Der WurstvomHundBall verbindet zum dritten Mal Glamour, Glanz und Gegendemo in Linz

Nach zwei fulminanten Auftaktveranstaltungen in den Jahren 2016 und 2017 und einer gelungenen Irritation der Linzer Ballszene, geht der sogenannte „WurstvomHundBall“ nun in die dritte Runde. Am 3. Februar 2018 wird in der Stadtwerkstatt in Linz auch heuer wieder Spektakuläres geboten.

© (c) Florian Voggeneder

Der WurstvomHundBall lädt zum Fest und lässt sich bei der Abendgestaltung nicht lumpen: Neben einem bunten Line-Up von MusikerInnen wie Pænda, Yasmo & die Klangkantine, Eugenes Electric Trashmachine, Jakob Bouchal und dem Yung Tentiks DJ-Team sorgt ein abgerundetes Rahmenprogramm für glamouröse Zerstreuung. Sektempfang, Mitternachtseinlage, Golden Shower, Beauty Salon – durch das dichte Abendprogramm führt wie bereits 2016 die Schriftstellerin, freischaffende Kulturjournalistin und selbsternannte Bundespräsidentin der Republik Österreich, Dominika Meindl.

(c) Florian Voggeneder

Was nach origineller Bespaßung im Glitzergewand klingt, fußt tatsächlich auf einem gar nicht so spaßigen Thema: Der Rechtsruck in Österreich, beschirmt von alljährlichen Veranstaltungen, die Rassismus und Sexismus salonfähig machen. Allen voran der Linzer Burschenbundball, der seit 1954 im Palais Kaufmännischen Verein veranstaltet wird und unter dem Ehrenschutz des Oberösterreichischen Landeshauptmannes steht. Maßgeblich mitorganisiert wird der Ball von der Burschenschaft Arminia Czernowitz, welche vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) innerhalb der Burschenschaften dem extrem rechten Flügel zugeordnet wird. Eröffnet wird der selbstbetitelte „farbenfrohe Traditionsball“ jährlich von niemand geringerem als dem Rektor der Johannes Kepler Universität Linz bzw. einem Vertreter dieser.

Dieser Ball ist es auch, der für das OrganisatorInnen-Team, bestehend aus einer Kooperation zwischen Stadtwerkstatt Linz, Backlab, KAPU, qujOchÖ, Cine Traktoris und Solaris, letztlich den Anstoß gab, ein Gegenprogramm auf die Beine zu stellen, das ein starkes Zeichen gegen Angst und Hetze und für Diversität und Toleranz setzt. Rund 50 ehrenamtliche MitarbeiterInnen sind im Einsatz, um allen BesucherInnen eine rauschende Ballnacht abseits von Ressentiments und elitärem Männerbündlertum zu ermöglichen. Die Erlöse gehen an den Verein SOS-Menschenrechte.

Aufgerufen wird von den OrganisatorInnen außerdem dazu, vor Beginn gemeinsam im SCHÖNEN BLOCK auf die Straße zu gehen und sich der Demonstration anzuschließen. Bereits in den letzten zwei Jahren bot der WurstvomHundBall den perfekten Abschluss für viele DemonstrationsteilnehmerInnen, wurden diese schließlich bereits in der Vergangenheit vom Demonstrationszug direkt vor den roten Teppich der Stadtwerkstatt gespült.

 

Wir haben mit dem Ballkomittee über die diesjährigen Herausforderungen, Motivation und Demotivation unter der Schwarz-Blauen (Landes-)Regierung, und über die Prognose für die kommenden 5 Jahre gesprochen.

Seit 2015 ist in Oberösterreich nun Schwarz-Blau an der Macht, bei den letzten Gemeinderatswahlen in Linz schaffte es die FPÖ auf Platz zwei. Wie empfindet ihr das soziale Klima in Linz seitdem?

Der Ton ist deutlich rauer geworden. Gegen Andersdenkende und Andersaussehende, gegen Arme und Obdachlose, gegen BettlerInnen und Randgruppen wird gehetzt, nicht nur von Schwarz und Blau, auch immer wieder von der SPÖ. Und von einem guten Teil der Medien sowieso, die weiter Öl ins Feuer gießen und entweder absichtlich oder unreflektiert die asozialen Botschaften und Frames verbreiten.

Wir sind mitten drin im Rechtsschwung und Schwarz-Blau auch noch auf Bundesebene wird das alles ja nochmal verstärken. Es wird wohl leider noch dauern, bis sich das Pendel wieder zurückbewegt. Aber dafür kämpfen wir.

Der WurstvomHundBall wird durch einige Kollektive unterstützt, die staatliche Förderungen erhalten. Mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen in der Linzer Kunst- und Kulturszene (Stichwort Kürzungen des Kulturbudgets des Landes Oberösterreich) – steht ihr heuer (im Vergleich zu 2016/2017) vor größeren organisatorischen oder finanziellen Hürden?

Dieser Kahlschlag bei den Kulturförderungen wird sicher Auswirkungen auf uns alle haben. Der Ball selbst trägt sich aber zu 100% durch die Eintritte selbst, da das Organisationsteam zu 100% ehrenamtlich arbeitet und uns auch viele KünstlerInnen mit den Gagen entgegenkommen. Den Ball gibt es trotz und nicht wegen des aktuellen Zustands der Kulturpolitik.

Der Burschenbundball wird traditionell vom Rektor oder einem Vertreter der Johannes Kepler Universität Linz eröffnet. Konntet ihr der Universität bisher ein diesbezügliches Statement abringen? Hat man sich seitens des Rektorats dazu in irgendeiner Form geäußert?

Bei der JKU haben wir eigentlich keine Hoffnung, dass sich da was ändert. Da ist klar, wo der Rektor Meinhard Lukas politisch steht. Letztes Jahr haben wir daher den Vizerektor der Kunstuniversität als Schirmherr des Balles gewinnen können, was uns sehr gefreut hat. Und heuer haben wir den Rektor selbst gebeten, Reinhard Kannonier, die Schirmherrschaft zu übernehmen.

Die Erlöse gehen allesamt an den Linzer Verein SOS-Menschenrechte Österreich. Nach welchen Kriterien habt ihr die Organisation, die unterstützt wird, ausgewählt?

Als der erste WurstvomHundball stattfand, hatte SOS Menschenrechte gerade ein riesiges Crowdfunding Projekt namens “Dach über den Kopf” gestartet. Denn ihre Zentrale in der Rudolfstraße, das als Wohnheim für erwachsene und minderjährige Geflüchtete dient, war unglaublich desolat und renovierungsbedürftig. Und weil sich sowohl die rote Stadt Linz als Eigentümerin als auch das schwarzblaue Land OÖ weigerten, die Sanierung zu finanzieren, mussten sie knapp eine Million € auftreiben. Und da wollten wir einen Beitrag leisten.

Das Projekt läuft recht gut, und wir haben uns in den letzten Jahren sehr gut kennen und schätzen gelernt. Es arbeiten auch immer wieder Klienten von SOS Menschenrechte beim Ball selbst mit. Daher haben wir beschlossen, auch heuer wieder die Reinerlöse an sie zu spenden.

Auch in Wien gibt es Gegenveranstaltungen zum Akademikerball, bis 2016 fand jährlich der WTF?-Ball statt, seit letztem Jahr wird der Good-Ball als Alternative veranstaltet. Befindet ihr euch mit den Wiener OrganisatorInnen in einem Austausch oder in Kooperation?

Der WTF?-Ball wurde genauso wie der WurstvomHundBall von Leuten aus dem KünstlerInnenkollektiv Backlab initiiert, auch wenn bei beiden heute eine Vielzahl an anderen Kollektiven und Leuten beteiligt sind. Unsere Ballerfahrungen gehen sogar noch weiter zurück: Wir haben Anfang der 2000er im tiefsten Mühlviertel die Zwischenstrombälle veranstaltet, die dem einen oder der anderen vielleicht noch ein Begriff sind.

Alle guten Dinge sind bekanntlich drei – was habt ihr nach 2 Jahren WurstvomHundBall gelernt? Was wird heuer definitiv anders und vielleicht sogar besser? Wo seht ihr Optimierungsbedarf?

Die Organisation ist schon recht gut eingespielt, die Challenge ist natürlich von Jahr zu Jahr was Neues zu bieten. Und was herausfordernd ist: Wir sind überlaufen. Letztes Jahr haben wir in der Stadtwerkstatt um halb 11 die Kassa zusperren müssen und wohl einige hundert Leute heimschicken müssen, weil wir ausverkauft waren. Wir müssen also entweder die Stadtwerkstatt ausbauen oder eine größere Location finden 😉

(c) Florian Voggeneder

Uns stehen (im Worst-Case-Szenario) nun knappe 5 Jahre Schwarz-Blau bevor. Dass es Events wie den WurstvomHundBall noch länger geben wird und muss ist somit naheliegend. Wenn ihr euch alles wünschen könntet – was ist eure Idealvorstellung der nächsten 5 Jahre WurstvomHundBall? Wie soll dieser 2022 aussehen?

Der Abend selbst ist großartig, enthusiastisch und schrill, aber auch wieder schnell vorbei. Genau so schön sind aber die Wochen und Monate davor, in denen sich dutzende Menschen und Kollektive regelmäßig treffen, um das Ding zu organisieren. Das macht Spaß und zeigt, dass es eine sehr starke Solidarität und politisches Bewusstsein unter den Kulturschaffenden gibt. Wir hoffen, dass wir uns das trotz aller Routine und Professionalisierung erhalten können. Und wir wünschen uns mehr Medienöffentlichkeit und Bewusstsein: Unser Ziel war von Anfang an, dem anderen Ball die Aufmerksamkeit zu stehlen. Man muss der hetzerischen Politik die Scheinwerfer wegnehmen, und die Bühne gleich dazu. Die Anlage natürlich auch, wir habe ja die bessere Musik. Und nachdem ja bereits unsere BesucherInnenzahlen höher liegen, sind wir da wohl auf einem guten Weg.

Oh, und über einen Besuch von und Austausch mit Gery Keszler würden wir uns natürlich auch freuen.

Der WurstvomHundBall findet am Samstag, den 3. Februar 2018, in der Stadtwerkstatt in Linz statt. Für Tickets und nähere Informationen klickt hier.

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