Stadt, Land, Kunst: »Würmlas Wände«

Mit »Würmlas Wände«, ihrer Abschlussarbeit an der Angewandten, erzählen Katharina C. Herzog und David Leitner Alltags- und Lebensgeschichten der Landbevölkerung auf Silos, Stadeln und Stallwänden. Über Kunst am Land, Offenheit und den derart entstandenen Wanderweg.

Alle Arbeiten sind Schwarz-Weiß gehalten. Eine künstlerische Entscheidung nur für das Projekt oder arbeitest du immer so?

David: Die letzten zwei Jahre waren geprägt von Schwarz-Weiß. Das hat mehrere Gründe. Zum einen ist es beim Reisen am einfachsten: Schwarz und Weiß bekommt man überall und man muss nicht so viel mitschleppen. Darüber hinaus bewirkt diese Reduktion, das ich mich auf Komposition und Inhalt konzentriere. »Würmlas Wände« war das perfekte Projekt, um diese Phase noch einmal auszureizen. Die Zukunft bringt aber Farbe.

»Würmlas Wände« wurde vom Bürgermeister unterstützt, der sich auch um Förderungen für das Projekt gekümmert hat. Gemeinsam mit der Gemeinde habt ihr entlang der Wände einen Wanderweg angelegt. Habt ihr bzw. hat die Gemeinde definiert, ab wann »Würmlas Wände« als Erfolg erachtet wird?

Katharina: Würmla ist touristisch noch recht unbekannt, sodass jedeR BesucherIn mehr eine Erfolgsgeschichte für sich ist. Gerade in Zeiten von Corona entscheiden sich womöglich mehr ÖsterreicherInnen für Urlaub daheim. Ein Wanderausflug nach Würmla würde sich hier perfekt anbieten. Ordentlich Proviant und Freunde einpacken – und geht schon. Für mich persönlich ist das Projekt bereits ein Erfolg, weil ich sehe, dass sich im Ort etwas tut. So wollen zum Beispiel die Bauern in Würmla Infotafeln aufstellen, um die BesucherInnen über die Land- und Viehwirtschaft in Würmla aufzuklären. Anscheinend will auch der Burger-Wirt im Ortskern seine Gästezimmer herrichten lassen. Diese Motivation ist super. Das zeigt mir, dass die Leute neue Impulse annehmen und selbstständig weiterentwickeln.

Gebäude, die persönliche Geschichten erzählen: Die Motive für »Würmlas Wände« entstanden im Dialog mit deren BesitzerInnen. © Alexander Rauch, Samuel Traber

Dank »Würmlas Wände« ist eine kleine Gemeinde plötzlich in den Medien. Hat sich dadurch etwas verändert?

Katharina: Ich glaube, es ist noch zu früh, diese Frage zu beantworten. Vielleicht sollten wir hierzu in einem halben Jahr noch mal reden, wenn alle Gästezimmer beim Burger-Wirt wochenlang ausgebucht sind und wir ein Hotel in Würmla planen müssen, haha. Was ich aber sagen kann ist, dass sich die Würmlinger freuen, dass sich jemand für ihre Geschichten interessiert. Mit so viel positiver Resonanz hat Würmla nicht gerechnet.

Der Wanderweg führt durch die meisten, aber nicht durch alle Katastralgemeinden von Würmla. Ist das nicht etwas heikel?

David: Das ist ein Punkt, der uns auch gestört hat, sich aber nicht verhindern ließ. In den drei verbleibenden Ortschaften gab es leider keine geeigneten Wände, darüber hinaus ist uns der Winter in die Quere gekommen.

Gab es auch Reaktionen, die euch überrascht haben?

Katharina: Wir haben mit viel mehr Gegenwind gerechnet, vor allem von der Generation 60 plus. Aber Menschen aller Altersgruppen kommen auf uns zu und wollen unser Projekt unterstützen. Ein Fotograf ist an mich herangetreten und hat eigenständig eine Geocaching-Route für »Würmlas Wände« erstellt. Ein Filmteam, das normalerweise auf der ganzen Welt filmt, hat uns auch angeboten, das Projekt zu unterstützen.

Habt ihr Tipps für jemanden, der/die ein künstlerisches Projekt auf dem Land umsetzen möchte?

David: Einfach machen! Ich glaube, dass es nach wie vor viele Vorurteile zwischen Stadt und Land gibt, die sich in der Realität oft als falsch herausstellen. Diskurs ist der Schlüssel.

Katharina: Yesss.

Wie die BewohnerInnen Würmlas haben auch sie nicht mit derart viel positiver Resonanz gerechnet: David Leitner und Katharina C. Herzog. © Alexander Rauch, Samuel Traber

Bürgermeister Johannes Diemt betont auch, dass die Wanderwege »weitestgehend autofrei« sind. Ist Würmla selbst auch mit den Öffis erreichbar?

Katharina: Man benötigt mit dem Zug ca. 20 Minuten von Wien nach Tullnerfeld, vom Bahnhof sind es dann noch 15 Minuten mit dem Auto nach Würmla. Vereinzelt fahren auch Busse von Tullnerfeld nach Würmla. Am Land muss man aber etwas geduldiger sein, was die öffentlichen Verkehrsmittel anbelangt. Wir empfehlen Fahrgemeinschaften, das fördert auch den Austausch.

Letzte Frage: Wie wurde denn euer Projekt benotet?

Beide: 1+ 🙂

Nähere Informationen zu »Würmlas Wände« sind unter www.würmlaswände.at zu finden.

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