William Fitzsimmons, der Sänger mit dem langen Rauschebart, veröffentlicht am 17. Februar sein sechstes Album "Lions". Stephan Brückler hat mit ihm über Tiere, Therapie und Aggression gesprochen.
Beinahe hätte das seit Monaten ausverkaufte Konzert im B72 nicht stattgefunden. Aufgrund heftiger Stürme in Nordeuropa sind die Flüge aus Amsterdam, wo William Fitzsimmons am Tag davor gespielt hat, gestrichen worden. Glücklicherweise wurde nachmittags doch noch ein Flug gefunden, allerdings ohne den mitreisenden Voract. Trotz Stress und Zeitknappheit widmete uns der Sänger mit dem langen Rauschebart beim unmittelbar vor dem Auftritt stattfindenden Interview seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Im etwa vier Quadratmeter großen Backstage Raum des B72 fischt sich Fitzsimmons eine Zigarette aus der Jackentasche: “Stört es dich, wenn ich hier rauche?“ “Nein, ich bin´s eh gewohnt, bei uns darf man in den meisten Lokalen rauchen.“, entgegnete ich. “Austria´s old school“, lacht Fitzsimmons, “Es ist gut hier zu sein, ich mag Wien“.
Du bringst Anfang 2014 ein neues Album heraus, “Lions”. Im CD-Booklet schreibst du, dass du diesmal begonnen hast, Musik ohne Motiv und Ziel zu schreiben. Wie unterscheidet sich das von deinen bisherigen Alben?
William Fitzsimmons: Es unterscheidet sich vor allem vom letzten Album, das einige Songs beinhaltet, auf die ich sehr stolz bin. Aber ich war damals in keiner guten Umgebung, ich hatte Leute um mich, die eher geschäftliche Interessen hatten, und das hat meinen Songs die Lebendigkeit genommen. Ich mache Musik seit ich 0 Jahre alt war (lacht). Es ist etwas Spezielles und Wichtiges, das ich sehr schätze. Geld ist ein Teilaspekt des Musikbusiness, aber das Hauptinteresse sollte nicht darauf liegen. Ich wollte wieder von vorne anfangen und so schreiben, als würde es nicht auf Geld ankommen. Es gab kein Zeitlimit. Alles was ich erlebt und gefühlt habe, alles was raus kommen sollte, habe ich raus gelassen.
Du hast eben gesagt, dass du schon dein ganzes Leben lang Musik machst, und du hast auch Psychologie studiert und als Psychotherapeut gearbeitet. Gab es einen speziellen Punkt, an dem du dich entschieden hast, Musiker zu sein und die Arbeit als Therapeut aufzugeben?
Ja, als ich geschieden wurde. Da war ich in keiner guten Verfassung, ein Therapeut zu sein, weil mein Leben ein Schlamassel war. Ich glaube, der Therapieprozess funktioniert nur, wenn der Therapeut selbst möglichst gesund und ausgeglichen ist. Das und die Möglichkeit zu reisen und 10 Stunden pro Tag im Auto Zeit für mich zu haben, halfen mir, nachzudenken und „mich zu finden“. Wobei ich diesen Ausdruck nicht mag, denn man ist genau hier und jetzt, man weiß ja, wo man steht. Aber ich denke, es hat mir geholfen, um Entscheidungen in Gang zu bringen und die nächsten Schritte zu planen.
Und wie kam es zur Entscheidung professionell Musik zu machen?
Das passierte zur selben Zeit. Am Anfang war es eine wirklich spannende Zeit, die Auftritte, die großen TV-Sendungen, die meine Musik gespielt haben, Leute, die mir auf meine Myspace-Seite geschrieben haben und meine Platte kaufen wollten.
Natürlich war das toll, aber gleichzeitig ging meine Beziehung in die Brüche. Mein Leben war ein völliges Durcheinander, somit haben mich die anderen Sachen nicht wirklich gekümmert. Wenn es einen bestimmten Moment in Richtung professionelle Musik gab, dann den, als ich eine Woche lang meine ersten Shows an der Westküste gespielt habe und tatsächlich Leute hinkamen. Nach den Konzerten habe ich mit ihnen geplaudert, und sie haben sich bei mir bedankt, dass ich diese Songs geschrieben habe.
Ich hatte mit harten persönlichen Schwierigkeiten zu kämpfen, und die Musik hat mir heraus geholfen, denn das war das erste Positive, das jemand in den letzten zwei Jahren über mich gesagt hat. Dadurch fühlte ich mich, als hätte ich wieder einen Lebensinhalt gefunden.