»Ich hätte meinen rechten Arm dafür gegeben« – Hozier im Interview

Der irische Sänger Andrew John Hozier-Byrne erzählt im Interview über die Lieder seines zweiten Studioalbums »Wasteland, Baby!«, über Sexualität und religiöse Konzepte in einigen der Texte, über seinen Podcast »Cry Power« und über seine gemischten Gefühle bezüglich der Zusammenarbeit mit Ballettstar Sergei Polunin.

© Rachael Wright

Die erste Single-Veröffentlichung deines aktuellen Albums war »Nina Cried Power«, eine sanfte Reflexion über weibliche Aktivistinnen aus der Perspektive eines männlichen Künstlers. Wie ist die Idee zum Song entstanden?

In der Umgebung, in der ich aufgewachsen bin, hatte ich das große Glück, wichtige weibliche Stimmen kennenzulernen. Somit waren meine ersten musikalischen Einflüsse Künstlerinnen wie Billie Holiday oder Nina Simone. Besonders Nina Simone hat mein Leben geprägt. Ich habe mich als Kind in ihre Stimme verliebt – sie war für mich immer eine Art mystische Gestalt.

Was den Song betrifft: Er entstand um 2016 herum, in einer seltsamen Zeit. Es gab damals eine Vielzahl von politischen und zivilen Diskursen auf Online-Plattformen, die sich wirklich oft schlimm und böswillig ausweiteten. Es war eine sehr feindliche Atmosphäre, in der sich die Sprache des Autoritarismus zurückmeldete. Es gab nicht sehr viele Songs in der Populärmusik, die sich damit beschäftigten. Wenn man aber einen Song über aktuelle politische Probleme schreibt, ist es wichtig zu entscheiden, ab wann man diese aufgreift. Für mich schien es sinnvoll, das Erbe von KünstlerInnen und AktivistInnen als Ausgangspunkt zu nehmen. Daraus ist die Idee zum Song entstanden.

Das Lied ist ein Duett mit der legendären Mavis Staples.

Ja, als sich das Lied dann weiterentwickelte, war Mavis einer der Namen im Text. Ich hätte schon immer meinen rechten Arm dafür gegeben, mit ihr arbeiten zu dürfen. Wir haben zuvor schon versucht, das zu verwirklichen, aber es hat irgendwie nie geklappt.

Mavis Staples und Hozier © Universal Music

Gab es einen Plan B, wenn Mavis nicht verfügbar gewesen wäre?

Ich denke, die Plattenfirma hatte Alternativvorschläge, aber es wäre nicht dasselbe Lied geworden. Ich glaube auch nicht, dass es mir genauso viel bedeutet hätte. Ich fühlte, dass ich ihre Stimme brauchte. Für mich war es Mavis oder keine andere. Ihre Arbeit und ihr ganzes Leben verkörpern das, worum es in diesem Lied geht.

Obwohl du auf »Wasteland, Baby!« diverse soziale Ungerechtigkeiten ansprichst, fühlt es sich im Wesentlichen wie ein Album über die Liebe an. Es geht um Liebende, Sinnlichkeit und Sexualität, Themen, die du immer wieder mit religiösen Konzepten verbindest.

Ja, ich habe über Letzteres viel nachgedacht, besonders nach dem Erfolg von »Take Me To Church«. Ich wollte nicht der Typ sein, der mit den religiösen Bildern kommt. Aber um 2016 herum gab es eben weitere Beispiele für die verbreitete unglaubliche Macht und den Einfluss von institutionalisierten Religionen.

Zu Hause in Irland gab es einen Skandal um kirchlichen Missbrauch in einer Stadt namens Tuam. Bei einem katholischen Heim für unverheiratete Mütter und ihre Säuglinge wurde ein Friedhof mit ca. 700 bis 800 Kinderleichen gefunden, die da über einen Zeitraum von ca. 40 Jahren beigesetzt worden waren. Aber auch, dass der zweitmächtigste Mensch der Welt, US-Vizepräsident Mike Pence, an die Konversionstherapie glaubt … Er glaubt tatsächlich, dass man eine Person mit Stromschlägen behandeln solle, bis diese die gewünschte sexuelle Präferenz hat. Und das alles wird mit Gottes Segen gemacht, denn angeblich ist es das, »was Gott will«.

Abgesehen davon sind solche religiösen Konzepte tief in der Art und Weise verankert, wie unsere Gesellschaft und Kultur funktionieren. Sie sind sehr wohl die Bausteine von allem, besonders biblische Geschichten wie jene von Adam und Eva.

Nächste Seite: der Verlust der Unschuld, das irische Referendum zur gleichgeschlechtlichen Ehe, inspirierende Gespräche mit Annie Lennox und Bono Vox sowie anhaltende Kopfschmerzen wegen Sergei Polunin

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