Wir baten Labelboss von Temp~Records Patricia Enigl aka Irradiation zum Mail-interview. Sie berichtete uns, welches ihrer unendlich vielen Multiversen-Ichs für ihre neue EP verantwortlich ist.
Wir sind alle Sternenstaub. Wissen wir schon aus Odyssee 2001. Dasselbe sagt auch Patricia Enigl. Musik breitet sich durch Schwingungen aus. Dass wir selbst aber auch Wellen bzw. Schwingungen sind, überfordert uns. Einige Theorien behaupten sogar wir sind Hologramme unserer selbst. Das könnte mit Quantenmechanik zu tun haben, wäre aber vor allem nicht das erste Mal, dass aus einem Missverständnis, tolle, neue, interessante Musik entsteht.
Irradiation beschäftigt sich seit 1993 intensiv mit elektronischer Musik. Seit 2003 ist sie Labelboss bei Temp~Records. Patricia vermisst in der Wiener Clubkultur vor allem das Experimentelle, Clubs erfüllen eher einen funktionellen Aspekt – sie probieren zu wenig aus. Außerdem sollen mehr weibliche DJs hinter die Plattenteller, Plattformen wie Female:Pressure oder Ladyshave helfen dabei.
Der Sound klingt spacig, die Tracks sind Andeutungen auf physikalische Phänomene, welche Rolle spielt Physik in deinem Leben?
Da sind erstmal die Fundamentalkräfte: die starke Wechselwirkung hält das Fast-Nichts an Materie – die Atome – unseres Körpers zusammen. Elektromagnetismus wärmt unseren Planeten und erhellt unsere Städte – Milliarden Neutrinos strömen täglich durch unsere Körper. Gravitation, die schwächste aller Fundamentalkräfte, dabei aber leider morgens oft schwer zu überwinden… Oder Musik: Wellenphänomene, binäre Information. Unsere Welt wird durch Physik erfassbar bzw. erklärbar.
Und es gibt Quantenphänomene, die unser deterministisch geprägtes Weltbild auf den Kopf stellen – für die es bis dato keine allgemein gültige Interpretation gibt, es gibt die Schrödinger Gleichung, ein elegantes Stück Mathematik – “Everything Is A Wavefunction“.
Und dann die Fragen nach dem ganz “Großen“, dem Universum. Mich haben solche Fragen immer schon beschäftigt und inspiriert: “Woher kommen wir“? “Woraus bestehen wir?” – We Are All Stardust!
Was verbindest du mit Techno? Welche DJs und Produzenten haben dich inspiriert?
Als Teilnehmerin – DIE (seltenen) Momente, das Gemeinsame. Als Produzentin inspirieren mich vor allem Stimmungen, Atmosphären, Klänge, Versatzstücke. Techno hat das Potential zu "großer“ Emotion und Tiefe, zu Breitwand-Audio. Und zu ebenso großer Langeweile: Einheitssounds und die musikalische Verkümmerung auf ewig gleiche Muster. Techno ist auch bei weitem nicht meine einzige (musikalische) Inspirationsquelle.
Deine EP klingt wie aus einer anderen Welt genau so wie das Gestein am Cover aussieht? Welches Gefühl steckt dahinter? Und was ist eigentlich Black-Body Radiation?
Black-Body Radiation besteht aus 3 Tracks und 3 Remixes. Milton Bradley, Mes. und Digilog haben sehr stimmige, großartige Produktionen geliefert. “Das Gestein“ dazu stammt, wie schon bei den letzen Releases von 2011 und 2012, von Christian Schärmer von Proxi Design, der die Essenz der Tracks erfasst und in eine, wie ich finde, wunderschöne Grafik transformiert hat. Die Entstehung meiner Stücke? Ich befand mich in Superposition mit meinen unendlich vielen Level-03 Multiversen-Ichs. Insofern stammt die Musik nicht nur aus einer anderen, sondern aus unendlich vielen anderen Welten.
Wo und wann sollte man sich dein Album anhören?
Immer & Überall. Und auf einem guten Soundsystem.
Ist der Juli wirklich ein gut gewählter Zeitpunkt für so ein Release? – Wollen die Leute nicht eher Good Vibes?
Black-Body Radiation = Good Vibes.