Wozu das alles?

Bücher stehen monatelang originalverpackt in den Buchhandlungen und gehen ungelesen an die Verlage zurück. Wühlkisten bieten die Bestseller von gestern heute um einen Spottpreis. Verkaufszahlen beweisen Autoren, dass ihre Werke kaum gelesen werden. Reich wird sowieso keiner der Beteiligten. Warum tut man sich das an?

Ein besonders mutiger Buchhändler ist Johannes Kößler, Teilhaber der im Mai 2015 eröffneten Buchhandlung Seeseiten in der Seestadt Aspern. Ist es nicht verrückt, in Zeiten wie diesen ausgerechnet in einem Stadtentwicklungsgebiet eine Buchhandlung zu eröffnen? „Mutig oder verrückt, das wissen wir in zwei Jahren“. Getrieben von der „Sucht nach Neuem“ versuchen er und Mitstreiterin Bettina Wagner mit „Service, Mut, wenig Schlaf, viel Spaß und Ehrlichkeit“ das derzeit wohl ambitionierteste Buchprojekt der Stadt zu etablieren – und im Moment laufe es ganz gut. Natürlich habe der Buchhandel Probleme, das Internet aber sei keine Bedrohung. „Ich wüsste nicht, wo das Käufer abzieht“.

Im Gegenteil, Kunden bestellen oder reservieren online und kommen dann zur Abholung in den Laden. Überhaupt: „Was für eine bescheuerte Idee soll das sein, menschlichen Kontakt durch mathematische Formeln und digitales, gesichtsloses „Service" zu ersetzen?“ Und ja: „Definitiv ein wichtiger Grund, bei einem Verlag einzukaufen, aber bei weitem nicht der einzige“ ist für Kößler die Marge. Was ihm allerdings „ziemlich auf die Nerven geht, ist, wenn dir wer was anzudrehen versucht“. Denn mitunter schönen Verlagsvertreter ihr anzupreisendes Buch.

Schnäppchenjäger…

„Am Ende der ökonomischen Verwertungskette steht der Abverkauf, auch wenn das niemand hören will“ erörtert ein Branchenmensch hinter vorgehaltener Hand. Wenn Verlage zu viele zu alte Bücher auf Lager haben, verkaufen diese ab und bieten ihre Ware mitunter hoch rabattiert dem Buchhandel an. Kößler verkauft im Moment keine Billigware. „Das ist auch eine Frage, wie du dich präsentieren willst“ und außerdem beeinflusse der Ramsch möglicherweise den Qualitätsanspruch der Leser.

Ganz anders sieht man das in einer innerstädtischen Buchhandlung, die einen schwunghaften Handel mit Billigbüchern betreibt: „Es ködert Kunden“, so die Filialleitung und es verkaufe sich gut, „weil die Käufer auf Schnäppchen aus sind“. In den Wühlkisten finden sich meist dieselben paar Verlage, „Gehobenes“ findet sich kaum. Verlegerin Vanessa Wieser von Milena ramscht zum Beispiel gar nicht. Denn das führe ja auch nicht dazu, dass „eine Million Leute endlich zuschlägt“. Aber „vielleicht ist so eine Wühlkiste auch eine neue Chance für ein Buch“, so Isabella Feimer. Angst, dort auch zu landen, hat sie keine: „Vielleicht muss man es dorthin auch erst einmal schaffen“.

Zukunftsmarkt E-Book?

Nach wie vor unsicher ist, welche Entwicklung der Gottseibeiuns des Buchhandels nimmt. Momentan scheint es, dass sich das E-Book trotz aller früheren Unkenrufe – wenn auch auf bescheidenem Niveau – fix etabliert hat. Dessen Umsatzanteil am Buchmarkt und Absatz steigen stets. Findige Buchhandlungen bieten mittlerweile Download-Stationen für E-Books an, um Kunden zu halten.

Und hatte man früher bei Verlagen den Eindruck, dass die nicht so recht wissen, warum sie E-Books anbieten sollen, scheint das jetzt klarer: „Ich war oft recht verwundert, dass sich unsere E-Books recht gut verkaufen, deshalb bieten wir mehr und mehr an. Im Vergleich zum Papierbuch sind es bisher circa 10 bis 15 Prozent“, so Wieser.

Es bleibt spannend.

Mehr davon? Am 31.Oktober (15:00-15:20) i>diskutiert The Gap auf der BuchQuartier (der Messe für unabhängige und kleine Verlage) im Wiener MuseumsQuartier diese und andere Probleme mit der Schriftstellerin Isabella Feimer, der Verlegerin Vanessa Wieser und dem Buchhändler Johannes Kößler.

Bild(er) © Isabella Feimer: by Michael Winkelmann Copyright Seeseiten Logo: by Stefan Rauter
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