Die Wiener Clublandschaft floriert. Wiener Clubs genießen mittlerweile einen guten internationalen Ruf bei Acts, Bookern und – vor allem – dem Publikum. The Gap sieht genauer hin und trifft einige Clubmacher zum Interview. Heute: Ja-Duc Phan vom Club Auslage.
Im Westen von Wien befindet sich eine Fortgehmeile an einer der pulsierensten Verkehrsadern Wiens – dem Gürtel. Bekanntheit erlangte dieser Teil der Stadt durch seine Rotlichtszene und den dazugehörigen Techtelmechtel. Über die Jahre hat sich in den U-Bahn Bögen und der umliegenden Gegend eine florierende Szene aus Bars und Clubs dort angesiedelt und etabliert. Die Auslage ist eine davon. Wir haben dem Betreiber des Clubs einige pikante Frage gestellt und im Gegenzug interessante Antworten erhalten.
Seit wann gibt es die Auslage?
Der Club Auslage ist seit Dezember 2008 am Start – Ziel unbekannt.
Vor der Neuübernahme hieß die Auslage Mezzanin und war mittelprächtig besucht. Was hat euch damals von der Räumlichkeit überzeugt, um zu investieren und ein Rebrand zu machen?
Der Glaube an das Gute am Gürtel! Früher war der Gürtel als verruchte Lustmeile verschrien, er stand für Mizzis und Strizzis. Heute ist der Gürtel nicht nur verkehrstechnisch eine pulsierende Hauptschlagader Wiens – der Gürtel befindet sich im Wandel. Die "Musikmeile" am Lerchenfelder Gürtel zwischen Chelsea, B72 und The Loft gehört mittlerweile zu den belebtesten und interessantesten Zonen der Stadt. Open-minded, multi-kulti, künstlerisch, avantgardistisch und urban – hallo Berlin-Kreuzberg!
Der Club ist kühl und modern. Der Name „Auslage“ wurde zum Programm und so wird der Raum immer wieder temporär von aufstrebenden Künstlern unter dem Namen „Auslagengestaltung“ umdesigned. Im Mai wurde übrigens eine Neugestaltung von dem Künstlerkollektiv Lumpenpack (Knarf & Bazuco) vorgenommen – Prädikat: Sehenswert.
Wie teuer war der Re-Brand? Logos, Werbemittel, Pacht, alles?
Über Geld spricht man nicht. Der materielle Preis ist relativ und liegt immer im Auge des Betrachters. Es hat vor allem viel Zeit und Herzblut gekostet, kostet es noch und wird es hoffentlich noch lange weiter kosten. Die Budgetfrage sollte somit geklärt sein (schmunzelt). Wir haben alle getätigten Investitionen und Mühen gerne und aus voller Überzeugung eingesetzt, denn das Resultat spricht, so glauben wir zumindest, für sich. Das Ende der Fahnenstange ist jedoch noch lange nicht erreicht – wir haben noch einiges vor!
Wollte man diese Lounge Couches mal loswerden? Die sind doch für viele abschreckend?
Nein, der Architekt des Bürohauses auf dem Lerchenfelder Gürtel 43, der auch unter anderem für die architektonische Gestaltung des Clubs mitverantwortlich war, hatte sich etwas dabei gedacht. Sie sind als gestalterisches Element zu betrachten und sollen zukünftig noch stärker in das neue Raumkonzept integriert werden. Mehr wird an dieser Stelle jedoch noch nicht verraten. Darüber hinaus werden die Couches auch ausgiebig genutzt – so manche Liebelei hat hier schon ihren Ursprung genommen (lacht).
Die Tür ist bei vielen Clubs entweder Thema oder gar nicht. Wie ist das bei euch?
Was muss ich tun, damit ich nicht reinkomme?
Ja, wir haben eine Türpolitik. Frei nach Aschenputtel: „Die Guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen!“ Dresscodes waren gestern. Erwachsenes, aber vor allem ein positives Auftreten sind bei uns der Schlüssel zum Erfolg.
Wie versucht man einen Unterschied zu machen, am Wochenende ist eh alles nur Laufpublikum, aber gibt es unter der Woche Schwerpunkte, Indieiflme, 60s Soul, Lesungen, Occupy Diskussionen, Champions League Übertragungen?
Das sehen wir nicht so. Bei uns gibt es kaum Laufpublikum, eben weil unser Standort nicht am Ring oder im Prater liegt. Unsere Gäste kommen gezielt im Wissen, was sie erwarten dürfen, zu uns: aufstrebende Künstler, eine tolle Soundanlage, faire Preise in einem Kleinod der Wiener Clubkultur. Die Auslage ist in der Regel von Donnerstag bis Sonntag geöffnet und spannt ihren inhaltlichen Bogen musikalisch von Hip-Hop, Disco, Deep House bis Techno – garniert und gespickt mit Konzerten wie bspw. Poétique Électronique und Lesungen in Kombination mit Occupy Diskussionen.
Habt ihr ein gewisses Zielpublikum, das ihr ansprechen wollt?
Die Gretchenfrage. Unser Publikum ist bunt und facettenreich, das steht mal fest. Unsere Gäste kommen aus jeder erdenklich sozialen Schicht, verfolgen dennoch die gleiche Ideologie: sie leben die nächtliche Unterhaltungskultur, intensiv, unschuldig, ehrlich, und frei. Wir grenzen prinzipiell niemanden aus.
Wie hat sich der Gürtel im letzten Jahrzehnt entwickelt. Wandert nicht alles Richtung Zweiten und Dritten? Wie schlägt sich das im Umsatz nieder?
Am Gürtel hat sich bereits einiges getan, es ist aber dennoch ein Entwicklungsgebiet mit großem Potential. Wir sind stolz darauf, ein Teil des Imagewandels zu sein, und hoffen noch einiges in punkto Weiterentwicklung beitragen zu dürfen. Abwanderung oder Mitbewerb ist, falls du darauf hinaus willst, kein Problem für uns. Wir hatten von jeher einen Solo-Status am Gürtel und bemühen uns weiter diesen zu halten. Da unser Hauptaugenmerk noch nie auf den Gewinn gerichtet war, sind wir froh und zufrieden, wenn der Umsatz die laufenden Kosten deckt. Gewinnorientiert dürfen die modernen Raubritter – die Großraumdiscos – am Ring operieren, die den Menschen bis zu € 16,- für ein nationales Booking abknöpfen. Wir hingegen sind stets bemüht, unseren Gästen einen fairen Preis anbieten zu können, der die € 10,- Grenze bei einem internationalen Künstler nicht überschreiten darf.
Wie ist das Verhältnis zu den benachbarten Lokalen? Gibt es so etwas wie einen Gürtelstammtisch?
Das Verhältnis zwischen uns Gürtlern ist sehr gut. Wir ziehen alle am selben Strang und bedienen ein eigenes Nischensegment. Zusammen bilden wir den Nährboden für Veranstaltungen wie den "Gürtel Nightwalk" und die "GürtelAffäre", wir sind stolz, ein Teil des Ganzen zu sein.
Wie teuer kann ein Booking maximal sein, damit sich das über die Bar subventioniert ausgeht?
Wir haben zum Glück Partner und Sponsoren, die uns hin und wieder bei Künstlern, die wir uns, da wir ein verhältnismäßig kleiner Club sind, nicht leisten könnten, unter die Arme greifen. Was gibt es Schöneres, als einen tollen Act in einem kleinen Club genießen zu können?!
Könnt ihr uns Lesern erzählen, was die Highlights in diesem Jahr sein werden? Welchen Termin sollte man sich unbedingt rot im Kalender notieren?
Einige! Im Juni gleich zwei, die da wären: das Berliner Duo Trickski, die vergangenes Jahr mit "Unreality" ein hervoragendes Album released haben. Slowmotion House mit ordentlich Dampf.
Am 30.06 gibt es eine „Vinyl & Lovers“ Nacht mit der Hamburg-Berlin Connection Session Victim. Ein Vinyl Only Set – etwas fürs Herz.
Ende August gibt es dann den traditionellen Gürtel Nightwalk und im September die 87 Records Labelnight mit den Jacuzzi Boys und San Proper.
Am 13. Oktober gibt sich Maxxi Soundsystem, ein junges Talent aus London, die Ehre. Ende Oktober rufen wir, wie jedes Jahr, die GürtelAffäre aus. Bei uns gibt es reichliches Programm – handverlesen und fein abgeschmeckt.
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