Kunst schlägt Brücken, heißt es gerne. Das meinen wir bei diesen sieben Exemplaren ganz wörtlich.
Brücken kann man symbolisch schlagen oder tatsächlich bauen – manchmal auch beides. Eine Brücke kann verbinden, aber auch auf einen Zwischenraum aufmerksam machen oder selbst einer sein. Brücken können auch Schauplätze für Kunst sein, Ausstellungsplätze oder Aussichtsplätze. Und ja, eine Brücke kann natürlich auch eine stinknormale 08/15-Fußgängerbrücke sein.
Aber weil es diese unterschiedlichen Zugänge gibt und ja auch ständig von Brücken schlagen die Rede ist, wenn nicht gerade Zäune oder Schutzvorrichtungen aufgestellt werden, haben wir uns in Österreich umgeschaut. Dabei haben wir sieben Brücken gefunden, über die man gehen muss. Sieben dunkle Jahre überstehen – das lassen wir aus. Auch weil nicht alle realisiert wurden.
Bruecke über die Ill (© Montforter Zwischentoene)
Idyllisch schmiegt sich der Ganahlsteg, eine Holzbrücke, an eine Schlucht am Rande der Feldkircher Altstadt. Der Ganahlsteg ist eine sehr kleine Brücke – man braucht nur dreißig Sekunden, um von einem Ufer zum anderen zu kommen. Dreißig Sekunden, die zur spirituellen Erfahrung werden können, zumindest vom 12. bis zum 29. November. Dann wird die Brücke im Rahmen der Montforter Zwischentöne, die sich heuer mit Glauben beschäftigen, zu einer Frage-Zeichen-Kappelle für dreißig Sekunden. In dieser Zeit werden zwei Glaubensfragen gestellt. Eine Brücke als Zwischenraum und Konstruktion über einen Abgrund scheint nicht der ungeeigneteste Ort zu sein, um sich mit solchen Themen auseinander zu setzen. Das dachten sich zumindest die Gestalter Rose Epple und Alex Valder. Das Projekt wird im Rahmen der Potentiale gezeigt.
Jeanne-Monnet-Brücke von Europa nach Afrika
Getragene Musik. Pathos. Kitsch. In einem vierminütigen Videoclip wird erklärt, dass Österreich Großes leisten kann und wird. Kamerafahrten über eine sehr, sehr lange Steinbrücke im Meer. Genauer gesagt von Europa bis Afrika lang. Die soll von der Republik Österreich zusammen mit dem Baukonzern Strabag gebaut werden, um dem sinnlosen Flüchtlingssterben im Mittelmeer ein Ende zu setzen. Baubeginn ist planmäßig im Jahr 2017, Fertigstellung 2030. Im Video erklärt der neue Flüchtlingskoordinator Christian Konrad, dass er bereit sei, seine Erfahrungen einzubringen und sich der Herausforderung zu stellen. Im Anschluss wird verkündet, dass man nicht bis zur Fertigstellung der Brücke warten könne. Daher plane das Zentrum für politische Schönheit (ZPS), eine Gruppe von Aktionskünstlern aus Berlin, die Installierung von tausend Rettungsplattformen. Die erste wolle wiederum Österreich anbringen. Das Video erwies sich als ein Kunstprojekt, um auf das Massensterben im Mittelmeer medienwirksam aufmerksam zu machen. Die erste Rettungsplattform "Aylan 1" wurde jedoch Anfang Oktober tatsächlich installiert.
Murinsel
Ein Beispiel par excellence für Architektur und Kunst im öffentlichen Raum ist die Murinsel in Graz. Seit 2003 – damals war Graz europäische Kulturhauptstadt – schwimmt die 50m lange und 20m breite, muschelförmige Installation auf der Mur. Sie ist von beiden Seiten aus zugänglich und bildet somit eine Brücke. Genau genommen ist die Murinsel aber weder Brücke, noch Insel, sondern ein Schiff. Sogar Positionslichter sind angebracht, für den unwahrscheinlichen Fall, dass sich ein anderes Schiff auf der Mur verirrt und die blaue Nachtbeleuchtung übersieht. Die Murinsel beherbergt dabei sowohl ein Amphitheater, als auch ein Café. Hier finden verschiedenste Veranstaltungen statt. Dabei war sie heuer auch in der Brenner-Verfilmung "Das ewige Leben" mit Josef Hader zu sehen. Erfunden wurde die Stahlkonstruktion übrigens von dem US-amerikanischen Künstler Vito Acconci. Die Idee kam allerdings von Robert Punkendorfer, Gründer von Art&Idea.
Highline179
In schwindelerregender Höhe – und mit schwindelerregend meinen wir 114m – überspannt die Highline179 die B179 bei Reutte in Tirol. Die Seilhängebrücke führt über das Tal und verbindet die Burg Ehrenberg mit dem Fort Claudia. Bereits 1998/1999 hat Architekt Armin Walch angefangen zu planen. Wenn ihr noch nie davon gehört habt, dann liegt es wahrscheinlich daran, dass nach mehrfachem Ändern der Pläne die Bruecke erst vor circa einem Jahr, am 23. November 2014, eröffnet wurde. Übrigens mit einer Länge von 406m eine der längsten Seilhängebrücken der Welt.
Calatrava Brücke an der Triester Straße
Wie, die Brücke auf dem Bild ist doch gar nicht in Wien? Stimmt, diese hier befindet sich in Barcelona. Santiago Calatrava – spanischer Stararchitekt und u.a. bekannt für seine futuristisch anmutenden Brücken – sollte eine ähnliche Brücke über die Triester Straße beim Wienerberg bauen. 2008 wollte ihm die Stadt Wien diesen Auftrag ohne Wettbewerb geben, was damals einige Kritik hervorrief. Schlussendlich konnte man sich jedoch nicht über Dinge wie Honorar, Baukosten und Mitspracherecht einigen, weshalb das Projekt nach einigen Monaten Planung wieder abgesagt wurde.
Beyond Recall Salzburg (© Salzburg Foundation)
"Beyond Recall" , "Envision", "Dedicated Secret" und "Zum Gedenken an die Hunderten Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter, die von 1941-1945 gegen ihren Willen und unter großen Opfern an der Errichtung dieser Brücke arbeiten mussten" ist in Neonfarben in vier gläsernen Kuben zu lesen, die über den Brückenköpfen der Staatsbrücke in Salzburg installiert sind. Durch die Spiegelung im Glas entsteht der Eindruck, dass die Schriftzüge ins Unendliche reichen. Die Künstlerin ist die Österreicherin Brigitte Kowanz, die viel mit Lichtinstallationen arbeitet. Diese hier sind im Rahmen des Kunstprojektes Salzburg 2011 entstanden. Sie will eine geschichtsträchtige Schnittstelle schaffen, die auch Schwellenraum und Überquerung sein kann.
Paul Amman Brücke Wien
Paul Amann hieß eigentlich bis 1906 Amschelberg und war ein österreichischer Schriftsteller und Übersetzer, der von den Nationalsozialisten vertrieben wurde. Zur Erinnerung an sein Wirken wurde die Brücke über den Wienfluss nach ihm benannt. Rudolf Brandstötter reichte unter dem Projektnamen Link 27 seinen Entwurf dafür bei der Concrete Student Trophy ein und bekam den ersten Platz. Die klare Asymetrie und großzügiger Freiraum prägen die Architektur der Brücke, die barrierefrei konzipiert wurde.