5 Fragen an Lisa Heuschober & Michael Schmied, die FestivalleiterInnen von This Human World

Dass Film und Aktivismus zusammengehören, beweist das Festival This Human World schon seit Jahren. Wir haben die beiden FestivalleiterInnen gefragt, welche Schwerpunkte sie beim Streaming-Programm gelegt haben und wie sich die politische Ausrichtung eines Filmfestivals in einem Krisenjahr verändert.

© Lorenz Zenleser

This Human World ist ein aktivistisches Filmfestival. Wie übersetzt ihr diese politische Ausrichtung in ein Online-Festival?

Wir sehen das This Human World nicht per se als aktivistisches Filmfestival. Uns ist es wichtig, aktivistischen Stimmen eine Plattform zu geben – gemeinsam und im Austausch mit ExpertInnen, NGO-MitarbeiterInnen, KünstlerInnen, Film- und Kulturschaffenden und einem diversen Publikum. Die Teilnahme an einem Diskurs im Kontext der Menschenrechte, Sichtbarkeiten zu schaffen und Diskussionsrahmen zu spannen – das sehen wir als Aufgabe von This Human World und im Rahmen des Möglichen für ein Filmfestival. Auch als Online-Version will und muss This Human World genau diesen Aufgaben nachkommen. Vorübergehend wird dieser diskursive Ort, der nicht für Personen agieren, sondern mit ihnen interagieren will, jedoch nur über die Distanz erschließbar sein.

In der Reihe »Habitat« werden Filme gezeigt, die die Veränderung menschlicher Lebensräume beleuchten. In welche Richtungen werden diese Themen diskutiert?

Die Filme widmen sich Umweltpolitik, der Ausbeutung natürlicher Ressourcen, der Verdrängung verschiedener Gesellschaftsgruppen und der Aneignung von Lebensraum aufgrund wirtschaftlicher Motive. »Habitat« betrachtet Lebensraum als ein Konstrukt, das im ständigen Wandel ist und zeigt an fünf verschiedenen Orten und in unterschiedlichen Kontexten, welche Probleme damit einhergehen, wenn dieser Wandel nicht auf der Selbstbestimmung der BewohnerInnen basiert.

Der Festivaltrailer des kosovarischen Künstlers Leart Rama spielt an der Schnittstelle von menschlichen Emotionen und Grundrechten. Wie hat sich eure filmische Sicht auf Gefühle und Grundrechte in diesem Krisenjahr geändert?

Vor allem in diesem Jahr sind viele Orte der Begegnung weggefallen, konnten Emotionen oft nicht oder nur mit weniger Personen geteilt werden. Unsere Sicht auf die Überlappung von menschlicher Emotion und Grundrechten hat sich nicht geändert, jedoch haben wir gemerkt, wie essenziell Plattformen sind, die Raum für Emotion geben, und wie schwer es ist, wenn diese wegfallen.

Emotionen spielen bei This Human World immer eine tragende Rolle:  Uns ist es wichtig, ein Festival zu gestalten, das nicht über eine abstrakte Ferne spricht, sondern immer auch Platz ist, Gefühle im Hier und Jetzt zu verorten und sich auszutauschen; der eine Möglichkeit bietet, Erfahrungen und Erlebtes zu teilen und Film dafür als Ausgangspunkt sieht. Wir wollen einerseits verschiedene Emotionen bei unserem Publikum erwecken, andererseits weder überfordern, noch uns Gefühle aneignen, die nicht unsere sind. 

Die diesjährige Streaming-Variante heißt »This Human World – Outlines«. Was impliziert dieser Namenszusatz?

Der Namenszusatz soll ein Hinweis darauf sein, dass sich die diesjährige Ausgabe des Festivals klar von den anderen Ausgaben unterscheidet; dass sich das 13. This Human World  nicht so einfach in die vorangegangenen Festivals einreihen lässt. This Human World 2020 wurde ursprünglich als Kinofestival geplant und unser Programm auch dahingehend konzipiert. Schlussendlich wird das Programm nur online stattfinden können und davon leider auch nur ein Ausschnitt. Um darauf hinzuweisen, dass Stücke dieses Programmes fehlen, haben wir uns für das Wort »outlines« – Umrisse – entschieden. Auch was den Austausch mit Filmschaffenden, ExpertInnen und dem Publikum betrifft, können wir nicht dieselben Möglichkeiten auf Austausch und Vernetzung bieten. Das Festivalprogramm bleibt also in seiner Grundform bestehen – von wichtigen Nuancen daraus mussten wir uns jedoch leider verabschieden.

»A Black Jesus« ist eine moderne Parabel, die im sizilianischen Dorf Siculiana spielt, und einer der Filme aus ihrem diesjährigen Festivalprogramm, die die beiden DirektorInnen von This Human World unbedingt empfehlen. © This Human World

So bleibt dieses Jahr ein Umriss dessen zurück, was wir für unser Publikum gestalten wollten. Wir glauben, dass diese Version im aktuellen Kontext trotzdem das erfüllen kann, wofür this human world steht, hoffend, dass die »Outlines«-Ausgabe eine Abweichung bleibt.  Wir freuen uns darauf, in Zukunft wieder this human world mit allen wichtigen Versatzstücken, Details, Nieschen und Feinheiten präsentieren zu können.

Welche Highlights aus dem Programm sollten im eigenen Heimkino unbedingt gestreamt werden? 

»The Earth Is Blue As An Orange«, »A Black Jesus«, »Las mil y una«, »Panquiaco«, »The House Of Love«, und »Bring Down The Walls«.

»This Human World – Outlines« findet von 3. bis 13. Dezember online statt. Tickets könnt ihr hier kaufen. Und alle Infos zu den laufenden Filmen findet ihr hier.

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