geld verdienen kann“, nachdem sich eine nicht unbekannte Person des öffentlichen Lebens über zu geringe Verkäufe ihres Buches und in Folge zu geringes Honorar beschwert hat. Zweiter Akt: In den Abverkaufskisten der Buchhandlungen Wiens findet sich heiße Ware zu kleinem Preis: Aktuell zum Beispiel Heinz Strunks „Die Zunge Europas“ oder Charlotte Roches „Feuchtgebiete“, beide Bestseller-Taschenbücher um je 3,95 €. Dritter Akt, Blick auf aktuelle Zahlen: Der Gesamtumsatz des Bucheinzelhandels mit gedruckten Büchern und die Zahl der Buchhandlungen sind rückläufig. Standortschließungen und Szene-Gerüchte lassen keine schnelle Verbesserung der Lage erwarten. Die Jammerei des Buchhandels über Amazon, das Internet und E-Books ist groß. Wir haben uns umgehört.
Hehre Absicht, realistische Einschätzung
Eine, die sich davon nicht beeindrucken lässt, ist die Schriftstellerin Isabella Feimer, die bis dato zwei Romane veröffentlicht hat, und mit zahlreichen Stipendien, Nominierungen und Preisen bedacht wurde. „Seit meiner Kindheit sind Geschichten in mir, spielen sich in meinem Kopf, in meinem Körper ab, sind Teil von mir“, erklärt Feimer auf die Frage, warum sie schreibt. „Leben kann ich davon mittlerweile ein Monat mal besser, ein anderes mal schlechter“.
Dennoch blendet Feimer beim Schreiben mögliche Verkaufszahlen, mögliche Aussicht auf ein Stipendium oder mögliche angemessene Bezahlung bei Lesungen aus. „Das kommt später, und diese Gedanken gehören zum SchriftstellerInnen-Sein dazu“. Ihr Arbeitsaufwand ein Buch zu schreiben stehe zwar in keinem Verhältnis zum finanziellen Erlös und bei geringen Verkaufszahlen kommen Zweifel an der Qualität der eigenen Arbeit auf. „Diese zu zerschlagen, ist dann richtig harte Arbeit“. Aber: „Der Drang, Geschichten zu erzählen, und auch die Lust, das zu tun, sind immer stärker als jeder materielle Gedanke, auch wenn er noch so sehr an der Existenzangst kratzt“.
„…aber das echte Problem haben die Verlage“
„Weil man was mit Kunst machen möchte“ verlegt Jürgen Schütz, Inhaber des 2008 gegründeten Verlags Septime, anspruchsvolle Belletristik. Wer allerdings „die Wertigkeit der Kunst in den Vordergrund rückt, hat zu kämpfen“. Feimers Romane, die bei Septime erschienen sind, stehen wirtschaftlich bei einer schwarzen Null – und nur zwei (!) Autoren, Ryu Murakami und James Tiptree Jr., halten den Verlag am Leben, so Schütz. Der Zeitraum, ein Buch zu positionieren und zu verkaufen, sei kurz: Mit Ausnahmen wie zum Beispiel Preisnominierungen betrage die Halbwertszeit eines Buches nach dem Erscheinen nämlich nur drei bis sechs Monate „und dann ist der Zug abgefahren“.
Dazu kommen ökonomische Zwänge: Je höher die Marge, die ein Verlag einer Buchhandlung gewährt, desto höher die Chance, dorthin Bücher zu verkaufen. „40 bis 50% Marge und Werbezuschuss – und das mit Rückgaberecht – ich denke, das gibt es sonst nirgends. Traurig, dass der Buchhandel mehr jammert als die Verlage – aber das echte Problem haben die Verlage!“ Dem widerspricht Sabine Poglitsch, Inhaberin der Buchhandlung Orlando, heftig: „Welche Buchhandlung bekommt denn schon 50%? Amazon oder große Ketten. Mein Durchschnittsrabatt liegt bei 30%, davon muss ich alles bezahlen!“
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