Die Nerds haben den Krieg gewonnen

Star Wars lebt nicht nur von endlosem Merch, sondern vor allem von seinen Fans, die sich Wochenenden opfern, um sich wie Bobba Fett oder Luke Skywalker zu verkleiden. Wir haben ein Interview mit Österreichs größtem Star Wars-Fanclub geführt.

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"The Big Bang Theory" ist eine der erfolgreichsten Serien aller Zeiten. Der berühmteste Cosplayer Alodia Gosiengfiao hat über fünf Millionen Facebook Fans. Der Mann mit den meisten Youtube Abonnenten ist ein Gamer, nämlich PewDiePie. Die Zeichen sind eindeutig. Comic- und Fantasy-Blockbuster haben die Nerdculture zum Massenphänomen gemacht. Während man als Nerd früher oft isoliert war, ist man heute gut vernetzt. Social Media, Skype und Youtube waren ausschlaggebend. Plötzlich erstellten die Fans den Content. Da kann sich ein Film wie "Fack Ju Göthe" ganz nebenbei über Nerds lustig machen, in Wirklichkeit haben sie größten und erfolgreichsten Tech-Konzerne der letzten Jahre gegründet.

"Star Wars" ist und war immer Teil dieser Kultur, für viele ist es sogar eine Lebenseinstellung. Wie jede Mythologie spielt hier die Realitätsflucht auch eine Rolle. Man schlüpft in die Identität eines anderen. Mit besonderer Hingabe machen das die Cosplayer. Cosplay ist ein Kofferwort aus "costume" und "roleplay". Kam erstmals 1990 auf und stammt natürlich aus Japan. Die Kostüme sind großteils selbst geschneidert. Oft stecken hunderte Stunden Arbeit in einem einzigen Outfit. Es wird auf jedes Detail geachtet: Kontaktlinsen, Body-Modifications, Haare und Waffen. Imitiert werden Charaktere aus Comics, Filmen, Video-Spielen oder TV-Serien.

Einen wichtigen Anteil jedes Cosplayers machen die Wettbewerbe aus. Meistens gibt es drei unterschiedliche Kategorien. Das Classic-Cosplay ist eine Mischung aus Kostüm und Auftritt und kann eigentlich alles sein, hier gibt es kaum Restriktionen. Performance, Monolog oder sogar Parodie, alles ist möglich. Die Umsetzung des Kostüms macht 70% der Wertung aus, die Performance 30%. Im Character-Cosplay geht es hingegen nicht so sehr um das Kostüm, hier dreht es sich um die Darstellung des Charakters im Spiel. Dann gibt es noch das X-Cosplay. In einem 50-sekündigen Musikclip versucht man, die Jury mit starken Posen zu beeindrucken.

Boobs & Sixpacks

Viele sehen im Cosplay eine Sexualisierung. Klar sind die Kostüme sexy und zum Teil sehr knapp, aber so sieht der Charakter nun einmal aus. Frauen muss die Verantwortung zugesprochen werden, mit ihren Körpern zu machen, was sie für richtig erachten. Schließlich werden Männer in den Comics genauso sexualisiert. Irgendwie wartet doch jeder darauf, das Thor endlich sein Shirt auszieht. Ok, viel besser wird es dadurch halt auch nicht. Aber immerhin werden alle gleich behandelt.

Interview mit Alexander Rieß von der 501st Austrian Garrison:

Was glaubt ihr verleitet Menschen dazu, die Rolle einer fiktiven Figur anzunehmen? Ist es der Ausbruch aus dem Alltag?

Bei LARPern (Live Action Role-Play) ist es oft der Ausbruch aus dem Alltag, aber auch das Schlüpfen in eine bestimmte Rolle, die man im richtigen Leben nie sein kann, fasziniert schon immer Menschen. Bei uns ist es mehr die Jugendliebe zu "Star Wars" oder, was hauptsächlich für uns die Motivation ist, Kindern Spaß zu bereiten. Für Erwachsene sind wir Kostümierte, für Kinder sind wir ihre Helden.

Bekommt ihr viele Mitglieds-Anfragen? Müsst ihr selektieren?

Dieses Jahr hatten wir sehr viele Anfragen. Ausselektieren müssen wir, weil eine Mitgliedschaft bei der 501st Legion ein filmakkurates Kostüm voraussetzt. Es gibt für alle zugelassenen Kostüme eine Kostümreferenz, die genau eingehalten werden muss. Deswegen ist eine Mitgliedschaft bei uns kostenlos, aber mit viel Zeit und Aufwand verbunden.

Was macht ihr genau im Verein? Welche Projekte gibt es?

Die Austrian Garrison ist ein Ableger der 501st Legion, dem weltweit größten "Imperial Star Wars"-Fanclub – wir sind kein Verein – mit über 8.000 Mitgliedern. Die 501st Legion ist von Lucasfilm offiziell genehmigt und auch Lucasfilms bevorzugte Gruppe, wenn es darum geht, diversen Events, Promotions, Charity-Veranstaltungen usw. den nötigen "Star Wars"-Touch zu geben. Bereits bei Gründung der 501st Legion war Wohltätigkeit ein wichtiger Punkt. Als Non-Profit-Organisation unterstützt die Legion bei Events auf vielerlei Arten gerne Charity-Aktionen, wie beispielsweise das Sammeln von Spenden für wohltätige Organisationen und Vereine wie Österreichische Kinder-Krebs-Hilfe, Make-A-Wish-Foundation, St. Anna Kinderspital, Kumplgut, …

Gibt es eine interne Hierarchie? Es kann ja nur einen Vader geben.

Eine Hierarchie gibt es natürlich. Hier gibt es den Legion Council in der obersten Ebene und bei uns oder anderen Garrisons in den einzelnen Ländern haben wir den Commanding Officer (CO), Executive Officer (XO), GPO (Garrison Public Relations Officer), GML (Garrison Membership Liason), GEC (Garrison Event Coordinator) und GWM (Garrison Webmaster). Jeder hat ein oder mehre Kostüme, die abgenommen und registriert werden müssen. Wir haben zwar nur einen offiziellen Vader, aber das heißt nicht, dass nur einer dieses Kostüm registrieren lassen kann. Wir schauen natürlich, dass auf Events nur ein Vader auftritt oder eben abwechselnd.

Werden die Kostüme selbst gemacht?

Teils teils, alle Kostüme sind fanmade, also keine Stangenware. Entweder besorgt man die sich von einem Mitglied aus USA, England, Deutschland, oder man näht und bastelt selbst. Die Kosten sind schwer einzuschätzen, das einfachste günstigste Kostüm beginnt bei etwa 300 Euro und geht bis in die Tausende für einen filmakkuraten Vader.

2015 ist das Jahr der Jedi Ritter. "Episode 7", Star Wars Identities im MAK, Comic Con in der Messe und John Williams in der Staatsoper. Was 1977 funktionierte, funktioniert auch heute. 130 Millionen Mal wurden die beiden Trailer von "Episode 7" geklickt. Wirtschaftlich gesehen waren die Star Wars Filme anfangs gar nicht so ein Erfolg. Mastermind George Lucas hielt von Anfang an aber die Lizenzrechte inne, heute schätzt man den Franchise-Wert auf über 30 Milliarden Dollar. "Episode 7" kommt am 17. Dezember in die Kinos.

Bild(er) © Marco Leimer
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