Die LGBT-Partylandschaft in Wien hat mittlerweile so viele Namen, dass es nicht mehr so leicht fällt, den Überblick zu behalten. Wir haben die Clubs und Veranstalter selbst gefragt, was einen bei ihren Partys erwartet.
„Es wird auf hohem Niveau gesudert, aber im Endeffekt gibt es jedes Wochenende gute Partys.“ – so viel sei an Zitaten aus unserer Umfrage unter Wiener LGBT-Partyveranstaltern schon mal vorweggenommen. Zugegeben, das Sling-Publikum und die Leute, die bei Sisters feiern, liegen wahrscheinlich so weit auseinander, wie die Meinungen zum Thema Pet Shop Boys in dieser Umfrage. Doch genau diese große Bandbreite bei den gay und queer Party-People wollten wir auch abdecken. Dann erfährt man nämlich auch etwas über Underground-Partys mit Eintrittskarte und das Sauber Machen in den eigenen Darkrooms.
Malefiz (© Gregor Hofbauer)
Euer Publikum in drei Worten? gemischt, aufgeschlossen, tanzwütig Was ist das Besondere an gerade eurem Konzept? Malefiz ist vorrangig eine Pop-Party. Tanzen zu Musik unterschiedlicher Bekanntheitsgrade steht im Vordergrund. Wir haben kaum Gast-DJs oder Live-Acts. J’aime Julien, Hertzbube & Dornrose legen die ganze Nacht selbst auf. Dabei versuchen wir eine Stimmungskurve zu schaffen, die sich schön über den Abend erstreckt und auf das Publikum eingeht. Wie lange gibt es euch schon und was hat sich seitdem in der Szene verändert? Malefiz gibt es bald 7 Jahre. Es gibt definitiv mehr Partys in Wien als vor 7 Jahren noch, und auch mehr Vielfalt. Seid ihr zufrieden mit der LGBT-Partylandschaft in Wien oder ginge da noch mehr? Malefiz ist einer Reaktion auf die oft penetrante musikalische Engstirnigkeit von Veranstaltern und DJs. Eingängige, tanzbare Popmusik ist nicht gleich ”Trash“. Gleichzeitig ist nicht jede ”Trash-Party“ eine gute Pop-Party. Das begreifen die wenigsten. Aber scheinbar spüren und schätzen es die Leute, die zu unseren Partys kommen. Gay-Partys werden oft mit dem klischeehaften Pet Shop Boys Sound assoziiert. Was wird auf euren Partys wirklich aufgelegt? Bei ”Gay“-Partys läuft in Wien am ehesten entweder elektronische Musik (House oder Techno) oder es ist eine reine Mainstream-Pop-Party. Bei unseren Partys läuft gut produziertes, das auch schnell ins Ohr geht. Von eher elektronischem Indie, über RnB & Hip Hop bis zum aktuellen Charthit. Tanzbar soll es sein und Spaß soll es machen. Sind eure Veranstaltungen streng auf LGBT ausgerichtet oder auch offen für Heteros? Warum nicht, bzw. warum schon? Welche Gäste wünscht ihr euch? Dass unser Publikum bei Malefiz einen großen „queer“-Anteil hat, ist ganz von selbst entstanden. Das kommentieren wir gar nicht und schreiben es auch nicht auf unsere Fahnen. Wir haben den Eindruck, dass sich Party-People am wohlsten fühlen und am ehesten auf die Musik und das Feiern konzentrieren können, wenn Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen, Identitäten und Orientierungen vertreten sind. So kann man seine Individualität offen nach außen tragen und fühlt sich nicht wie ein Außenseiter, ausgeschlossen von einer großen einheitlichen Masse.
Ken Club (© Frederick Nilsson)
Euer Publikum in drei Worten? Unkompliziert, offen und bunt gemischt. Was ist das Besondere an gerade euerem Konzept? Unser Musikmix ist frei von Eitelkeiten. Pop, Alternative, House: Hauptsache es macht Spaß. Wir holen auch regelmäßig DJs aus dem Ausland, insbesondere Drag Artists aus Berlin. Ich glaube nirgendwo in Wien haben mehr Drag Queens aufgelegt als bei Ken. Ken ist bunt, freundlich und nicht ganz so Hardcore wie andere Veranstaltungen. Deshalb ist die Party für viele BesucherInnen auch ein erster Schritt in die LGBT-Szene. Wie lange gibt es euch schon und was hat sich seitdem in der Szene verändert? Ken Club gibt es inzwischen seit fast 4 Jahren. Vor über 10 Jahren haben wir noch unter anderem Namen unseren poppigen Sound in die Szene gebracht. Davor war alles sehr House-lastig. Heute zieht der Ken-Sound wohl mehr Leute an als alles andere. Seid ihr zufrieden mit der LGBT-Partylandschaft in Wien oder ginge da noch mehr? Unsere Motivation war es von Anfang an, die Partylandschaft in Wien vielfältiger zu machen. Das hat auch super funktioniert. Es geht natürlich immer noch mehr, aber im Vergleich zu früher hat Wien inzwischen schon richtig viel zu bieten. Gay-Partys werden oft mit dem klischeehaften Pet Shop Boys Sound assoziiert. Was wird auf euren Partys wirklich aufgelegt? Ich kann mich gar nicht erinnern, wann es auf irgendeiner Gay-Party zum letzten Mal Pet Shop Boys gespielt hat. - Nicht dass daran was auszusetzen wäre... Der Großteil unseres Musikmixes besteht wohl aus Remixes bekannter Popsongs, gemischt mit gefälligem Alternative-Sound, RnB, House. Dazwischen kommen auch spezielle Songs von Queer-Artists wie RuPaul oder Cazwell vor. Sind eure Veranstaltungen streng auf LGBT ausgerichtet oder auch offen für Heteros? Warum nicht, bzw. warum schon? Welche Gäste wünscht ihr euch? Es ist schon wichtig dass unsere Gäste wissen, dass sie eine LGBT-Party besuchen. Unsere Türsteher weisen darauf auch hin. Selbstverständlich sind bei uns alle willkommen und viele Heteros lieben die freundliche Atmosphäre bei uns. Wir könnten uns keine besseren Gäste wünschen.
Meat Market (© Meat Market)
Euer Publikum in drei Worten? Schwarz, begabt, involviert Was ist das Besondere an gerade euerem Konzept? Dass es auf der ganzen Welt einzigartig ist. Alle anderen Partys in Wien gibt es unter einem anderen Namen in fast jeder mittleren bis großen Stadt. Zugegeben, wir orientieren uns musikalisch stark am Großen Klub mit B in Berlin. Aber in keiner anderen Stadt der Welt gibt es eine Einzelveranstaltung, die über so eine lange Zeit qualitätsvolle Musik mit schwulem Lebensstil unter eine Haube bringt. Wir buchen international bekannte KünstlerInnen und keine ”Freunderl“. Und mittlerweile fühlen sich bei uns viele Heteros wohl, die einen beachtlichen Teil des Publikums ausmachen. Die stört auch unser Darkroom nicht im geringsten. Es gibt schon in manchen Städten Nachahmer. Wir informieren uns da so gut es geht. Bis jetzt haben wir aber nur Schrott wahrgenommen. Wir sehen diese peinlichen Versuche als Lob. Und bleiben unerreicht. Wie lange gibt es euch schon und was hat sich seitdem in der Szene verändert? Meat Market gibt es seit mehr als sieben Jahren. Es hat sich irre viel verändert. Die Szene ist viel bunter und vielfältiger. Es ist für jeden Geschmack etwas dabei. Seid ihr zufrieden mit der LGBT-Partylandschaft in Wien oder ginge da noch mehr? Es gibt ausreichend Partys und Konzepte. Man kann jedes Wochenende ein bis zwei Mal fortgehen. Die Partys selber könnten noch größer werden. Wenn die aller aller größte Party im Schnitt 1000 Leute zieht, dann ist das für so eine große Stadt sehr wenig. Was Vielfalt und Anzahl der Events betrifft, ist der Bedarf bestimmt gedeckt. Gay-Partys werden oft mit dem klischeehaften Pet Shop Boys Sound assoziiert. Was wird auf euren Partys wirklich aufgelegt? Also, ich bin wirklich viel unterwegs. Und nicht nur in Wien. Ich weiß nicht wann ich das letzte mal „Pet Shop Boys Sound“ auf einer schwulen Party gehört habe. 1999 wahrscheinlich. Momentan gibt es im Grunde zwei „Archetypen“ von Gay Partys. Die eine Schiene setzt auf mainstreamigen Cay Circuit House mit vielen Remixes und Vocals. Da reicht der Sound von peinlichem Tech House bis zu schlechtem EDM ist aber insgesamt immer schrottig. Die zweite Schiene reicht von Pop bis Trash. Rihanna, Britney und Beyonce all night. Dazwischen ein Bisschen Barbie Girl. In manchen Städten gibt es vereinzelt Indie Rock oder Schlager Formate. Bei uns läuft bei allen Events (Mutter, Fish Market, Meat Market, F*cken Plus) educated, pumping und durchaus auch harter aber immer intelligenter Techno. Bei manchem Partys mischen wir es mit intelligentem House. Bei den meisten Festen (Fish Market und Meat Market, manchmal auch bei F*cken Plus) haben wir internationale Gäste, die uns eine verdammte Menge Geld kosten. Das schätzen die Heads. Bei F*cken Plus im Werk ist der zweite Floor ein Pop Floor. Dazu stehen wir. Wir möchte Menschen die Chance geben unseren Sound am ersten Floor kennenzulernen. Wir haben uns immer unser eigenes Publikum gemacht, anstatt bei anderen zu fischen. Sind eure Veranstaltungen streng auf LGBT ausgerichtet oder auch offen für Heteros? Warum nicht, bzw. warum schon? Welche Gäste wünscht ihr euch? Bei unseren Partys gilt: NOT EVERYBODY WELCOME. Alle Events der MEAT MARKET Familie stehen in einer antifaschistischen, antirassistischen, antisexistischen, antihomophoben und gender-freien Tradition. Wer damit ein Problem hat ist für alle Zeit ausgeladen. Wir wollen auch keine Leute, die ausschließlich „zum Spaß“ kommen. Clubkultur ist Kultur. Wir wollen Gäste, die sich auf die Musik einlassen können, die sich total in ihr verlieren können, die die Musik und nicht sich selbst in den Mittelpunkt stellen. Wenn bei uns jemand im Takt „Uh Uh!“ skandiert, muss sie oder er damit rechnen eine Rüge zu bekommen. Unsere Veranstaltungen sind kein Bierzelt-Thema. Dafür gibts jede Menge andere Events. Hier und am Ballermann. Ob jemand hetero, bi oder schwul (oder etwas dazwischen) ist, ist uns herzlich egal.
OMG Society (© OMG Society)
Euer Publikum in drei Worten? Mutig, unkonventionell, unangepasst. Das Motto von OMG ist einfach: Vienna’s hottest Gay Club! Einmal pro Monat versammelt sich die Society mit den drei Buchstaben im legendären Chaya Fuera. Dabei wird OMG völlig ohne Flyer und Plakate sondern rein über Mundpropaganda sowie Social-Media beworben. Begonnen hat alles vor fünf Jahren im legendären Klub Kinsky – damals der Inbegriff für coole Partys im Herzen von Wien. Entstanden ist die OMG-Idee ursprünglich bei Veranstaltungen in den großen Party-Metropolen wie Berlin, London und Paris. Damals haben wir uns gesagt: „Was die können, können wir auch!“ Veranstaltet wird OMG übrigens vom Team X. Die Namen und genaue Zusammensetzung des Teams behalten wir für uns. Für uns steht zu 100% die Party im Mittelpunkt! Was ist das Besondere an gerade eurem Konzept? Bei uns steht das „Community-Feeling“ im Mittelpunkt der Inszenierung. Unsere Botschaft ist klar: Das Leben ist eine Party! OMG wurde von Anfang an als Premium Marke positioniert. Ohne Regeln und Konventionen, unangepasst und aus der Reihe tanzend. Dabei war uns wichtig, alle Sub-Segmente der Szene zu vereinen. Um die Community aufzubauen haben wir zu Beginn eine für Wien außergewöhnliche Einlasspolitik etabliert: Nur mit einer speziellen Plastik-Karte, der sogenannten „Invitation Card“, bekam man Zutritt zu den ersten Events. So etwas hatte es davor in Wien noch nicht gegeben. Das Ergebnis: Die Leute kamen in Scharen! Außerdem haben wir stark auf Innovationen gesetzt, und zwar in sämtlichen Bereichen von der PR über die Musik bis hin zu den Acts. Was bei OMG zu sehen und zu hören ist darf auf keiner anderen Party zum Inventar gehören. Wie lange gibt es euch schon und was hat sich seitdem in der Szene verändert? Uns gibt es seit über fünf Jahren, und seitdem ist jede Party mit rund 1.000 Leuten knackvoll. In den letzten Jahren ist die Szene selbstbewusster und offener geworden. Was vor 10 Jahren noch in Keller-Locations „im Geheimen“ ablief, rockt mittlerweile die besten Clubs der Stadt. Gay ist trendy, und auch Hetero Gäste identifizieren sich mittlerweile mit der OMG-Community. Rund 30% unserer Gäste sind hetero. Seid ihr zufrieden mit der LGBT-Partylandschaft in Wien oder ginge da noch mehr? Mit der LGBT-Partylandschaft sind wir sehr zufrieden, allerdings sind wir noch lange nicht am Ende unserer Pläne und freuen uns auf viele, wilde Party-Nächte. Seid gespannt, was noch alles auf Wien zukommt. Mehr wird noch nicht verraten. Gay-Partys werden oft mit dem klischeehaften Pet Shop Boys Sound assoziiert. Was wird auf euren Partys wirklich aufgelegt? Bei OMG gilt: Premium House Music steht im Mittelpunkt unseres Konzeptes. In den letzten Jahren haben wir einen ganz eigenen „OMG-Sound“ entwickelt. Wir geben unseren DJs viel Freiraum, die richtigen Beats für jeden Abend zu finden. Das richtige Booking spielt dabei natürlich eine zentrale Rolle. Sind eure Veranstaltungen streng auf LGBT ausgerichtet oder auch offen für Heteros? Warum nicht, bzw. warum schon? Welche Gäste wünscht ihr euch? Siehe Frage 3.