Alles Gute, RAF

RAF wird heute 30. Er teilt sich ein dunkles Geheimnis mit Christina Stürmer und Hansi Hinterseer (#1 Album in Schland) und hat im Interview auch etwas zur Radioquote und Hipster-Rappern zu sagen. Na, gratuliere.

Was hälst du dann von Mc Fitti?

Ich kenn den, wohn direkt neben dem. Er ist ein sehr witziger Typ, supercool, wir haben am selben Tag releast und er meinte er ist zufrieden, wenn er auf 48 einsteigt. Der hat das als Kunstprojekt angefangen. Als Musiker nehme ich ihn nicht ernst, das ist niemals meine Musik, aber als Kunstfigur, die er spielt.

Fler hat letztens einen witzigen Song veröffentlicht, in dem auch Fitti vorkommt, „Hipster Hass“. Ist das die neue Trennlinie im deutschen Hip Hop?

Ich muss ehrlich sagen, die Old Schooler schieben natürlich ein bisschen Hass auf die Neuen, die kommen. Die machen eigentlich genau das, was wir damals mit den Alten gemacht haben. Damals gab es Blumentopf, das war yo yo yo und Freestyle. Dann kam die Aggro-Welle, die meinten: ihr seid Schwuchteln, fickt euch alle, Schwanz in den Arsch. Und jetzt kommen plötzlich die Hipster, die genau das Gegenteil machen: wir sind so freundliche Typen, sind alle dünn. Da denken sich die Alten, scheiße, ist unsere Zeit gekommen? Die Gangster-Rapper legen sich natürlich mit denen an. Die sind darauf trainiert, andere zu dissen und fertig zu machen. Ich bin da genau dazwischen, hab genug Straßen Kredibilität. Meine Hörer sind aber andere.

Du und Nazar, ihr geht euch immer noch aus dem Weg?

Ja, das ist eine persönliche Sache, die nichts mit Musik zu tun hat. Ich will darüber nicht reden, sonst gibt es Schlammschlachten. Jeder macht sein Ding.

Auch wenn Leute immer wieder sagen, wann gibt es endlich euer „Artkore 2“?

Natürlich, das kommt ständig. Das sind ein bisschen die Scheidungskinder. Aber irgendwann muss man das akzeptieren.

Andere Kollabos geplant? Kamp?

Kamp feiere ich extrem. Aber ich will mich jetzt auf mein eigenes Zeug konzentrieren. Das Album mit Chakuza und Joshi Mizu war ein Befreiungsschlag. Du musst dir denken, Chakuza war unter Bushidos Fittichen und wurde zum Gangster-Rap gezählt. Ich kam aus dem gleichen Camp. Dann hat er „Magnolia“ gemacht, ein ruhiges, musikalisch wertvolles, tolles Album. Ich hab „Hoch 2“ veröffentlicht, das sehr melodisch war und nichts mehr mit Straßenrap zu tun hatte. Wir waren danach für viele ganz anders positioniert. Und plötzlich hauen wir ein Battle-Rap-Album raus. Musik wird gemacht, weil es ein Gefühl ist, weil man ein Verlangen danach hat. Andere laden sich plötzlich die Philharmoniker ein, machen immer krassere Sachen oder verkopfen sich zu sehr. Wir wollten das nicht, wir wollten auf die Kacke hauen.

Ist Kanye West da eigentlich die goldene Mitte?

Für jeden Künstler wäre das eine Ehre sich mit ihm zu vergleichen. Ich mache das, was ich mache, weil ich mit Rock, Grunge und sogar Black Metal angefangen habe. Ich war immer hart und düster. Dann kam Cypress Hill, dann französischer Rap, später der Hardcore-Dancehall-Ragga aus Jamaika. Fand ich geil, aber ich bin nicht schwarz und kein Jamaikaner, ich kann von diesen Sachen nicht reden, das ist lächerlich. Ich hab Klavier mit 6, Geige mit 4 und Gitarre mit 10 angefangen und irgendwann willst du was daraus mache, mir gefällt so viel, warum sollte ich mich auf eine Sache fixieren? Das ist zwar viel schwieriger – denn das Ikea-Prinzip funktioniert am besten, ein Ding, so wie es ist – aber für die Seele muss man Kunst machen. Für Kanye hätte das auch voll nach hinten gehen können. Bei mir genau so. Deshalb Danke an die Fans.

Hast du eigentlich eine Meinung zur Quote?

Wichtig. Megawichtig. Quote für deutschsprachige Musik. Ein großer Anteil.

Staatliche und private Sender?

Alles. Weil das wichtig ist. Es kann nicht sein, dass sich Leute mehr mit ihren US-amerikanischen Idolen identifizieren. In Frankreich ist das super, die haben ihren eigenen Hip Hop-Sound geprägt, die haben ihre eigenen Chansons, die haben wunderbare Künstler und in jeder Musiksparte ihre französischen Acts – das ist super. In Österreich und Deutschland ist das anders.

Gibt es eine Geschichte dazu, warum ihr euch für „Zodiak“ diese Tiere – du der Rabe, Chak der Wolf, Joshi der Affe – zugeordnet habt?

Bei den anderen war das relativ spontan. Ich bin in der französischen Schweiz geboren, in Montreux, mit einem Mikroklima fast wie in Südfrankreich, am See mit Feigenbäumen und Palmen. Mein Opa war Weinbauer aus Italien, wir hatten in einem Schloss, Château du Châterlard, ein kleines Appartement. Der Hof in diesem Schloss war voller Raben, ich war schon als Baby immer bei Raben, meine ersten Worte waren Krähengeräusche, sogar meine Familie hat man so genannt, weil ich die nachgemacht habe. Ich trage sehr viel schwarz, deshalb passt das.

Wann bist du nach Wien gekommen? Und wie ist es mittlerweile hier?

Mit 6 Jahren. Jetzt bin ich in Berlin, bin schon 7 Jahre dort und habe mir dort eine Eigentumswohnung gekauft. Am Tag der Amadeus Awards bin ich auf der Mariahilferstraße spazieren gegangen, die Stadt war nicht mehr meine, es war wie ein Bilderbuch, in dem alle meine Erinnerungen und meine Vergangenheit drin sind. Das ist ein sehr komisches Gefühl. Es ist nicht mehr mein jetziges Ich. Mein Zuhause ist Berlin, meine Heimat weiß ich nicht, ich bin ein wenig heimatlos. Wien ist aber größte Teil meines Lebens – und bis jetzt auch noch der wichtigste.

Raphael Ragucci aka RAF 3.0 aka RAF Camora ist am 4. Juni 30 Jahre geworden. Er war 2013 mit Hansi Hinterseer der erste österreichische Künstler, der seit 2006 die deutschen Albumcharts angeführt hat. Aktuelles Album: "Zodiak", das er mit zwei weiteren Austro-Berlinern, Chakuza und Joshi Mizu aufgenommen hat.

Bild(er) © Manuel J. Karp, Youtube, Youtube, Shitty iPhone Bild von Stefan Niederwieser
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