Observatory

Beste Techno-Band der Welt – Würden Jeff Mills, Carl Craig und Mike Banks eine Instrumental-Band gründen, sie würde nicht so gut wie Elektro Guzzi klingen.

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Es muss im Sommer 2008 gewesen sein, als ich Elektro Guzzi, damals noch in der ersten Formation, an einem schwülen Samstagabend ins Wiener Rhiz eingeladen habe, um dort zu spielen. Ich kannte die Band davor nur vom Hörensagen. Während des Konzerts gingen wundersame Schauer durch den Raum, ausgelöst von dieser unglaublichen Eingespieltheit der Musiker untereinander, die sich blind verstanden und gleichberechtigt behandelten – für einen rohen Sound, den sie nur mit ein paar Instrumenten und Effektgeräten aus dem Nichts meißelten. Dieser Abend veränderte meine naive Sicht auf Techno. Viel früher schon wurden ja in den Fabriken in Detroit die Menschen abgeschafft. So wie dann später in der Musik. Das war Techno. Aber Maschinenmusik, ja, das geht offenbar auch mit Menschen. Elektro Guzzi, die klingen dabei wie smarte Maschinen. Nicht nach Roboter. Nicht nach Autoindustrie. Mehr wie ein Touchscreen, über den man gerne wischt.

So kann sich also Techno anhören, der im Jetzt daheim ist. Sechs Jahre und vier Alben nach dem Gig erscheint »Observatory«. Wieder auf Macro. Wieder mit Gitarre, Bass und Schlagzeug. Wieder mit Bernhard Hammer, Jakob Schneidewind und Bernhard Breuer. Die nun vorliegenden acht Stücke präsentieren auf knapp 50 Minuten die Weiterentwicklung der Band. Alles klingt noch mehr ineinander verwoben und ist dabei so unvorhersehbar. Elektro Guzzi verzaubern vom ersten Schlag (»Rough Tide«) an und fordern trotzdem mit intelligenten Rhythmus-Strukturen und Harmonie-Wahnsinn wie auf »Acid Camouflage«. Hier wird nicht berieselt, sondern Nerven und Synapsen werden gekitzelt. Dabei hat sich die Band weit über die Kernidee – Techno mit echten Instrumenten – entwickelt. Grooves, Sounds, Strukturen, das scheint alles besser zu sitzen, wenn es ein dermaßen gut eingespieltes Trio macht. Gleichzeitig hat man das Gefühl, hier den perfekten Gegenentwurf zur seichten Happy House-Welle zu hören. Wenn einem wie z.B. bei »Alaska Flip« verspielte Sound-Details wie der Klang eines Pianos entgegenzischen, obwohl hier gar kein Tasteninstrument zum Einsatz kam, wird einem erst bewusst, in was für einer Liga Elektro Guzzi mittlerweile spielen. Und die ist nicht von dieser Welt – die ist ganz oben auf der Playlist deines Smartphones.Elektro Guzzi – Threshold People by Red Bull Music Academy

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