Der Morisson Club hat seine Türen schließen müssen und ist nun mit uns im Exil. Leise wird es deshalb trotzdem nicht.
Wien, du tote Stadt! Vor zirka einem Jahr berichteten wir mit einer eigenen Club-Ausgabe, wie gut sich die Clubkultur in Wien entwickelt. Zehn Monate später kann davon nicht mehr die Rede sein. Drei Clubs haben dicht machen müssen aus diversen Gründen, die sich aber alle sehr ähneln: Zu hohe Mietpreise durch den neuen Immobilienbesitzer (Roxy), zu hohe Gerichtskosten aufgrund der Dauer des Verfahrens gegen die Hausverwaltung (Market) und eine einstweilige Verfügung gegen das verstärkte Spielen von Musik (Morisson Club). Was in Berlin bereits vor zwei bis drei Jahren begann, findet nun auch bei uns scheinbar Anklang. Fragen wie warum und wieso es dazu kommt, gibt es zu recht, Mutmaßungen viele, konkrete Antworten oder sogar Lösungen kaum.
Als Grashüpfer der Wiener Clubkultur behaupte ich, dass es vor allem an Ämtern liegt, weniger an den Anrainern und in den seltensten Fällen an den Clubs. Die wenigsten Menschen ziehen in die Nähe eines bestehenden Clubs, um sich dann über die Lärmentwicklung am Wochenende nach Mitternacht zu beschweren. So viel steht fest (Ausnahmen gibt es eh immer). Wenn sich dann doch mal ein Jungunternehmer traut viel Geld, Kraft und Nerven zu investieren um das Nachtleben in Wien zu bereichern, ist man bereits zu Beginn an bedacht möglichst alle Richtlinien und Vorschriften einzuhalten, um es sich weder mit den Magistratsabteilungen noch mit den anderen Mietern zu verscherzen. Anlagen werden behördlich abgenommen und plombiert. Kurze Zeit darauf ist es dann doch allen Anrainern zu laut und der Amtsarzt bestätigt dies, obwohl der gesetzliche Normwert nicht überschritten wird und das Spiel beginnt von neuem, bis irgendwann dann doch ein Schlupfloch gefunden wird, damit der Mieter zu seinem Recht kommt und der Clubbetreiber durch die Finger schauen muss. Die Stadt Wien sieht hierbei zu und rühmt sich weiterhin mit ihrer angestaubten Patina aus Sachertorte, Klimt und Lippizaner. Zwischendurch darf ein VJ die alten Häuser dekorieren – das ist wenigstens leise, abwaschbar, aber bitte auch vor 11 Uhr aus!
Dass die Not erfinderisch macht, hat die Vergangenheit bewiesen und beweist die Gegenwart stetig aufs Neue: Mit der boomenden Anzahl an Open-Airs im Sommer wird der öffentliche Raum neu erschlossen und sich ein Stück Platz zum Feiern zurückgeholt. Doch was passiert in den übrigen acht Monaten, an denen das Wetter und die Temperaturen nicht so freundlich sind? Ich bin mir sicher, dass schon bald findige Köpfe darauf eine Antwort liefern. Bis dahin sind wir mal im Exil.
Jack by The Gap presents
Sixtus Preiss Live (Affine Records)
DJs: Anna Leiser (sound:frame / Bebop Rodeo), Slick (Resolut / Bebop Rodeo)
Laminat (Jack)
13. Juli 2012
Morisson Club im Project Space / Kunsthalle Wien, Treitstraße 2, 1040 Wien