Wie kann Information einfach und respektvoll vermittelt werden in Notunterkünften? Das haben sich die Gestaltenden vom Buero Bauer gefragt und ein Zeichensystem entwickelt. Wir haben uns das mal angeschaut.
Bei den Icons verwendet ihr auch arabische Zeichen, beispielsweise den Halbmond für medizinische Versorgung. Woher habt ihr die Informationen?
Erste Informationsquelle sind Kontaktpersonen in den betroffen Ländern. Wir wissen aus Recherchen, welche Darstellungen von Information in den jeweiligen Ländern üblich und verständlich sind. Medizinische Hilfe wird in der arabischen Welt vorrangig über den Halbmond repräsentiert, in einigen Fällen auch gemeinsam mit dem Roten Kreuz. Diese Kombination finden wir nicht nur verständlich, sondern ein klares Zeichen für das Miteinander und den gegenseitigen Respekt. Natürlich stehen wir mit sämtlichen NGOs und Dolmetscher_innen ständig in Kontakt. Wir helfen unter anderem auch privat in diversen Flüchtlingsunterkünften und tauschen uns direkt vor Ort mit den Flüchtenden aus. So sind wir ständig up to date und generieren Wissen, welches direkt in unsere Arbeit einfließt.
Der Arzt ist bei den Icons männlich, die Frau kümmert sich um die Kinder, beim Icon der Frau versucht ihr es mit traditionellem Kopftuch darzustellen: Bedient ihr damit nicht Stereotype? Wäre ein geschlechtsneutrales Icon besser?
Auch der Mann kann sich selbstverständlich um die Kinder kümmern, dieses Zeichen ist in der First Aid Kit Sammlung ebenfalls enthalten. In der Vorderen Zollamtsstaße kam unser System das erste Mal zum Einsatz. In dieser Flüchtlingsunterkunft gab es nur eine einzige Dusche und diese sollte in erster Linie Frauen und Kindern zu Verfügung stehen. Also haben wir dieses Piktogramm entwickelt und in der Unterkunft mit einer Dusche ergänzt. Kombiniert mit einem Bett seht dieses Icon mittlerweile auch für einen gesonderten Frau-Kind-Bereich, in denen Männern keinen Zutritt haben.
Genau der Gedanke, Stereotype nicht zu reproduzieren, sondern offene Lesarten zuzulassen, war Ausgangspunkt für unsere Darstellung einer Frau. Das Zeichen mit den langen Haaren kann zugleich als Kopftuch gelesen werden. Damit fühlen sich Frauen mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund gleichermassen angesprochen und akzeptiert.
Übrigens wissen wir aus Erfahrung, dass die Flüchtenden sich über solche Details in erster Instanz kaum Gedanken machen – sie sind froh, sicher und versorgt zu sein. Wir finden es natürlich trotzdem wichtig, Gleichberechtigung und Toleranz in unserem Zeichensystem zu leben.
Ihr bezeichnet euch als interdisziplinäres Designbüro. Was bedeutet das?
Wenn eine Fragestellung an uns herangetragen wird, diskutieren wir sie gemeinsam. Sehr rasch finden sich dann die passenden Teammitglieder für die jeweilige Aufgabe. In diesem Projekt etwa waren Analysefähigkeit, soziale Intelligenz, Erfahrung mit Sprache und Umgang mit Räumen gefragt. Für unseren begleitenden Fragebogen brauchte es auch Know-How zum Sammeln und Aufbereiten von Daten und Ideen für die spätere Verwendung. Dieses Know-How haben wir zum Teil im Team, wir kooperieren aber auch mit Soziolog_innen und Psycholog_innen der Universität Wien.
Wie groß ist euer Team?
Unser Team besteht derzeit aus 16 engagierten Gestalter_innen.
Mehr Infos und Bilder zum First Aid Kit des Buero Bauer gibt es hier.