Immer noch Monarchie, immer noch Alltag – Zehn Jahre nach ihrer dauerhaften Reunion mit »Knietief im Dispo« legt die deutsche Punk/Wave-Institution eine zwingende neue Songsammlung vor.
Mit ungleich lauteren Marketing- und Medienfanfaren veröffentlichen zeitgleich zwei »größere« deutsche Bands, die ebenfalls mit Punk im weitesten Sinne zu tun haben, neue Alben: Erfüllen Die Toten Hosen die Funktion der geraden, aufrechten Michels mit (rest-)kritischem Bewusstsein und einer diffus »rebellischen« und moralischen Haltung, also das Modell »Rock«, so sind Die Ärzte spielerischer, schwerer festzunageln, also Pop. Bleibt den Fehlfarben Punk, weniger im Sinne eines Sounds, mehr als die vielfältige Idee der fortgesetzten künstlerischen und reellen Reibung an den Verhältnissen. Was die Fehlfarben nahe an in einem verwandten Geist nachgekommenen Bands wie Blumfeld oder Tocotronic verortet.
Janie J. Jones, wie Sänger und Texter Peter Hein nach einem The-Clash-Song wirklich heißt, völlert verbal mit Gusto und Esprit in einer aus den Fugen geratenen Welt. »Was passiert in Bankenland? / Wann werden Banken wieder niedergebrannt? / Hört hier wer einen Aufruf zur Gewalt? / Bleibt nach der Revo die Küche kalt?«, vokalisiert er in »Lang genug«. Dann bläst Frank Fenstermachers Saxofon zum kollektiven lustvollen Zweifel – als gelte es Klang und Geist von »Monarchie und Alltag«, jenem brillanten Album, auf das die Fehlfarben gerne reduziert werden, ins Hier und Jetzt zu holen. »Der Widerspruch / Der Widerspruch / Der Widerspruch tut jedem Leben gut / Im Widerspruch / Im Widerspruch / Da lebt es sich noch mal so gut«, singt Janie ein Lied weiter in »Richtig in falsch (NFS)«, bevor er – der rheinische Schalk des in Wien lebenden Sängers ruht selten – noch ein Lied weiter treffend das »Hygieneporzellan« lobt und preist.
In nur fünf Tagen in den legendären Hansa Studios in Berlin mit Produzent Moses Schneider eingespielt, sind auch Uwe Jahnke (Gitarre), Michael Kemner (Bass), Pyrolator (Keyboard, Elektronik) und Saskia von Klitzing (Schlagzeug) in großer Form, was die vierzig Minuten und elf Lieder zu einem gekonnt querulanten, aber nie verbiesterten Vergnügen macht.