Amy Macdonald gastiert am Sonntag mit ihren größten Hits im Gasometer in Wien. Im Interview erzählt die sympathische Schottin über ihre Karriere, die ungerechten Seiten von Streaming, ihre Enttäuschung bezüglich des Brexits und ihre besondere Beziehung zu den Fans im deutschsprachigen Raum.
Du bist zurzeit auf Tour mit deiner ersten karriereumfassenden Songsammlung. Was hat dich dazu bewogen, gerade jetzt zurückzublicken?
Diese Branche ist so schnelllebig und ständig ändert sich alles, sodass vieles in Vergessenheit gerät. Ich halte es für wichtig, manchmal anzuhalten und die Dinge zu würdigen, die einem passiert sind. Es ist zwölf Jahre her, seit ich mein erstes Album veröffentlicht habe, und damals wusste ich noch nicht, was mich alles erwarten würde. Ich dachte definitiv nicht, dass ich ein Jahrzehnt später immer noch auf Tour gehe und so viele Fans haben werde, die mich unterstützen. Eigentlich war das der wahre Anlass. Kein großer Plan, nur ein schöner Moment zum Feiern.
Wieso hast du entschieden, die Zusammenstellung nach dem Song »Woman Of The World« zu benennen?
Ich dachte, der Titel repräsentiert mich irgendwie. Ich bin zwar keine Frau, die zu feministischen Märschen oder dergleichen gehen würde, aber ich glaube fest an die Rechte der Frauen und daran, dass Frauen tun können, was sie wollen. Als ich anfing, war ich noch ein Teenager und ich musste allein zurechtkommen. Das ist für eine Frau oft schwieriger: Du wirst mehr nach deinem Aussehen beurteilt und danach, wie du dich kleidest – was nicht unbedingt passiert, wenn du ein Mann bist. Der Titel besagt also nur, dass ich stolz auf alles bin, was ich als Frau erreicht habe. Es war hart und es war eine verrückte Reise, die der Titel für mich perfekt zusammenfasst.
Einige Stücke auf der Zusammenstellung unterscheiden sich von ihren Originalversionen. War es nur, um Neues zu bieten und die Dinge ein bisschen bunter zu gestalten oder waren das bewusste Entscheidungen?
Das waren bewusste Entscheidungen. Wenn du an einem Album arbeitest, muss es einen Zeitpunkt geben, an dem du mit dem Schreiben aufhörst – sonst würdest du die Lieder immer weiter verändern wollen. Es gibt aber Stücke, die ich im Laufe der Jahre live anders zu spielen begonnen habe. Bei Konzerten musst du ja nichts so machen, wie das sonst der Fall ist. Bei einem Lied wie »Give It All Up« mag ich die Liveversion sogar lieber. Der Text scheint irgendwie durch und man spürt die Schönheit des Songs. Bei den großen Produktionen können manche Details verlorengehen.
Deine Karriere dauert nun schon mehr als ein Jahrzehnt. Wie meisterst du die ständigen Veränderungen in der Musikindustrie?
Die Branche ändert sich grundsätzlich jeden Tag. Jedes Mal, wenn ich ein Album veröffentliche, ist schon alles ganz anders. Es ist schwer, mitzuhalten. Streaming hat die legalen Downloads irgendwie besiegt, weil es für die Menschen leicht und billig ist zu streamen. Ich glaube aber, dass in diesem Bereich noch viel getan werden muss. Es erscheint mir beispielsweise ungerecht, dass Streams so für die Charts berücksichtigt werden, dass jeder einzelne Stream gerechnet wird. Ich habe immer mehr CDs verkauft, als ich Downloads oder Streamings hatte. Aber wenn du eine CD kaufst und sie einmal bezahlt hast, folgt dir niemand nach Hause, um zu zählen, wie oft du sie in deinem Auto anhörst oder wie oft du die einzelnen Lieder abspielst. Ich denke, dass es einen gerechteren Weg geben muss, um zu erfassen, wie Menschen Musik hören. Es ist auch nicht besonders fair gegenüber den Künstlern. Streaming-Anbieter zahlen nicht alle Tantiemen, so wie sie es sollten. Das kann schon einen bitteren Beigeschmack hinterlassen.
Streamen bedeutet aber natürlich auch, dass deine Musik mehr Menschen erreicht, so dass du geneigt bist zu denken, dass vielleicht mehr Leute zu deinen Shows kommen wollen. Bei all den guten Dingen, die es auch mit sich bringt, denke ich, es ist wichtig, dass die Zuhörer die Arbeit der Künstler weiterhin schätzen und nicht als selbstverständlich betrachten.
Du warst sehr jung als dein Debüt veröffentlicht wurde. Welche Auswirkungen hatte der große Erfolg auf dein Leben und wie bist du mit dem Druck umgegangen, was das darauffolgende Album anging?
Wenn du so einen gewaltigen Erfolg hast, ist der Druck von Anfang an da und man beobachtet jeden deiner Schritte. Manchmal kann das ein Fluch sein, denn du hast eine Reihe von Leuten, die dich scheitern sehen wollen. Das wird immer so sein. Von meinem zweiten Album wurden allerdings immer noch mehr als eine Million Exemplare verkauft, was gar nicht so schlecht ist (lächelt).
Aber das war schon ein enormer Druck – ich hab damals einfach versucht weiterzumachen. Ich bin immer sehr stolz auf alles, was ich veröffentlicht habe. Ich liebe diese Arbeiten wirklich. Das Lied »Don’t Tell Me That It’s Over« vom zweiten Album haben wir für die aktuelle Show mit Streichern überarbeitet. Und wenn ich es singe, merke ich einfach, was für ein toller Song es ist. Das Gleiche gilt für das Lied »Give It All Up«.
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