RH5H, My Love

Anlässlich des morgigen Reindorfgassenfestes haben wir Katja Krüger-Schöller, diesjährige Programmleiterin sowie ganzjährige CEO der Metaware, und niemand Geringeren als Maximilian Zirkowitsch – den Bezirkowitsch – nach ihrem ganz persönlichen Rudolfscrime gefragt.

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„RH5H 4 Life“ lautet wohl – ohne Übertreibung – die Einstellung dieser beiden Lokalgrößen des 15. Bezirks. Die Rede ist von: Katja Krüger-Schöller, die seit drei Jahren in Rudolfsheim-Fünfhaus arbeitet und dort ihren Laden Metaware betreibt, und Maximillian Zirkowitsch, der seit vier Jahren in RH5H wohnt und zuletzt beim Wienwahlkampf als #bezirkowitsch Internetfurore machte.

Wir wollten anlässlich des Reindorfgassenfestes von den beiden Locals wissen, wie das Leben und Arbeiten Richtung Äußere Mariahilferstraße so ist, was sie daran lieben und was weniger. Außerdem hat uns Maximillian einige seiner fotografischen Eindrücke jenseits des Gürtels zur Verfügung gestellt, die im September in Buchform unter dem Titel „Ach, Wien! Eine Hommage an das Zufällige in der Stadt“ im Holzbaum Verlag erscheinen werden.

Noch eine letzte Erklärung zum RH5H-Fragebogen: Als absolute Rudolfscrime-Neulinge haben wir die beiden zu den Kategorien Allgemeines, Kreatives/Kulturelles/ Kulinarisches und Skurriles ausgefragt.

ALLGEMEINES zu RH5H

Heißt es der Rudolfscrime oder das Rudolfscrime? Und wie kam es zur Abkürzung RH5H eigentlich? Habt ihr Hintergrundinformationen für uns?

Katja: Meines Wissens nach hat die langjährige Bewohnerin und Liebhaberin des Bezirks Carla Heher (@postpony) den Begriff ca. 2013 geprägt und über Twitter verbreitet. Rudolfscrime kam ein bisschen später auf, passt aber auch hervorragend. Rudolfscrime entzieht sich jedes Artikels, Rudolfscrime ist Rudolfscrime.

Maximillian: Rudolfscrime braucht keinen Artikel, es steht für sich selbst und ist Beweis für den liebevollen Umgang, den die Völker von Rudolfsheim, Fünfhaus, Sechshaus, Braunhirschen, Rustendorf, Reindorf, Neunfünfhaus, … (er redet und redet) gefunden haben, auf eine gewisse Hintergrundkriminalität zu reagieren. RH5H (amtliche Schreibweise!) ist der mit Abstand ärmste und jüngste Bezirk, dafür auch der Bezirk mit den geringsten Einkommensunterschieden zwischen Männern und Frauen. Die einen sehen das, die anderen das als Verbrechen. Ich bin stolz, dass die Tautenhayngasse früher die Straße mit den meisten Morden in Wien war. Mittlerweile ist das wahrscheinlich die Hütteldorferstraße.

Welche schöne Anekdote packt ihr aus, wenn ihr jemandem vom 15. Bezirk erzählt, der oder die noch nie da war? Oder welche Schauergeschichte kriegen Leute zu hören, bei denen ihr wollt, dass das so bleibt?

Maximilian: Beide bekommen die gleichen Geschichten. Entweder man mags oder man ist ein Opfa. Ich hatte innerhalb weniger Tage und lange vor dem Wahlkampf meine RH5H Erweckungserlebnisse. Zuerst hat mich mein Bäcker in Zivil auf der Straße erkannt und gegrüßt. Als Zuagrasta macht einen das stolz. Jetzt gehört man dazu und ist Teil des Grätzls. Zwei Tage später hat mich einer der Mitarbeiter vom McDonald’s in Zivil auf der Straße erkannt und gegrüßt. Das ist hart. Als Kind ist jeder Besuch beim Mäci ein Erfolg, als Erwachsener ist jeder Besuch eine Niederlage.

Katja: Seit der Straßenstrich auf der Äußeren Mariahilferstraße nicht mehr aktiv ist, kann man leider niemanden mehr so leicht schocken. Schießereien und Messerstechereien passieren auch woanders, es ist tatsächlich eher fad bei uns in der Gegend was Schockmeldungen betrifft. Am schlimmsten find ich im Sommer, wenn das Gasthaus Quell zwei Wochen Sommerpause macht, da bekomme ich das Grauen. Wenn ich jemanden ein bisschen gruseln möchte, dann erzähl ich eine erfundene Geschichte über die Namensgebung und Hintergrundgeschichte der Pizzeria Mafiosi – aber eben leider erfunden.

Wie oft seid ihr in der Lugner City?

Maximilian: Immer nur, wenn ich ins Weidinger geh. Oder wenn’s was zu sehen gibt (Wrestling, Lugner, Sargnagel).

Katja: So oft es geht! Ich geh dort einfach gern ins Kino, kaufe dann „Nachobruch“ (kaputte Nachos, die einfach nicht so toll aussehen) um einen Euro und gucke mir danach noch den Hello Kitty Store an. Mein Budget ist meistens begrenzt und ich probier mein Glück an den Automaten unten im Foyer. Da hab ich bisher noch die meiste Zeit ein Stofftier ergattert.

KREATIVES und KULTURELLES in RH5H

Gerade die Reindorfgasse gilt als Kreativgrätzel des 15. Bezirkes. Katja, du kuratierst dieses Jahr das Reindorfgassenfest. Was ist den OrganisatorInnen philosophiemäßig beim Strassenfest wichtig?

Katja: Das Reindorfgassenfest ist in erster Linie für alle Leute aus dem Grätzel ein Fest. Mit dem Kirchplatz in der Mitte der Reindorfgasse ist das ganze Jahr über tatsächlich großes Dorffeeling angesagt. Trotzdem freuen wir uns natürlich darüber, dass auch andere Leute sich an dem Fest erfreuen und es von Jahr zu Jahr größer wird. Wichtig ist uns auch, dass sich jede und jeder an der Organisation beteiligen kann und soll. Die Mischung macht es zu einer spannenden Fest: heuer gibt es wieder genug Bands und MusikerInnen aus dem 15. Bezirk – teilweise wohnen sie nur eine Gasse weiter – und bekanntere Acts, z. B. der Nino aus Wien.

Maximilian, du bist selbst auch Teil des Programmes. Was darf man sich von deinem Slot erwarten?

Maximilian: Mir kommt die ehrenvolle Aufgabe zu, das Fest und die Bühne Nord zu eröffnen. Ich werde das tun und danach Geschichten vorlesen und erwählen. Ich rechne mit sehr jungem Publikum, weil nach mir der Kasperl auftritt. Vielleicht sag ich ein ordinäres Gedicht auf.

Was ist euer Eindruck, seitdem ihr hier arbeitet bzw. wohnt – wie hat sich RH5H gewandelt? Was sagt ihr zu den kulturellen Angeboten im Bezirk?

Maximilian: Konsumation oder echte Kultur? Der Bezirk erlebt einen starken Zuzug aus den Bezirken VI und VII. Die Bobos haben die Mieten so hoch getrieben, dass sie es sich nicht mehr leisten können, dort zu wohnen und weichen jetzt zu uns aus. Wir sind aber gastfreundlich. Bloß wollen die Bobos ihre Kinder weiter innerstädtisch beschulen lassen und gehen auch lieber in Tschocherl und Bars innerhalb des Gürtels. Das ist schade. Mit diesen Integrationsverweigerern werden wir noch Probleme haben. Abgesehen davon gibt es ein paar Bühnen und regelmäßig Ausstellungen. Ich warte noch darauf, dass mir jemand ein Theater schenkt.

Katja: Was mir sehr gut an der Gegend gefällt, ist dass man sich hier ausprobieren kann. Zwar gibt es auch genügend alteingesessene kulturelle Institutionen, sagen wir mal das fotoK – und andererseits gibt es immer wieder neue spannende Angebote wie das irrlicht (letztes Jahr geschlossen) und das improper walls (seit 2 Jahren in der Gasse). Manchmal halten sich hier die Sachen nicht, manchmal schon. Es hat aber vor allem den „Start-Up“-Spirit, den ich im 6. oder 7. Bezirk weniger habe – da braucht man viel Kapital um etwas anzufangen und aufzubauen. Hier im 15. kommen die Leute meist nur mit einer guten Idee her und probieren sich aus. Deswegen ist fast jedes Monat irgendwo ein neues Lokal oder ein neuer Off-Space zu entdecken.

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