15 Jahre Fluc: Die Wunderkammer und der Grind

Peter Nachtnebel, Fluc-Musikverantwortlicher, im Interview über utopische Vorstellungen, die Wiener Clublandschaft und die Problemzone Praterstern.

Ist es das Einzige, was man als Lokalbetreiber in so einer Situation machen kann, die Securitys aufzustocken?

Nein, eine gute Sache ist tatsächlich das Bezahlsystem. Seitdem wir auch oben im Fluc Eintritte verlangen, die schon mal jenseits der 10 Euro liegen können, kommt automatisch ein bestimmtes Problempublikum gar nicht mehr. Wir hatten auch seit Monaten keinen Taschendiebstahl mehr im Lokal. Eine andere Lösung wären noch Kameras, aber das will kein Club. Also bleibt nur die Security-Lösung übrig. Wir haben aber sehr nette Securitys. Viele kommen aus dem Sozialbereich oder auch dem Antifa-Eck und machen das aus Überzeugung. Linke Sheriffs, wenn man so will.

Hat es auch im Lokal Probleme mit sexueller Belästigung gegeben?

Ja, hat es. Deshalb haben wir auch so eine Initiative gestartet vor eineinhalb Jahren. Im ganzen Lokal hängen Poster, auf denen steht, dass wir jede Form von sexueller Belästigung, Homophobie und so weiter ablehnen und dass sich Leute, denen so etwas im Lokal widerfährt, – egal ob männlich oder weiblich – sofort beim Security melden sollen. Der Übeltäter wird dann rausgeworfen. Eine Maßnahme, die auch sehr gut funktioniert hat.

Wie verträgt sich das nachvollziehbar strenge Durchgreifen der Securitys mit dem Konzept des offenen Ortes?

Es ist ja wirklich alles so kompliziert, mit der Freiheit. (seufzt) Da gibt es einen Ort, der will eigentlich ein freier Raum sein. Damit dieser Ort als freier Raum bestehen kann, muss er aber eine Burg sein, und irgendwie sieht das Fluc mittlerweile wie eine Festung aus. Du willst dich Leuten, egal welcher Hautfarbe, sozialen Klasse, sexuellen Orientierung öffnen. Der Nebeneffekt ist, dass Leute diesen liberalen Geist verkennen oder ausnutzen. Es kommen immer wieder Idioten ins Fluc, die den Ort, den Spirit, die Philosophie dahinter nicht kapieren und ihr Ego rücksichtslos ausleben. Das führt dazu, dass wir politically correct Regeln aufstellen mussten und auch punktuell Leute abweisen müssen. Das war eigentlich nie unser Ziel, wir wollten ja die Party für alle.

War das eine zu utopische Vorstellung?

Ja.

Ernüchtert?

Auf jeden Fall, oder sagen wir mal so: Es hat sicher auch etwas mit der Zeit zu tun. Im Wien des Jahres 1996 wäre das wahrscheinlich noch relativ problemlos gegangen – vielleicht sogar am Praterstern. Aber mit den ganzen sozialen Konflikten, die wir mittlerweile haben, ist das an so einem Ort sehr, sehr schwierig geworden.

Fluc © Alexandra Berlinger

Noch zu etwas anderem: Ist Wien eine clubfreundliche Stadt?

Definitiv nicht. In der Wirtschaftskammer und der zuständigen Gastrobehörde wird unsere Situation nicht wirklich wahrgenommen. Es hat immer wieder Versuche gegeben, mit dem Tourismusverband darüber zu reden, wie man Wien mehr als Ausgeh- und Clubkulturstadt positionieren kann. Aber da hat es eine eindeutige Absage gegeben, im Sinne von: Nein, das wollen wir nicht, weil wir sind Sissi und Lipizzaner, und die Leute kommen wegen Sissi und Lippizaner und Sachertorte. Die Unique Selling Proposition für Clubkultur hat Berlin. Das sollen also die deutschen Kollegen machen, das ist nicht unser Kaffee. Aktuell gründet sich eine neue Interessensgemeinschaft, die die Anliegen der Wiener Clubszene, vorbringen möchte. Ich bin gespannt.

Gibt es Signale seitens der Politik, die auf eine Besserung hindeuten?

Es wurde jetzt zumindest einmal die Vergnügungssteuer erlassen, was schon in Ordnung ist. Dennoch müssten sie uns noch viel mehr entgegenkommen, damit es leichter wird, seine Ideen umzusetzen. Für kurze Zeit gab es sogar einen Clubbeauftragten der Stadt als Schnittstelle zwischen den Clubs und der MA7 (Kulturabteilung; Anm. d. Red.) wie etwa auch in Berlin – wo man erkannt hat, dass das ein Geldbringer ist, ein Wirtschaftsfaktor, der auch Arbeitsplätze schafft und eigentlich gefördert gehört. Aber leider hat das nur ein paar Monate gedauert.

Die Jubiläumsfeierlichkeiten rund um 15 Jahre Fluc dauern noch bis inklusive 1. Mai 2017 an. Zum mehr als leistbaren Tagespreis von 5 Euro gibt’s Konzerte, DJs und Visuals – unter anderem von und mit Franz Fuexe, Quehenberger/Kern, Hearts Hearts, Pop:sch, Femme DMC, Clashinistas und Matthäus Bär.

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