Die Inszenierung folgt der Musik – 20 Jahre Dope Noir Records

Ein Gespräch mit Dope-Noir-Labelchef Klaus Waldeck über Wandlungs­fähigkeit, Sketches am Handy, Platt­formen und Fokussierung.

© Ditz Fejer

Für ein Independent Label sind 20 Jahre eine ganze schön lange Zeit. Da kommt’s neben der Kreativität auch auf Durchhalte­vermögen und Wandlungs­fähigkeit an. Gegründet 2001, am Höhepunkt des weltweit erfolgreichen Wiener Lounge-Hypes, setzt Klaus Waldeck mit Dope Noir seine musikalischen Ideen vollkommen unabhängig von großen Plattenfirmen um. Durch den starken Wandel der Branche sind mittlerweile die Digital­plattformen – von Spotify über Soundcloud bis hin zu Apple Music – zur großen Heraus­forderung geworden, erklärt er: »Als Künstler musst du dich den unter­schiedlichen Regeln der einzelnen Plattformen unterwerfen. Und wenn du mit einem neuen Release eine andere Richtung einschlägst, ist die Gefahr groß, dass du bei den Playlists unberück­sichtigt bleibst.«

Die vielen Gesichter des Klaus Waldeck

Die Label-History von Dope Noir und dessen musikalische Inszenierung sind extrem abwechslungs­reich. Bei genauer Betrachtung fallen vier Dinge auf: Gab es anfangs noch Veröffentlichungen von Künstlern wie Chin Chillaz, Mani Montana oder King Cannabis, reduzierte Waldeck die Release-Palette im Laufe der Jahre auf seine eigenen musikalischen Aktivitäten. Dope Noir wurde zum Produktions­labor für Waldeck-Projekte wie Saint Privat oder das Waldeck Sextet.

Womit wir beim zweiten Punkt wären: Waldecks musikalische Wandlungs­fähigkeit – sie reicht von Dub über Electro-Swing bis hin zu Jazz und Bossa nova. Die düsteren Produktionen der Anfangs­jahre (streng genommen noch aus der Zeit vor der Label­gründung) haben mit dem leichtfüßigen Waldeck der späten Nullerjahre und den aktuellen Releases wenig gemeinsam. »Bei meinen frühen Produktionen ging es darum, ein minima­listisches Thema, eine kleine Melodie, maximal auszubauen und mit Sound­effekten anzureichern. Diese Arbeits­weise hat mit Dub bestens harmoniert«, erklärt Klaus Waldeck.

Klaus Waldeck als Soul Goodman (Foto: Claudio Farkasch)

Heute nimmt er viele musikalische Sketches mit dem Smartphone auf. Im Studio werden die Aufnahmen dann weiter­entwickelt oder verworfen. Punkt drei: Waldeck hat großen Spaß daran, sich immer wieder neu zu erfinden und auch neu zu inszenieren: »Im Laufe der Jahre habe ich mein musikalisches Spektrum natürlich erweitert. Am Anfang steht immer ein neuer Musikstil, dem dann eine gewisse Kunstfigur folgt, aus der sich dann wiederum eine gewisse Inszenierung ergibt.«

Und, last but not least: Waldeck hält nichts (mehr) von Remixes, er tritt auch nicht als Remixer in Erscheinung. Er konzentriert sich voll­kommen auf seine eigenen Projekte, weshalb Remix-Aufträge diesen Fokus nur stören würden. Das ist insofern interessant, weil andere österreichische Produzent*innen und Weg­begleiter*innen wie Tosca das Remixen zu einem zentralen Element ihrer Releases gemacht haben.

Das Jubiäumsjahr

Eigentlich wäre das Jubiläum von Dope Noir Records schon 2021 gewesen, doch es hat nicht sollen sein. Die beiden für November des Vorjahres geplanten Konzerte fanden gerade noch vor dem Lockdown statt, die Rahmen­bedingungen waren aber alles anderes als optimal. Wenig überraschend also, dass Waldeck das Jubiläum seines Babys in der frühsommerlichen Pandemie­pause 2022 ordentlich nachfeiert: So sind für Anfang Juni zwei Konzert­abende hinter­einander im Wiener Porgy & Bess geplant. Unter dem Arbeitstitel »Der Mann mit den vielen Gesichtern« tritt Waldeck mit seinen verschiedenen Projekten auf: Saint Privat, Waldeck Sextet, Soul Goodman und – erstmals live – Belle & Pop. Die legendären Wohnzimmer­auftritte, bei denen der Künstler und seine Sängerin hinter einem halb­durch­sichtigen Vorhang auf einem Sofa gesessen sind und performt haben, sind aber vorbei. Stattdessen kann man Waldeck mittlerweile mit Band und Sängerin Patrizia Ferrara im eleganten Outfit der 1920er-Jahre erleben.

Natürlich gibt es auch eine Dope-Noir-Jubiläums­compilation, die als Doppel-CD erschienen ist. Es handelt sich dabei aber nicht um ein klassisches Best-of, das einfach alle Schaffensphasen abdeckt. Viele der 32 Songs wurden speziell für die Veröffent­lichung neu arrangiert. Außerdem sind drei neue Lieder von Saint Privat, quasi als Teaser für das gerade in Produktion befindliche neue Album, enthalten. Für Liebhaber*innen analoger Tonträger gibt es eine auf 200 Stück limitierte Vinylreihe bestehend aus fünf einzelnen Veröffent­lichungen, die im Monatsrhythmus zwischen Februar und Juni 2022 veröffentlicht wurden bzw. noch werden. Danach folgt noch eine luxuriöse Vinylbox mit allen fünf Releases in einer Auflage von 300 Stück.

»Waldeck Presents: 20 Years Dope Noir«

»Waldeck Presents: 20 Years Dope Noir« ist bei Dope Noir Records erschienen. Die beiden Konzert­abende anlässlich des Label­jubiläums finden am 3. und 4. Juni im Porgy & Bess statt.

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