„Logan Lucky“: Der Soderbergh-Touch im Redneck-Krimi

Steven Soderbergh hat nach vier Jahren wieder einen neuen Film am Start. „Logan Lucky“ trägt die unverkennbare Handschrift des Regisseurs.

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© Bleecker Street/Fingerprint Releasing

Im Zeitalter der Streamingportale und der illegalen Downloads, des Ich-häng-mal-schnell-meine-Externe-an und des Ich-nehm-dir-was-auf-USB-Stick-mit – kurz, wenn die entscheidende Frage nicht „was will ich?“, sondern „was ist vorhanden?“ lautet – ist es nicht unüblich, Spielfilme zu sehen, ohne zu wissen, wer sie denn eigentlich gemacht hat. Man muss kein Hobby-Cineast sein, um dabei die erstaunlichsten Dé­jà-vus zu erleben. Interessant wird das vor allem, wenn bekannte Regisseure außerhalb ihres Reviers wildern. Man sieht sich etwa eine Folge „House of Cards“ an und fühlt sich plötzlich an „Fight Club“ erinnert, oder denkt bei einem Streifen über mordende Bodybuilder unwillkürlich an den letzten „Transformers“-Blockbuster. Geht es um die Kombination aus Projektvielfalt und unverkennbarer Handschrift, haben aber weder Fincher noch Bay (diese beiden in einem Satz zu nennen: das reinste Guilty Pleasure) die Nase vorne, sondern ein Filmemacher, der dem Kino eigentlich den Rücken kehren wollte und nun mit „Logan Lucky“ seinen ersten Abendfüller seit 2013 vorlegt: Steven Soderbergh.

Rein thematisch erinnert die Krimikomödie sofort an Soderberghs “Ocean’s“-Reihe: Ein sympathischer Feschak (hier Channing Tatum statt George Clooney), mit dem es das Schicksal in jüngster Vergangenheit nicht ganz so gut gemeint hat, stellt ein Team zusammen, um einen aberwitzigen Coup durchzuziehen. Ziel des geplanten Raubzugs ist eine uneinnehmbare Festung (hier kein Casino, sondern eine Autorennbahn); und eine starke persönliche Komponente spielt bei der Gaunerei auch noch mit (eine Liebes- statt einer Familiengeschichte). Auf der Handlungsebene war es das aber auch schon mit den Parallelen. Die wirklich auffälligen Ähnlichkeiten zwischen „Ocean’s Eleven“ und seiner vermeintlichen Redneck-Version sind auf Soderberghs Filmsprache zurückzuführen.

Gegenschnitt

Am deutlichsten zeigt sich das im Schnitt-Gegenschnitt- (oder Schuss-Gegenschuss-)Schema des Regisseurs. Im Film-Biz hat es sich als Standard durchgesetzt, während eines Dialogs den Sprechenden ins Bild zu rücken. Wechselt das Wortrecht, ändert sich auch die Perspektive. Anders gesagt, der Fokus liegt prinzipiell immer auf der Person, die spricht. Nicht so bei Soderbergh, der den zu erwartenden Gegenschnitt oftmals ausfallen lässt. Statt des Wortführenden bekommen wir so sein Gegenüber zu sehen und können die Reaktion auf das Gesagte von dessen Gesicht ablesen. Der Hauptaugenmerk liegt nicht länger auf dem Wechselspiel der Charaktere, sondern auf einer einzelnen Figur.

So etwa auch bei Magic Mike:

Montage

Während Soderbergh in dieser Hinsicht gerne mit den gängigen Filmkonventionen bricht, lebt er eine andere in überspitzter Form aus. Montage heißt das Zauberwort. Mit einem einzigen Schnitt überwindet das Geschehen im Film unbegrenzte räumliche und zeitliche Distanzen, wird dem Publikum aber als durchgehende Sequenz präsentiert. In Krimi-Komödien kommt diese Technik mit Vorliebe in jenen Szenen zum Einsatz, in denen mögliche Ziele observiert, Strategien besprochen und Pläne aufgestellt werden. So weit wie beispielsweise ein Guy Ritchie treibt es Steven Soderbergh mit seinen Montagen nicht. Die Sprünge stechen aber vor allem dadurch ins Auge, dass sich im Rest des Films verhältnismäßig lange Einstellungen (wie etwa beim fehlenden Gegenschnitt) häufen.

Klassisches Beispiel, Oceans 11:

Lichtfilter

Auch an der Beleuchtung tüftelt Soderbergh in all seinen Filmen. „Traffic“ (2000), für den der Filmemacher mit dem Regie-Oscar ausgezeichnet wurde, war durch den Einsatz von Lichtfiltern beziehungsweise den völligen Verzicht auf künstliches Licht, in drei visuell voneinander abgegrenzte Handlungsstränge unterteilt. So krass geht Soderbergh in „Logan Lucky“ zwar nicht vor, es reicht jedoch ein Blick auf die kurze Gerichtssaalszene im Film, um die Handschrift des Regisseurs zu erkennen. Schon allein mit seiner Beleuchtung fängt Steven Soderbergh den staubtrockenen Mief der Bürokratie ein wie kein Zweiter. „Erin Brockovich“ und Co. Lassen grüßen.

„Logan Lucky“ startet am 15. September 2017 in den österreichischen Kinos.

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