Auf internationalen Musikblogs ist Mavi Phoenix mit ihren Songs »Quiet« und »Love Longtime« längst bekannt und auch in Österreich wird sie immer mehr als nächste große Hoffnungsträgerin gehandelt. Wir haben mit ihr über ihre Anfänge in Linz und ihre neue, gleich zweimal produzierte EP gesprochen.
Von Prophezeiungen im Allgemeinen hält Mavi nicht viel. Oder zumindest nicht mehr oder weniger als jeder andere auch. Warum die zweite EP der Linzer Musikerin »Young Prophet« heißt, hat andere Gründe. »Ich habe ursprünglich ein Lied mit dem Titel für die neue EP aufgenommen«, erzählt Mavi Phoenix, die mit bürgerlichem Namen Marlene Nader heißt. Der Song sei ihr dann aber schlussendlich zu Old-School-Hiphop gewesen. »Young Prophet ist für mich ein starker persönlicher Begriff«, fährt Mavi fort, während ein paar Sonnenstrahlen durch das Caféfenster fallen und ihr hellblaues Poloshirt zum Leuchten bringen, »ich glaube, für mein Umfeld und für mich selbst bin ich jetzt soweit gekommen, dass ich diesen Status erreicht habe.«
Rise of the Underground-Blog-Queen
Warum Mavi? Warum Phoenix? »Mavi hätte mein Bruder heißen sollen, wenn er ein Mädchen geworden wäre.« Außerdem gefalle ihr, dass die Anfangsbuchstaben von Marlene auch in Mavi stecken. Und Phoenix sei einfach ein großer Nachname. Einer, der auch verhängnisvoll werden könnte, wenn die Karriere doch nicht so aufgehe. »Da tut man sich dann mit einem Namen wie Princess Nokia natürlich leichter«, sagt die junge Künstlerin, der durchaus bewusst ist, das gerade viele Augen auf sie gerichtet sind und nimmt einen Schluck vom Soda-Himbeer. Aber sie hat ja noch Zeit. »Mavi Phoenix ist die beste Version von mir selbst, die ich irgendwann einmal werden will.«
Die Transformation ist bereits in vollem Gange. Seit dem Release von »Quiet« wird sie auf internationalen Musikblogs als »Lo-Fi-Pop-Heroine« gefeiert und mit großen Namen wie M.I.A. verglichen. Hierzulande hatte man sie schon ein wenig früher am Radar – im Jahr 2015 nämlich, als sie den Song »Green Queen« veröffentlichte, der schon damals eine ganz eigenständige Handschrift vorausblicken ließ. Für Mavi war dies rückblickend der beste Track auf ihrer ersten EP »My Fault«. Im Jahr darauf trat sie auf der Popfest-Bühne auf, was ihr außerdem ein Falter-Cover bescherte. Es folgten weitere Gigs, zum Beispiel am Showcase-Festival Waves Vienna – oder jüngst ein Auftritt am Soundframe Festival. »Beim Soundframe hat es mich richtig überrascht, als das Publikum plötzlich den Text zu ‚Quiet’ mitgesungen hat.«
Mit Support aus Österreich hat sie nie so wirklich gerechnet. »Gerade bei ‚Quiet‘ dachte ich, das klingt zu arg«, sagt die mittlerweile 21-Jährige. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein – der Autotune-affine Sound, der sich bei ihr im letzten Jahr entwickelte, brachte ihr erst vor Kurzem zwei Nominierungen für den diesjährigen Amadeus Award.
Phoenix gegen den Rest der Welt
Bevor Mavi antwortet, nimmt sie sich ein wenig Zeit. Nicht aus Unsicherheit, sie weiß beeindruckend genau, was sie sagen will. Auch Kalkül steckt wohl nicht dahinter, ihr dürfte es nicht ansatzweise wichtig sein, cool rüberzukommen. Es scheint ihr vielmehr um etwas Größeres bei ihren Antworten zu gehen. Ganz so, als ob sie jedes Mal ihre ganz persönliche Wahrheit zum Thema einfangen wolle. Es wirkt sympathisch. Zum Beispiel, wenn man sie nach ihrem Bezug zur Linzer HipHop-Szene fragt und sie nach kurzem Innehalten folgende Antwort liefert: »Das Wichtigste, was man über mich wissen muss, ist eigentlich, dass ich zu hunderttausend Prozent immer in meiner eigenen Welt war.«
Durch dieses Leben im eigenen Phoenix-Universum stellte Mavi erst vor einem Jahr fest, wie bekannt ihre Heimatstadt für HipHop eigentlich ist. »Als ich mit der Musik angefangen habe, habe ich mich nur an Amerika und der ganzen Popkultur dort im Fernsehen und im Internet orientiert«, erklärt die Künstlerin. Zum Beispiel an MTV oder Miley Cyrus. Um Auftritte in Österreich habe sie sich daher nicht gekümmert, eher darum, online viel präsent zu sein. Dass die jetzige Zeit für österreichische Acts von Nachfrage und Hype geprägt ist, deckt sich auch mit Mavis Beobachtung zur Lage der Musiknation. Man merke, dass die Medien derzeit österreichischen Musikern wieder positiver gegenüberstehen. Mit der allgemeinen Vermutung, dass sich jetzt die Nächsten nach den Vorreitern Wanda und Bilderbuch auch wieder mehr trauen würden, kann sie nichts anfangen. »Egal, was mit den Acts gerade passiert, die jetzt groß werden, ich hätte trotzdem meinen Weg gemacht.« Immerhin geht sie den ja auch schon seit bald über zehn Jahren.
Nur, dass dieser – gerade – auch durch Österreich führen könnte, hätte sie eben nicht gedacht. Das betont Mavi immer wieder. »Ich habe geglaubt, dass ich erst einmal international anfangen werde. Ich dachte lange, dass sich hier keiner für das, was ich mache, interessiert und dass ich lieber nach London geh’ und so einen Scheiß.« Damals sei sie der hiesigen Szene gegenüber fast trotzig eingestellt gewesen, schaut die Musikerin belustigt zurück. Heute will sie definitiv ein Teil der österreichischen Musikszene sein. Expandieren dennoch erwünscht.