»Ziemlich nackig, nicht wahr?« – Tr/st im Interview

Robert Alfons hat unter dem Namen Tr/st bislang vier Alben veröffent­licht, zuletzt etwa »The Destroyer (Part 1)« und »The Destroyer (Part 2)«, beide im Jahr 2019. Der charismatische Kanadier mit der tiefen Stimme im Interview über den kreativen Prozess als Wagnis, Menschen, mit denen er sich wohlfühlt, und ein großes, schönes Durch­einander.

© Eliot Lee Hazel

Die erste Hälfte des Zweiteilers »The Destroyer« war industriell, düster aber gleich­zeitig tanzbar. Die zweite hingegen war eher eine nach­denkliche Angelegen­heit mit einer extrem atmo­sphärischen Stimmung. Wie würdest du selbst den Sound der beiden Releases beschreiben?

Robert Alfons: Ich denke, die Titel der Lieder sind ein guter Anhalts­punkt, auch wenn Musik natürlich schwer mit Worten zu beschreiben ist. In der Vergangen­heit fühlte sich meine Musik manchmal so an, als würde ich mich hinter den Beats, der Performance und meiner doch recht tragenden Stimme verstecken. Diesmal war es eine sehr nüchterne Darbietung, ein Versuch, die Emotionen in den Vorder­grund zu rücken. Es hat sich riskant angefühlt, aber ich hoffe, das End­ergebnis zeigt den kreativen Prozess und das Wagnis, das ich einge­gangen bin.

Die Platte klingt, als käme sie von einem völlig abgeschie­denen Ort. Ich war dann doch etwas über­rascht, als ich erfuhr, dass sie in Los Angeles gemacht wurde.

Nun, die endgültige Version wurde in Los Angeles aufge­nommen, aber die meisten Songs habe ich auf einem Bauern­hof mitten im Nirgendwo geschrieben. Daher rührt also dieses Gefühl der Einsamkeit.

Könntest du etwas über die beiden eindrucks­vollen Album­covers erzählen?

Das Cover von Teil eins wurde von Eliot Lee Hazel fotografiert. Ziemlich nackig, nicht wahr? (lacht) Mein Stylist brachte dieses Tuch mit und irgendwie wussten wir, dass es etwas Nacktes werden würde. Aber das Bild entstand trotzdem spontan und eher wie ein Zufall unter all den Aufnahmen des Tages. Wir fanden, dass es ziemlich markant aussah und irgendwie auch einen Sinn ergab. Das zweite Cover basiert auf Referenzen aus dem Album, und wurde vom Künstler Davy Evans entworfen, den ich sehr mag.

Man könnte annehmen, dass Kollabora­tionen in der elektro­nischen Musik­szene spontan und flexibel entstehen. Du scheinst aber gerne auf die gleichen Mit­streiter*innen zurück­zugreifen, etwa auf Maya Postepski oder Damian Taylor.

Ja, ich habe die Leute gefunden, mit denen ich mich wohlfühle. Maya und ihr Beitrag sind für mich auf so vielen Ebenen etwas ganz Besonderes. Sie ist ein unglaub­lich talentierter Mensch und wir haben so viel Spaß beim Musik­machen. Keiner ist wie sie. Auch Damian, der bei den ersten beiden Alben so wichtig war, hat zu »Destroyer« mit dem Abmischen und teils als Co-Songwriter beigetragen.

Mit Menschen zu arbeiten, mit denen ich mich wohlfühle, macht das Ergebnis einfach so viel wertvoller. Das ist wichtig, vor allem in der heutigen Welt, in der wir so verstreut sind. Es ist einfach beruhigend, Beziehungen aufzubauen – auch wenn es manch­mal kompliziert ist – und mit Menschen zu arbeiten, die meine Welt verstehen und zuhören können; sich durch Probleme und Fragen durch­zupflügen, Mist zu bauen und am Ende verbunden zu sein.

Die beiden aktuellen Alben hast du 2019 auf zwei verschiedenen Tourneen, aber teilweise in denselben Städten, vorgestellt.

Stimmt. Ich habe erst kürzlich darüber nach­gedacht, wie viel das Publikum damals in mich und in meine Musik investiert hat – Geld, Energie, Liebe, alles! Das war sehr beein­druckend und hat mir verdeut­licht, was für ein Glück ich mit meinen Fans habe.

Du bist nun schon seit einem Jahrzehnt in der Musikszene dabei. Hattest du schon Gelegen­heit, inne­zuhalten und über das Erreichte nach­zudenken?

Ich weiß. Es ist verrückt! So viele Fehler, aber auch eine Menge Wachstum und einige erstaun­liche Momente … Durchhalte­vermögen war auch notwendig, denn ich musste mich manchmal mental neu aufstellen, um wieder offen sein zu können. Ich habe mit so vielen Leuten gearbeitet und getourt und einige Menschen im Publikum sind wirkliche Freund*innen geworden. Es war schon ein großes Durch­einander, aber irgendwie auch schön.

Die Alben »The Destroyer (Part 1)« und »The Destroyer (Part 2)« von Tr/st sind bei Royal Mountain Records erschienen.

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