Dem Jazz geht es großartig – hören wird man das nicht zuletzt auf der im Herbst erscheinenden Zusammenarbeit zwischen Kompost 3 und Mira Lu Kovacs auf EP-Länge.
»Jazz« als nivellierte Wohlfühlmusik – so wurde die Kunstform als Musikrichtung in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zunehmend von großen, marktbestimmenden Plattenfirmen und Festivals kontraproduktiv ausgehöhlt, um Verkäufe zu generieren. Dass diese Form der Massenproduktion aber kaum ein neues Publikum anziehen kann, war absehbar. Diesem Trend zum Trotz finden sich immer wieder Kollektive – in Österreich oft, aber bei Weitem nicht immer aus der offenen Teilmenge der Jazzwerkstatt Graz und Wien –, junge Musikerinnen und Musiker, die mit Können, einem Sinn für Anarchie und Ironie gegen diese Traditionalismen angehen. Jazzmusikerinnen und Jazzmusiker zeigen sich heute abenteuerlustiger und spielwütiger denn je und die Vernetzung einzelner Szenen funktioniert genre- wie auch generationenübergreifend auf nationaler und internationaler Ebene. Das Publikum wandelt sich mit den Künstlern, man sieht viele neue und junge Gesichter auf Konzerten. Diesem Jazz geht es großartig.
Große Freiheit!
Martin Eberle (Trompete, Flügelhorn), Benny Omerzell (Keyboards, Klavier), Manu Mayr (Kontra- und E-Bass), Lukas König (Schlagzeug) und Mira Lu Kovacs (Gesang), aka Kompost 3 feat. Mira Lu Kovacs, lassen sich innerhalb der Subsumtion »Jazz« stilistisch nicht festnageln. »Das Besondere an der Arbeit für unsere kommende EP – die Aufnahmen sind abgeschlossen und wir feilen an den Mixes – ist, dass wir alles selber machen. Wir nehmen uns viel Platz zum Denken und Ausprobieren«, erzählt Mira Lu Kovacs aus dem Entstehungsprozess. Einflüsse von Neuer Musik, Elektronik oder K-Pop(!) fießen ein, so lange es sich mit dem künstlerischen Anspruch der fünf vereinbaren lässt; Vocoder, Overdubs und Orgel finden Raum. Mira erzählt weiter: »Manu Mayr hat fast zur Gänze die Rolle des Aufnahmeleiters übernommen und macht vieles gleichzeitig; Aufbau, Aufnahmetechnik, Kontrabass und E-bass einspielen, schneiden und mehr. Alles passiert jedoch im gemeinsamen Prozess, bloß das Mastering werden wir aus der Hand geben. Das tage- und nächtelange kollektive Mischen eröffnet viele Möglichkeiten und Perspektiven. Zur Pause gehen wir manchmal in den Bruno Kreisky Park – es hat ein bisschen was von Campen. Große Freiheit!“
Improvisation, Konversation, Modernität
Das junge Publikum war der gefälligen, reproduzierten Stereotype im Jazz lange Zeit überdrüssig. Ebenso sind die Menschen es müde, den Elfenbeinturm einer künstlerischen Elite erklettern zu müssen. Genau hier bietet sich eine Chance für das, was jungen Jazz auszeichnet und ihn nach wie vor für ein großes Publikum attraktiv und unersetzbar wertvoll machen kann. Jazz ist in seinem Wesen immer noch Musik jenseits von Normen, Religionen und Zwängen – Improvisation bleibt eine verbindende globale Sprache von Menschen, verwurzelt in allen Kulturen – und passt wie kaum eine andere Musik in ihrer Vielfalt in die heutige Musikszene. Und, Kompost 3 feat. Mira Lu Kovacs sind einer ihrer Hoffnungsträger.
Am 19. September 2016 präsentieren Kompost 3 feat. Mira Lu Kovacs ihre neue EP im Rahmen von The Art Of Song im Wiener Konzerthaus. Bis dahin besuche man mindestens drei Konzerte junger Jazzmusikerinnen und -musiker.